Eine magere Flachland-Mähwiese, ein gesetzlich geschütztes Biotop, ist zerstört worden. Wer die Straße von Ettinghausen kommend nach Kuhnhöfen entlangfährt, sieht die riesige, ruinierte Fläche. Das „Grün“ ist zu großen Bergen zusammengeschoben. Und das hat für die Verantwortlichen harte Folgen, wie wir erfahren haben. Gegen sie wurde ein Bußgeld in beträchtlicher Höhe verhängt.
Auf unsere Anfrage hin teilt Klaus Lütkefedder, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wallmerod, mit, dass das Areal im aktuell gültigen Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Wallmerod als Gewerbefläche ausgewiesen ist. Es werde in Teilen auch entsprechend genutzt (Hallen, Lagerplatz). Aber: Ein rechtskräftiger Bebauungsplan existiert nicht. Ein solcher wäre aber die Voraussetzung für eine weitere Bebaubarkeit der Flächen. Da die Fläche im Rahmen der Grünlandkartierung des Landes Rheinland-Pfalz als schützenswertes Grünland eingestuft wurde, und somit erhebliche naturschutzrechtliche Auflagen zu erwarten wären, hat die Ortsgemeinde Ettinghausen auf die Aufstellung eines Bebauungsplanes im besagten Bereich verzichtet. Gegebenenfalls könnten die privaten Eigentümer in Abstimmung mit der Gemeinde ein solches Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt anstoßen.

Welche Nutzung durch die Eigentümer vorgesehen ist, könne seitens der VG-Verwaltung nicht beantwortet werden, teilt Lütkefedder weiter mit. „Aufgrund der aktuellen Rechtssituation kann eine Bebauung derzeit nicht erfolgen, da ohne rechtskräftigen Bebauungsplan keine Baugenehmigung erteilt werden kann“, stellt er fest und verweist darauf, dass Maßnahmen, die erhebliche Eingriffe in die Natur mit sich bringen, in der Regel in entsprechenden Verfahren der Bauleitplanung zu betrachten seien wie Flächennutzungsplan, Bebauungsplan. „Sie bedürfen im Einzelfall einer Genehmigung durch den Kreis als Baubehörde“, erklärt er das Prozedere. Dazu würden dann auch weitere Fachbehörden wie der Naturschutz einbezogen.
„Selbstverständlich sind derartige Eingriffe in die Natur und Landschaft per se genehmigungsbedürftig“, heißt es seitens der Kreisverwaltung. Unter derartigen Eingriffen im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes sind beispielsweise Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen zu verstehen, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Sie sind nur dann zulassungsfähig, wenn sie unvermeidlich sind und angemessen kompensiert werden können, wird weiter erklärt.

Vorliegend komme erschwerend hinzu, dass es sich bei den betreffenden Flächen nicht nur um einfaches Grünland, sondern um gesetzlich geschützte Biotope gehandelt habe. „Das Areal ist im Rahmen der Grünlandkartierung des Landesamtes für Umwelt als sogenannte ,Magere Flachland-Mähwiese’ im besten Erhaltungszustand identifiziert worden“, betont die Kreisverwaltung.
Dieser Biotoptyp sei in Rheinland-Pfalz schon 2015 mit der damaligen Novelle des Landesnaturschutzgesetzes unter Schutz gestellt worden, der Bundesgesetzgeber habe dies 2021 im Bundesnaturschutzgesetz ebenfalls getan. Hintergrund dieser Regelungen sei die nachhaltige Verbesserung der Biodiversität, gerade im Hinblick auf die Lebensräume von Bienen und Insekten und damit der Schutz der Insektenvielfalt in Deutschland. Sie zeichnen sich durch ein breites Spektrum an Pflanzenarten aus, das wiederum mit dem Vorkommen vieler Tierarten insbesondere zahlreicher Insektenarten einhergeht. Die Magerwiesen – nicht selten mit dem Großen Wiesenknopf bestanden – würden auch zu den bedeutendsten Lebensräumen für den Dunkeln und den Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläuling in Europa zählen.

Wie die Kreisverwaltung weiterhin mitteilt, wurden gegen die Verantwortlichen bereits Bußgeldbescheide mit beträchtlichen Bußgeldern erlassen. Diese liegen hierfür in Abhängigkeit der jeweiligen Fläche zwischen 23.000 und 27.000 Euro. Zudem prüfe die Naturschutzbehörde des Kreises, eine naturschutzrechtliche Anordnung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zu erlassen.