Klage wegen Gewerbegebiet?
Selters will vom „Grießing“ nicht lassen
Im Selterser Verbandsgemeinderat, der ausnahmsweise in der Festhalle tagte, ging es einmal mehr um das Gewerbegebiet am Grießing: Die Stadt Selters will ihr Vorhaben nicht aufgeben und wehrt sich gegen die Änderung des Flächennutzungsplans ohne diese Planung.
Katrin Maue-Klaeser

Alles andere als hinterm Pflug: Über den Grießing, den Hang Richtung Nordhofen, an dem die Stadt Selters ein Gewerbegebiet entwickeln will, ist das letzte Wort vielleicht noch immer nicht gesprochen. Dabei hat der VG-Rat erneut dagegen gestimmt.

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Im Verbandsgemeinderat Selters ploppte ein Thema wieder auf, das mancher längst hinterm Pflug gesehen hatte: das Gewerbegebiet „Grießing“. In der Sommersitzung 2023, der ersten unter der Leitung des damals neu gewählten Bürgermeisters Oliver Götsch, stimmte der Verbandsgemeinderat mit großer Mehrheit gegen das Vorhaben der Stadt Selters, an dem Nordhofen zugewandten Wiesenhang ein Gewerbegebiet auszuweisen.

Mit dem abschließenden Beschluss über die Änderung des Flächennutzungsplans – Teilplan Gewerbe- und Sonderbauflächen – nach der erneuten Offenlage der angepassten Planung fand sich der „Grießing“ nun erneut auf der Tagesordnung. Und sowohl der Stadtbürgermeister von Selters, Rolf Jung, als auch der Erste Beigeordnete von Nordhofen, Henning Stumpf (in Vertretung von Ortschef Dominik John), erhielten je sieben Minuten Redezeit, dem Gremium ihren Standpunkt noch einmal darzulegen.

Zuvor riss Götsch kurz die Vorgeschichte an: 119 Eingaben hatte es zum „Grießing“ – neben Stellungnahmen von Behörden und Institutionen – aus der Öffentlichkeit während der vorgezogenen Offenlage des Flächennutzungsplans (FNP) gegeben. Der Kritik mehrheitlich folgend, hatte der Verbandsgemeinderat dem Vorhaben der Stadt eine Absage erteilt. Mehrere Änderungen, die damals für Einzelplanungen beschlossen wurden, hat die Verwaltung seither in das Planwerk aufgenommen, das nun zur endgültigen Entscheidung anstand.

Die Stadt Selters habe dem geänderten Plan „ohne Grießing“ ihre Zustimmung verweigert, von der Überzahl der Ortsgemeinden mit einer Mehrheit an Einwohnern sei sie jedoch erteilt, erläuterte Götsch, der betonte, für ihn sei die Ablehnung „maßgeblicher inhaltlicher Wille des VG-Rats über alle Fraktionen hinweg“ gewesen. Die Stadt Selters habe diesen demokratischen Beschluss nicht akzeptiert und Rolf Jung darum gebeten, vor den Gremium reden zu dürfen, selbes Recht habe man Nordhofen eingeräumt.

„Die übrigen 18 Hektar neuer Gewerbeflächen in der Verbandsgemeinde sind nicht nachhaltig geplant.“
Rolf Jung verwies darauf, dass das Gewerbegebiet Grießing ökologisch ausgerichtet werden solle.

Rasch kam Rolf Jung zum Punkt. Der Stadtbürgermeister nannte es eine „Instinktlosigkeit“, das Selterser Anliegen im Rahmen der FNP-Änderung zu verneinen: „Das braucht eine Einzelentscheidung“, forderte er. Jung hob den Nachhaltigkeitsgedanken hervor, den Selters analog zum Neubaugebiet „Sonnenbach“ auch am „Grießing“ umsetzen wolle und kritisierte: „Die übrigen 18 Hektar neuer Gewerbeflächen in der Verbandsgemeinde sind nicht nachhaltig geplant.“

Sechs expandierende Handwerksbetriebe hätten Selters inzwischen verlassen, weil sie dort nicht genug Platz fanden, beklagte Jung, der klarmachte: „Der Stadtrat will das Gewerbegebiet Grießing weiter betreiben.“ Laut einer anwaltlichen Stellungnahme habe eine Gemeinde, die Entwicklungspläne habe, das Recht, damit in den FNP aufgenommen zu werden, und da nichts von höherem Gewicht entgegenstehe, habe Selters einen Anspruch auf seine Planung: „Sonst verhält sich die Verbandsgemeinde rechtswidrig.“

Henning Stumpf erklärt, der Nordhofener Jurist komme zu anderen Ergebnissen. Zwar solle jede Gemeinde ein Recht auf ihre eigene Bauleitplanung haben – doch der Grundsatz der interkommunalen Abstimmung habe hier Vorrang. Selters sei sogar „schon seit 20 Jahren am Grießing dran, und nicht einmal haben sie mit Nordhofen vernünftig drüber gesprochen“, hielt er Jung entgegen.

Die Verwaltung habe einen guten Job gemacht und der VG-Rat habe demokratisch abgestimmt, führte Stumpf aus: „Der VG-Rat ist kein Abnick-Verein, sondern befasst sich mit den Anliegen und stimmt dann ab.“ Und nicht nur dieses Gremium, sondern alle Ortsgemeinden außer Selters selbst hätten dagegen gestimmt. Seit der Abstimmung im VG-Rat 2023 habe es weder neue Erkenntnisse noch wesentliche Änderungen der Planung gegeben, schloss John.

In vier Teilabschnitten stimmte die überwiegende Mehrheit der 33 Verbandsgemeinderatsmitglieder für die FNP-Änderung – ohne das Grießing-Projekt. Es gab je drei Enthaltungen, zur Anerkennung der Stellungnahmen stimmte allein Hanno Steindorf (Erster Beigeordneter der Stadt Selters) dagegen, sonst gab es je drei Nein-Stimmen.

Stimmen aus dem Rat

VG-Bürgermeister Götsch (parteilos) gab zu bedenken, dass Selters auch ohne den Grießing durchaus nicht leer ausgehe, zudem gebe es auch Potenzial im Bestand. Aus umweltfachlicher und rechtlicher Sicht sei die Herausnahme des Vorhabens aus dem FNP gerechtfertigt, betonte der Verwaltungschef. Hanno Steindorf (FWG) sagte, wenn gleich 2013 über das Vorhaben abgestimmt worden wäre, „wäre es problemlos durchgegangen“. Peter Aller (CDU) betonte, ein solches Vorhaben könne nur im Einvernehmen mit Nachbarn laufen. Jörg Müller (Grüne) hätte gern separat über die verschiedenen Änderungen abgestimmt: Seine Fraktion sei gegen Gewerbe am Grießing, aber andere, weiterhin im Plan enthaltene Vorhaben fänden auch nicht ihre Zustimmung, sodass sie den FNP im Ganzen ablehnen müssten. Ähnlich argumentierte Daniel Mosch (FWG). Er wollte wissen, wie es weitergehe, falls die Stadt mit einer Klage gegen den FNP erfolgreich sei. Götsch antwortete, dann müsse das gesamte Änderungsverfahren von vorn beginnen.

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