Gastspiel in Hachenburg
Richling seziert die Politik mit bitterbösen Pointen
In gekonnter Manier hielt Mathias Richling, der zu den Altmeistern des deutschen Kabaretts gehört, bei seinem gefeierten Auftritt in Hachenburg Politik und Gesellschaft den Spiegel vor. Vor allem die Mitglieder der gescheiterten Ampelkoalition bekamen ihr Fett weg.
Röder-Moldenhauer

Mathias Richling parodiert sie alle: Männer, Frauen, deutsche und internationale Politiker: Bei seinem Auftritt in Hachenburg feuerte er gewohnt viele und giftige Sprachpfeile ab – und wurde dafür vom Publikum gefeiert.

Mathias Richling hat eine klare Botschaft: Kritik an den Regierenden muss erlaubt sein und ist sogar Pflicht – sowohl für die Sicherung der Demokratie in unserem Land als auch als Nahrung und Basis des politischen Kabaretts. Versuchen, die Meinungsfreiheit durch Gesetze, öffentliche Meldestellen, Aufrufe zur Denunziation oder persönliche Anzeigen von Politikern gegen Bürger einzuschränken, erteilte der Altmeister bei seinem gefeierten Auftritt in der restlos ausverkauften Hachenburger Stadthalle gewohnt angriffslustig eine klare Absage.

Mit bissigen Pointen im Sekundentakt, einem Rekord im Schnellsprechen und fliegenden Rollenwechseln zeigte der 71-Jährige, warum er schon so lange erfolgreich im Geschäft ist. Der bereits verstorbene frühere Bundespräsident Johannes Rau erschien auf diese Weise ebenso auf der Bühne wie der vermutlich künftige Bundeskanzler Friedrich Merz. Richlings liebste „Opfer“ an diesem Abend waren jedoch zweifelsfrei die Protagonisten der gescheiterten Ampelkoalition.

„Innenministerin Faeser fordert Strafen für die, die den Staat verhöhnen. Ich mache den ganzen Abend nichts anderes.“
Mathias Richling augenzwinkernd über sein Programm

Dabei macht es für den Kabarettisten keinen Unterschied, ob die von ihm parodierte Person ein Mann oder eine Frau ist – mit gnadenlos überzeichneter Gestik und Mimik meistert er alle Geschlechter. Und alle Nationalitäten, denn auch weltweite Bekanntheiten wie Trump, Putin, King Charles oder Greta Thunberg sind vor ihm nicht sicher. Angst vor großen Namen oder möglichen Folgen seiner Kunst, scharf und unterhaltsam zu kritisieren, kennt er nicht. Das Publikum in Hachenburg dankte es ihm mit lautem Lachen und häufigem Zwischenapplaus.

Ohne großes Vorgeplänkel legte Richling gleich los – sozusagen mit „Rambo Zambo“ in die Bundespolitik, wie er in Anlehnung an ein fast schon legendäres Zitat von Merz vom Wahlabend anmerkte. Zugleich fragte er, ob dieser Ausdruck jetzt überhaupt geschlechtergerecht sei, schließlich müsse es doch eigentlich „Ramba Zamba“ heißen – oder wenigstens Rambo Zamba oder Ramba Zambo…! Seinem Publikum empfahl er, über solche Dinge nicht zu viel nachzudenken, „sonst werden Sie wahnsinnig“. Überhaupt hat Richling zu dem Versuch, Ungerechtigkeiten und Rassismus durch Sprache zu bekämpfen, eine klare Haltung: „Ein Stern zwischen zwei Silben spaltet mehr als er vereint.“

„Durch Ministerposten werden Aktivisten schnell inaktiv.“
Mathias Richlings Vorschlag, wie man beispielsweise Klimakleber „aus dem Verkehr ziehen kann“

Aber solche Entwicklungen scheinen für ihn in Zeiten, „in denen sich Politiker nur noch in Talkshows profilieren statt im Bundestag“, bezeichnend. „Lauterbach ist nur Minister geworden, um ihn bei Lanz loszuwerden“, konstatierte der Kabarettist. Der scheidende Wirtschaftsminister Habeck, der ein „verbales Kindchenschema“ bediene, werde demnächst zum Ratgeber in der Apotheken-Umschau, und in der Rolle von Landwirtschaftsminister Özdemir forderte Richling, dass jeder Bürger seinen Einkaufszettel zunächst von ihm genehmigen lassen müsse – „Essen auf Rezept“.

