Neue Technik sorgt für genaueres Abbild des EVM-Leitungsnetzes - Initiator betont: Aufnahmen sind datenschutzkonform
„Spione“ im Westerwald? Warum Kameraautos unsere Straßen abfotografieren
Mit solchen und marktüblichen Kleinwagen des niederländischen Unternehmens Cyclomedia wurden in der Region die Straßen abgefahren. Kameras auf den Autodächern haben das Filmen und Vermessen übernommen.
Achim Richarz/Cyclomedia/EVM/Scr

Westerwald. Der eine oder andere dürfte sie in den vergangenen Wochen bemerkt haben: Autos, mit Kameras auf den Dächern, die durch die Westerwälder Straßen fahren und Fotos anfertigen. Dahinter steckt nicht etwa der US-Konzern Google, der für seine Fotoplattform „Google Street View“ mit ähnlich gebauten Fahrzeugen auf der ganzen Welt unterwegs ist, sondern ein Projekt der Unternehmensgruppe Energieversorgung Mittelrhein (EVM-Gruppe).

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Mit solchen und marktüblichen Kleinwagen des niederländischen Unternehmens Cyclomedia wurden in der Region die Straßen abgefahren. Kameras auf den Autodächern haben das Filmen und Vermessen übernommen.
Achim Richarz/Cyclomedia/EVM/Scr

„Genauer gesagt handelt es sich dabei um ein Vermessungsprojekt“, sagt Michael Hoffmann, Fachbereichsleiter für Digitale Netzdienstleistungen der Energienetze Mittelrhein, der Netzgesellschaft in der EVM-Gruppe. Statt wie bisher mit Team und Technik schon vor dem eigentlichen Beginn der Bauarbeiten an eine Baustelle zu fahren, bei Wind und Wetter das Equipment aufzubauen und stundenlang das Areal abzumessen, geht das nun bequem vom Computer aus. Möglich macht das eine neue Technik des niederländischen Unternehmens Cyclomedia, mit dem die EVM-Gruppe zusammenarbeitet.

Experten in üblichen Kleinwagen

Dabei fahren die Experten mit handelsüblichen Kleinwagen, die mit einer großen Spezialkamera für Panoramaaufnahmen auf dem Dach und einem Computer im Inneren des Autos ausgestattet sind, jede einzelne Straße in der Region ab. „Rund 1000 Kilometer in sechs Wochen waren es diesmal“, sagt Hoffmann. Alle fünf Meter schießen die Techniker eine Panoramaaufnahme der Umgebung, bis jede Ecke und Kante zentimetergenau dokumentiert ist. „Und das live bei einer Geschwindigkeit von bis zu 120 Kilometern pro Stunde.“

Dadurch sehen wir vorab, ob beispielsweise ein Hindernis im Weg oder genug Platz für Baufahrzeuge ist.

Michael Hoffmann, Fachbereichsleiter für Digitale Netzdienstleistungen der Energienetze Mittelrhein, der Netzgesellschaft in der EVM-Gruppe, über die Vorteile neuer Messtechnik.

Mithilfe einer passenden Software können die niederländischen Vermesser aus den Fotos am Computer 3D-Simulationen der Straßen, Ortschaften und des Rohrleitungsnetzes erstellen und visualisieren. Der Clou dabei: „Wir müssen nun nicht mehr vor Ort, um ein Areal auszumessen, sondern können anhand der Panoramabilder direkt vom Computer aus die Lage von Versorgungsleitungen oder Straßenverläufe darstellen und einsehen“, erklärt Hoffmann. So ließen sich Baustellen bequem vom Schreibtisch aus simulieren und planen. Denn das bringe einige Vorteile mit sich: „Dadurch sehen wir vorab, ob beispielsweise ein Hindernis im Weg oder genug Platz für Baufahrzeuge ist.“

7000 Kilometer im EVM-Gebiet

Denn beispielsweise für einen Gasnetzanschluss von Koblenz in das mehr als 100 Kilometer entfernte Prüm zu fahren, um vor Ort dann festzustellen, dass ein Baum im Weg steht und die Arbeiten behindert, sei äußerst ärgerlich.

Bei rund 7000 Kilometer Straßen- und Rohrnetz, die das Gebiet der EVM-Gruppe umfasst, also eine deutliche Arbeitserleichterung und Kostenreduzierung, wobei das klassische Vermessen vor Ort weiterhin stattfinde.

Doch nicht nur der Energieversorger profitiert von den Daten und 3D-Bildern des Straßen- und Rohrleitungsnetzes. Ein weiterer klassischer Anwendungsbereich sind die Bereitschaftsdienste, die die Gas-, Strom- und Wassernetze am Wochenende im Blick haben. Denn mithilfe der Informationen von Cyclomedia erhalten Spät- und Wochenenddienste fotorealistische Hinweise über den Leitungsverlauf. Die Monteure können sich dann punktgenau informieren.

Ein Beispiel aus Montabaur, wie die Vermessung der Straßen später auf dem Computer aussieht. Alle fünf Meter, symbolisiert durch die grünen Punkte, nimmt die Kamera ein neues Foto auf. Die gelben und blauen Linien zeigen den Verlauf der Rohrleitungen der EVM-Gruppe an.
Achim Richarz/Cyclomedia/EVM/Scr

Darüber hinaus seien die Daten hilfreich, um mögliche Schäden an Häusern zu dokumentieren, geeignete Flächen für E-Ladesäulen zu finden, Starkregenereignisse zu simulieren oder Materialkosten gezielter zu kalkulieren. „Daher nutzen auch einige Kommunen unsere Messdaten, die wir ihnen zur Verfügung stellen.

Damit die Daten und Bilder aktuell sind, lässt die EVM-Gruppe sie in regelmäßigen Abständen erneuern. Seit knapp sieben Jahren fährt das niederländische Partnerunternehmen daher jedes Jahr rund 1000 Kilometer Netzgebiet in der Region ab. Dieses Jahr waren die Gemeinden und Straßen in den Verbandsgemeinden Bad Marienberg, Rennerod, Westerburg und Selters an der Reihe, so die Information über den zeitlichen Ablauf der Aktion.

Öffentlicher Raum darf erfasst werden

Datenschutzrechtlich seien die Aufnahmen übrigens kein Problem. Das geltende Datenschutzrecht gestattet die bildliche Erfassung des öffentlichen Straßenraumes inklusive der dazugehörigen Häuserfassaden. Gesichter, Gebäude, Autokennzeichen oder ähnliche sensible Informationen werden auf den Bildern gepixelt.

„Natürlich werden die gemachten Aufnahmen von uns nur für interne Zwecke benutzt und nicht veröffentlicht“, versichert Hoffmann. „Darüber hinaus informieren wir Anwohner vor einer Fahrt.“

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