Die Panflöte gehört zu den bedauernswerten Instrumenten, die sich ihre Anerkennung manchmal hart erkämpfen müssen. Denn während die eine Fraktion der Musikfreunde ihren sanften Klang liebt und ihn nutzt, um sich ein wenig aus dem Alltag auszuklinken, wird sie von anderen bestenfalls als kitschig-folkloristischer Exot oder unterhaltendes Element in belebten Fußgängerzonen toleriert. Deshalb muss der Einsatz, den Hannah Schlubeck seit vielen Jahren für „ihre“ Panflöte bringt, in besonderem Maße gewürdigt werden. Mit einem untrüglichen Gespür für die erstaunlichen Möglichkeiten des vermeintlich schlichten Instruments hat die Interpretin ein Imperium aus Werken sämtlicher Epochen geschaffen, das Konzertbesucher auf der ganzen Welt dahinschmelzen lässt.
Und genau das passierte auch bei Hannah Schlubecks Auftritt in der Abtei Marienstatt. Wenig überraschend war der Kirchenraum sehr gut gefüllt, denn die Musikerin ist ein gern gesehener Gast innerhalb der beliebten Abtei-Konzerte, wie Frater Gregor OCist in seiner Begrüßung betonte. Diesmal werde die Musikerin von Ignace Michiels, dem nicht unbekannten Kathedralorganisten von St. Salvator in Brügge begleitet. „Wir freuen uns auf dieses ohrnahe musikalische Erlebnis, bei der auch wieder die englischen Register in besonderer Weise zur Geltung kommen“, sagte Frater Gregor in Bezug auf die neu errichtete Chororgel.

Musik ist wie eine zweite Sprache
Wer musiziere, erlerne eine zweite Sprache, die in ihrer Vielfalt unerschöpflich sei. Wahre Worte, wie sich im Laufe des Konzertes erweisen sollte. Denn Hannah Schlubeck und Ignace Michiels hatten in der Tat ein Programm zusammengestellt, das die Panflöte definitiv aus ihrem stilistischen Nischendasein herausholte. Um es gleich vorwegzunehmen: Das Konzert begeisterte nicht nur inhaltlich. Im Verlauf der Darbietungen gab auch einiges zu sehen. Wer hätte gedacht, dass es Panflöten in verschiedenen Größen und damit auch Tonumfängen gibt, die jeweils ihren ganz eigenen Klangcharakter haben und hin und wieder rasch mitten im Stück gewechselt werden müssen? Eine Leichtigkeit für die Solistin, die seit ihrem sechsten Lebensjahr für ihr Instrument brennt und die einzige Musikerin in Deutschland ist, die einen Hochschulabschluss im Fach Panflöte hat.
Nun aber zu den Werken. Georg Philipp Telemanns viersätzige „Sonate e-Moll“ eröffnete den Nachmittag. Ein erster Einblick in die Virtuosität und das Einfühlungsvermögen der Flötistin, der durch Joseph Hector Fioccos „Adagio/Arioso“ noch verstärkt wurde. Johann Sebastian Bachs beschwingtes „Präludium in G-Dur“ mit anschließender Fuge unterstrich die Souveränität des Organisten und bot der Flötistin eine der wenigen Verschnaufpausen. Denn Hannah Schlubeck schonte sich nicht. Auf das romantisch-kecke „Rondo in D“ von Wolfgang Amadeus Mozart folgten die meisterhaft interpretierten Sätze „Adagio“ und „Allegro brillante“ aus Francois Deviennes „Sonate in G“, Edward Elgars verträumter musikalischer Gruß „Salut d`amour“ und „Balada Galaica“, eine leidenschaftliche Komposition von Pedro Itturalde.Ignace Michiels glänzte nun mit dem Finale aus der „Symphonie Nr. 2“ von Charles Marie Widor, bevor das Konzert offiziell mit Alexandre Guilmants „Cantilène pastoral“ (schöne Echo-Effekte!) und Jean-Claude Maras hochemotionalem Stück „Reflets“ ausklang.
Eine Zugabe musste sein
Selbstverständlich ließ das Publikum die Musiker noch nicht ziehen. Es applaudierte begeistert im Stehen und erhielt als Zugabe den „Libertango“ von Astor Piazolla. Hannah Schlubeck hat sich in diesem Konzert wirklich selbst verschenkt und bewiesen, dass es für die Panflöte keine Grenzen gibt. Außerdem kann ihre „Kopf- und Mundartistik“ (das schnelle Hin- und Herschießen auf dem Instrument, um auch den allerletzten Ton zu erwischen) gar nicht genug gelobt werden. Die Zuhörer waren jedenfalls verzaubert, und es wäre deshalb sehr erfreulich, wenn Hannah Schlubecks Gastspiele in Marienstatt auch in den nächsten Jahren fortgesetzt würden.
Mehr Infos zur Interpretin gibt es auf www.schlubeck.com.