An diesem Samstag, 10. Juni, werden sie auf diesen runden Geburtstag gemeinsam anstoßen – und ganz sicher dabei auch ihr Stammtischlied singen, das sie sogar mehrstimmig erschallen lassen können: Aus voller Kehle und mit einem Strahlen in den Augen singen die fünf Freunde: „Wir sind die Stammtischbrüder, vom Stammtisch ,Gut Schluck‘, wir sind in froher Runde hier und trinken kühles Bier. Wir wünschen mit Hau-Ruck – Gut Schluck, gut Schluck, gut Schluck!“
Dann sitzen Albrecht Wolf (*1937), Dieter Schwarz (*1933), Helmut Wolf (*1935), Horst Jung (*1932) und Wolfgang Tutas (*1946) in ihrem Stammlokal „Bei Hordel‘s“ an ihrem Stammtisch, auf dem ihr Wimpel steht. Vielleicht werden sie dabei auch ihre Stammtischmützen tragen: eine rot-grün karierte Batschkapp mit Bommel. „Die haben wir uns für unsere Ausflüge gekauft, da konnten wir immer gleich entdecken, wo einer von uns war“, berichtet „Stammtischvater“ Horst schmunzelnd, und seine Stammtischbrüder nicken zustimmend und beginnen zu erzählen – von den Anfängen ihrer Runde, dass sie miteinander Freud und Leid teilten, vor allem aber auch sich ganz praktisch unterstützten, beispielsweise beim Hausbau.
Der Stammtisch "Gut Schluck" feierte 1997 seinen 40. Geburtstag: (von links) Horst Jung, Albrecht Wolf, Günter Jung, Wilhelm Rubertus, Helmut Wolf, Werner Wolf, Herbert Schneider und Dieter Schwarz.
Alles begann im Juni 1957 im Gasthaus zur Holzbachschlucht (Rausche Ida) in Gemünden mit den Brüdern Helmut und Werner Wolf, Horst Jung, Albrecht Wolf und Dieter Schwarz. Im Laufe der Jahre kamen Erich Schwarz, Günter Jung, Herbert Schneider, Wilhelm Rubertus und Wolfgang Tutas hinzu. Leider sind von den „Brüdern“ nicht mehr alle am Leben. Im Jahr 2000 wurde die Gaststätte Rausch verkauft. Doch das bedeutete nicht das Ende für „Gut Schluck“. Der Stammtisch fand eine neue Heimat im Gasthaus Kreckel bei „Schorsche Christa“. Sie verkaufte 2012 die Gaststätte an Kai Peter Schwarz (auch Hordel genannt), seitdem heißt sie „Bei Hordel’s“.
Worüber unterhalten sich fünf Männer, die sich mehrere Tausend Mal in ihrem Leben schon getroffen haben? Natürlich über Fußball. „Am Anfang haben wir immer samstags zusammen die Spielübertragungen angeschaut“, berichten die Fünf. Als Deutschland 1974 Weltmeister wurde, gab es kein Halten mehr. Flugs holten die Männer, von denen die meisten im Evangelisch-Lutherischen Posaunenchor waren, ihre Instrumente und stimmten einen Freudentusch an. „Da waren sicher so einige schiefe Töne dabei“, schmunzeln die „Brüder“ noch heute, wenn sie sich an diesen Tag erinnern. Weitere Gesprächsthemen für sie sind Dorfpolitik, Musik und auch „Dolles“. Und noch etwas: Nicht immer schaffen es die Freunde, ihrem Vorsatz treu zu bleiben: „Über Krankheiten reden wir nicht, die haben wir.“
Apropos treu. Einhellig beteuern die Männer mit ernstem Kopfnicken, dass ihre Frauen trotz der Treffen jeden Samstag und jeden Sonntag in der Wirtschaft nicht zu kurz gekommen seien. „Im Gegenteil! Es ist auch vorgekommen, dass meine Frau mich gefragt hat: ,Willst Du denn nicht zum Stammtisch gehen?', wenn ich die Zeit verpasst habe“, erzählt Horst Jung. „Und wir gehen ja immer auch um 20 Uhr nach Hause“, fügt Dieter Schwarz an. Außerdem waren die Frauen auch bei Ausflügen mit dabei, die vom „Stammtischvater“ einfallsreich organisiert wurden. Sie führten in viele Regionen Deutschlands, aber auch ins Ausland.
Doch ihre Heimat, die bleibt Gemünden. Der Tisch „Bei Hordel’s“. Dass der Stammtisch sich nun schon so lange am Leben hält, dafür gibt es ein Rezept, dass die Männer gerne verraten: Sie sind ein Team und haben immer ihre Termine eingehalten. Und wenn das Stammlokal mal zu hatte, haben sie sich trotzdem getroffen. Um in netter Gesellschaft ein schönes Bier zu trinken und angenehme Gespräche zu führen.