Prozess in Montabaur
Saß Angeklagter oder eine Bekannte am Steuer?
Der verunfallte BMW konnte an Heiligabend 2023 in der Westerwaldstraße in Nentershausen sichergestellt und abgeschleppt werden.
Andreas Egenolf

Der Prozess am Amtsgericht Montabaur gegen einen Mann, der an Heiligabend 2023 ohne Führerschein auf der A3 bei Diez einen Unfall verursacht und mit Cannabis Handel betrieben haben soll, geht weiter. Diesmal sagte der Angeklagte aus. 

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Ein kreisender Helikopter über der Kirche; Polizisten auf Verfolgungsjagd während der Messe und ein demolierter BMW samt brisantem Inhalt: Die Christmette 2023 in Nentershausen werden die Kirchenbesucher wohl lange Zeit nicht vergessen. Seit Mitte April läuft nun ein Prozess vor dem Amtsgericht Montabaur, bei dem sich der Mann verantworten muss, der seinerzeit für den aufsehenerregenden Einsatz gesorgt hat.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz wirft dem Deutschen vor, ohne Führerschein an Heiligabend 2023 auf der A3 in Richtung Köln unterwegs gewesen zu sein und auf Höhe der Anschlussstelle Diez einen Unfall gebaut zu haben. Im Anschluss habe sich der seinerzeit 36-Jährige unerlaubt von der Unfallstelle entfernt und sei dann in Nentershausen geflüchtet. Gleichzeitig wirft die Anklage dem Mann Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge und das Verschaffen von zwei falschen amtlichen Ausweisen vor.

Nach der Christmette 2023 in Nentershausen durchsuchten Polizeibeamten auch die Laurentiuskirche in Nentershausen, wie hier die Grabkapelle im Eingangsportal, um nach möglichen weggeworfenen Gegenständen des Festgenommenen zu suchen.
Andreas Egenolf

Wenn es nach dem Angeklagten geht, dann stellt sich der Vorfall anders dar. An besagtem 24. Dezember ist er auf dem Weg nach Bonn. Am Steuer des BMW, den er sich von einem Bekannten geliehen hat, sitzt laut seiner Schilderung allerdings nicht er, sondern eine Bekannte. Die Frau hat er 2022 bei einem Musik-Festival in Basel kennengelernt. Sie bleiben im Anschluss in Kontakt, chatten, und sie will mehr. So nimmt es der Angeklagte zumindest wahr. „Ich würde es eine Liaison nennen", beschreibt er die Beziehung.

Sechs Wochen nach dem Kennenlernen gesteht die Bekannte dem Angeklagten, dass sie als Prostituierte arbeitet und weltweit ihre Dienste anbietet. „Die Dame hat viel gearbeitet, und zwischendurch haben wir uns getroffen", erklärt der Mann vor Gericht. Gemeinsame Ausflüge nach Paris, Prag oder Zürich kommen in dieser Zeit zustande. Mitte 2023 räumt die Bekannte ein, dass sie an Brustkrebs leide und in Brasilien operiert werden muss. Nach drei Monaten kehrt sie zurück, und es kommt zu weiteren Treffen. Um gegen ihre Schmerzen anzugehen, setzt die Frau auf Cannabidiol (CBD), so erzählt es der Angeklagte. CBD soll die Entwicklung bestimmter Tumore hemmen und Krebsschmerzen lindern. So habe es die Bekannte gelesen. „Ich habe da nicht wirklich dran geglaubt", erklärt der Angeklagte.

Das Amtsgericht in Montabaur.
Andreas Egenolf

Wenige Tage vor Weihnachten 2023 lässt sich der Mann dann nach Saarlouis fahren, wo er sich mit der Dame in einem Hotel trifft. 10.000 Euro soll er ihr gezahlt haben, damit sie die Zeit bis Silvester mit ihm verbringt. Am 23. Dezember soll die Dame, nachdem es zwischenzeitlich weiter nach Frankfurt ging, ohne den Angeklagten mit einer Freundin getroffen haben und mit einem Päckchen ins Hotel zurückgekehrt sein. Er dachte, es sei CBD. „Sie sagte, es sei für ihre Gesundheit", so der Angeklagte. Am 24. Dezember wollen beide dann weiter in ein Hotel nach Bonn.

Doch so weit kommt es nicht: Kurz vor der Abfahrt Diez kommt es zum Unfall – durch die Bekannte, wie der Angeklagte behauptet. Letztlich verlassen sie die A3 und kommen in der Westerwaldstraße in Nentershausen unweit der Kirche zum Halten. Nach Diskussionen, wie es weitergehen soll, ruft die Frau nach einer Stunde den Notruf, und der Angeklagte türmt – aus gutem Grund. Gegen ihn liegt ein Europäischer Haftbefehl wegen verschiedener Betäubungsmittelstraftaten vor. Fünf Jahre und acht Monate soll er in Haft.

In der Westerwaldstraße in Nentershausen blieb an Heiligabend ein nach einem Unfall demolierter BMW stehen und sorgte in der Folge für einen Polizeieinsatz.
Andreas Egenolf

Im Auto finden die Polizeibeamten dann unter anderem 400 Gramm Haschisch. Die Frau erklärt gegenüber den Polizisten, dass der Mann mit zwei Taschen geflüchtet sei. Daraufhin beginnt die Suche samt Polizeihubschrauber, die für Aufsehen sorgt.

Letztlich kann der Angeklagte gefasst werden und tags darauf nach Diez ins Gefängnis gebracht werden, wo er bis heute inhaftiert ist. Von den Taschen, die der seinerzeit 36-Jährige angeblich mitgenommen haben soll, gibt es keine Spur. „Die gab es auch nie", so der Angeklagte. Licht ins Dunkle könnte die Prostituierte bringen, doch trotz Vorladung an ihre spanische Adresse, erschien sie nicht vor Gericht. Nun wird Mitte Juni ein weiterer Versuch gestartet.

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