Welche Grundsteuern müssen die Westerburger im kommenden Jahr zahlen? Mit dieser Frage hat sich der Stadtrat ausführlich beschäftigt. Hintergrund dafür ist die Grundsteuerreform, wie Stadtbürgermeister Janick Pape darlegte. Aufgabe ist es, einen individuellen Prozentsatz zu bestimmen, mit dem die Grundsteuerwerte multipliziert werden. Dabei soll die Grundsteuerreform aufkommensneutral ausgestaltet sein, es sollen also nicht wesentlich mehr oder wesentlich weniger Grundsteuern erzielt werden.
Wie in der Sitzungsvorlage erläutert wird, sei bekannt, dass es im Rahmen der Grundsteuerreform zu Belastungsverschiebungen komme. So würden Wohngrundstücke grundsätzlich mehr belastet und Geschäftsgrundstücke im Gegenzug deutlich entlastet. Die verhältnismäßig hohe Zahl von Geschäftsgrundstücken führt im Fall der Stadt Westerburg zu einem erheblichen Rückgang des Messbetrages für die Grundsteuer B. Bei gleichbleibendem Hebesatz von 550 von Hundert würde das für die Stadt Westerburg eine Aufkommensminderung von mindestens 400.000 Euro bedeuten.

Nun stand der Stadtrat vor der schwierigen Aufgabe, einen Weg zu finden, bei welchem die Einwohner durch die Grundsteuer nicht über Maßen belastet werden, andererseits zwingt die Finanzsituation die Stadt dazu, alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Hier eine Lösung zu finden, darum wurde gerungen. Schließlich einigte sich das Gremium darauf, die Grundsteuer B auf einen Hebesatz von 650 von Hundert anzuheben. Zudem wird die Verwaltung dringend gebeten, die Möglichkeit zu prüfen, ob eine Grundsteuer C für den nächsten Haushalt erhoben werden kann. Diesen Vorschlag hatte Werner Wengenroth (SPD) eingebracht.
Die Grundsteuer C gab es schon einmal in Deutschland: als sogenannte Baulandsteuer. Sie war 1960 eingeführt worden, wurde aber nach kurzer Zeit wieder abgeschafft. Jetzt gibt es erneut die Möglichkeit, sie einzuführen. Die jeweilige Kommune hat damit die Möglichkeit, die neue Grundsteuer C für unbebaute, baureife Grundstücke zu erheben.
„Junge Leute, die gerade gebaut haben, werden gebeutelt.“
Daniel Kraft (CDU) zu der Auswirkung der Grundsteuerreform
Einig war sich der Stadtrat fraktionsübergreifend darin, dass eine Erhöhung der Grundsteuer B unumgänglich sei. Daniel Kraft erklärte für die CDU: „Junge Leute, die gerade gebaut haben, werden gebeutelt“. Dennoch sei angesichts der wegfallenden Steuereinnahmen eine Erhöhung unumgänglich. „Wir müssen leider vorschlagen, den Grundsteuerhebesatz auf 700 Prozentpunkte zu erhöhen.“
Es sei gegenüber jungen Familien, die gebaut haben, „nicht fair, was hier passiert“, kritisierte auch Markus Kachler (SPD) die Auswirkungen der Grundsteuerreform. Er brachte den Vorschlag ein, bei der Anhebung auf 650 Prozentpunkte zu gehen. Zudem bat er darum, dem Kreis und der Verbandsgemeinde (VG) die Lage der Stadt darzulegen, damit diese auf 2,5 Prozent der Umlage verzichten würden. Positive Resonanz fand der Vorschlag, sich zwischen Neujahr und März an einem Tag ganz in Ruhe zusammenzusetzen, um den neuen Haushaltsentwurf genauestens unter die Lupe zu nehmen und zu prüfen, wo der Rotstift angesetzt werden könne.
„Ins Blaue hinein zu erhöhen, finde ich schwierig.“
Annette Schütz (WuB) bei der Diskussion um die Anhebung der Hebesätze
Der Vorschlag, Kreis und VG zu bitten, die Umlagen zu reduzieren, sei unrealistisch, meinte Heiner Gertz (FWG). Eine Erhöhung auf 650 Prozentpunkte werde nicht ausreichen. „Ein höherer Hebesatz ist zielführender, auch wenn es wehtut.“ Ob es nicht möglich sei, die Anhebung im Rahmen der Haushaltsberatung zu beschließen, fragte Philipp Ferger (FDP), regte somit an, über den Zeitpunkt nachzudenken. Wichtig sei eine saubere Kommunikation gegenüber den Bürgern, dass jetzt eine Erhöhung nötig sei und in welchen Schritten sie erfolgen werde. Das sah Annette Schütz (WuB) ebenso und erklärte angesichts der noch fehlenden genauen Zahlen: „Ins Blaue hinein zu erhöhen, finde ich schwierig“. Den Hebesatz jetzt zu belassen, davor warnte Daniel Kraft, die Bemessungsgrundlage habe sich geändert.
„Ich bin dafür, das auf breite Schultern zu stellen und auch die anderen Steuern zu erhöhen“, signalisierte Ine Schmale (Bündnis 90/Die Grünen). Die Bürger müssten sich auf die Erhöhung einstellen können, meinte sie zu dem Zeitpunkt. Und zur Höhe schlug sie vor, bei 700 zu beginnen.
Rheinland-Pfalz habe sich leider in der Grundsteuerreform für das Bundesmodell entschieden, das Nachteile für die Bürger und Vorteile für die Gewerbetreibenden bringe, kritisierte Edith Kachler (SPD). Das könne nicht so bleiben, hier sei der Städte- und Gemeindebund gefragt. „Die Grundsteuer trifft nicht die Vermögenden, sondern die Nichtvermögenden“, pflichtete Werner Wengenroth (SPD) ihr bei und verwies auf die Möglichkeit einer Grundsteuer C.
Nach einer Beratungspause fasste dann der Stadtrat den Beschluss, alle Hebesätze zu belassen – bis auf die Grundsteuer B, wo man auf 650 Prozentpunkte gehen solle. Allerdings steht die Frage, ob diese Erhöhung reicht, bei der Debatte zum Haushalt 2024 erneut an.
Grundsteuern A und B
Die Grundsteuer wird auf den Grundbesitz erhoben. Sie ist von den Eigentümern von bebauten und unbebauten Grundstücken zu zahlen. Neben reinen Wohngrundstücken unterliegen auch gewerblich (mit-)genutzte Grundstücke und Flächen in der Land- und Forstwirtschaft der Grundsteuer. Der Buchstabe A steht bei der Bezeichnung der Grundsteuer für agrarisch genutzten Boden, der Buchstabe B bedeutet, dass es sich um baulich genutzten Boden handelt. bau