Olaf Scholz werde wegen seiner Vergesslichkeit in der Cum-Ex-Affäre höchstens in einer Gerichtsshow von Barbara Salesch verurteilt. In der SPD frage man sich schon, ob man statt Scholz nicht lieber wieder (Martin) Schulz als Kandidat ins Rennen hätte schicken sollen, denn der habe seinerzeit bessere schlechte Wahlergebnisse gehabt. Statt eines Ost-Beauftragten von der SPD solle man angesichts sinkender Zustimmung sinnvollerweise einen SPD-Beauftragten einführen.

Hinter einem überdimensionalen Grundgesetz sitzend, hielt Mathias Richling in der restlos ausverkauften Hachenburger Stadthalle ein leidenschaftliches Plädoyer für die Meinungsfreiheit. Der heutigen Politikergeneration warf der Kabarettist vor, vielfach zu empfindlich auf Kritik und Überzeichnungen zu reagieren.
Röder-Moldenhauer

In der Migrationsdebatte habe die AfD ihr Programm aus einem Positionspapier von 1993 von CDU, SPD und FDP abgeschrieben, und Merz habe nun wiederum bei der AfD geklaut. „Die anderen Parteien klauen bei uns sogar die Dinge, die wir gar nicht haben“, ließ Richling in der Rolle von Alice Weidel verlauten. Und zu Außenministerin Annalena Baerbock meinte er bitterböse, Deutschland solle sich ein Beispiel an den neuen Machthabern in Syrien nehmen und ihr Gesicht lieber verpixeln.

„Was bringt uns Politik noch?“, fragte der 71-Jährige fast schon ein wenig verzweifelt. Cannabis sei nur deshalb legalisiert worden, um die Wahrnehmung des Volkes zu minimieren. „Wenn die Bevölkerung ruhiggestellt ist, hat sie zwar immer noch Wut auf die Regierung, aber es macht ihr nichts mehr aus“, so seine leicht fatalistische Antwort. Ein Wahlzettel sei wie ein Lottozettel, nur statt sechs Richtigen bekäme man lauter Nullen. „Vielleicht sollten wir Politik und Staat voneinander trennen“, so sein sarkastischer Diskussionsvorschlag, ehe er schon wieder zum nächsten Seitenhieb, etwa in Richtung Marie-Agnes Strack-Zimmermann, ausholte.

„Wir verblöden, weil wir zu blöd sind, die Intelligenz zu finden, die wir in der KI versteckt haben.“
Mathias Richling

Die Bürger müssten sich von zu hohen Erwartungen an die Politik lösen, die Machthabenden bräuchten die Stimmen der Wähler nur, um ihre eigenen Wünsche zu erfüllen. Dabei hätten die Empfindlichkeit und die Hysterie der Führenden auf Kritik an ihnen massiv zugenommen, während frühere Verantwortliche wie etwa Adenauer noch mit Größe reagiert hätten, wenn sie karikiert worden seien. „Wer den Staat verhöhnt, macht das nur deshalb, weil er sich vom Staat verhöhnt fühlt“, erklärte Richling zur Freude seiner Fans, die solche Aussagen mit verständnisvollem Kopfnicken goutierten.

Bei aller (gespielten?) Verzweiflung über den Zustand der Bundesrepublik bietet ihm dieser doch eine schier endlos große Fülle an kabarettistischen Themen. Nach rund zwei Stunden und einem für seine Konzentration sowie seine Stimmbänder anstrengenden Programm endete schließlich das zweite Gastspiel Richlings in Hachenburg mit einer Zugabe und dem Versprechen, bis zum nächsten Besuch nicht wieder 40 Jahre zu warten.

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