Bald Mitgliederversammlung
Querelen um das Café machen das B-05 zum Sorgenkind
Irene und Max Lorisika räumen im Café B-05 die Möbel zusammen: Seit 1. November ist der Betrieb in der üblichen Winterpause. Nach der Kündigung des Pachtvertrags für das Café ist offen, ob oder wer das beliebte Ausflugsziel im April wieder eröffnet.
Katrin Maue-Klaeser

Das B-05 im Stadtwald ist vielen Kulturinteressierten und Naturfreunden ein Begriff. Nachdem der Betreiberin des dortigen Cafés gekündigt wurde, befindet sich der Trägerverein der Anlage in Aufruhr - ist möglicherweise das gesamte Projekt gefährdet?

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Das B-05, Bunkeranlage und ehemaliges Waffendepot der US-Armee im Montabaurer Stadtwald bei Horressen, ist heute in weitem Umkreis den Freunden von Kunst, Musik und Sommergastronomie inmitten der Natur ein Begriff. Kürzlich hat der B-05-Vereinsvorstand den Pachtvertrag für das Café auf dem Gelände zum Jahresende gekündigt. Da sich die Gastronomie über Jahre zum Besuchermagneten des Kultur- und Naturzentrums entwickelt hat, könnte das gesamte Projekt darunter leiden.

Diese Kündigung, von der mit Cafépächterin Irene Lorisika ein Vereinsmitglied der ersten Stunde und ehemaliges Vorstandsmitglied betroffen ist, sorgt für große Unruhe unter den Mitgliedern des Vereins B-05 Kunst-Kultur-Natur. Denn einerseits sei für viele das Café der Anker der gesamten Anlage, andererseits sei Lorisika dadurch seit 2017 zum Gesicht des gesamten Projekts geworden, wie die Betreiberin selbst sagt. Auch viele Kulturtreibende hätten mit ihren Exponaten den Weg in die Bunker nur über sie gefunden.

„Das Projekt ist mehr als das Café.“
Gerhard Neumann, Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des B-05-Vereins

„Das Projekt ist mehr als das Café“, hält Vorstandsmitglied Gerhard Neumann entgegen und nennt vor allem den Naturschutzaspekt. Dieser habe anfangs gleichwertig neben Kunst und Kultur gestanden. Doch heute sehe das anders aus. „Seit 2016 ist Naturschutz im neuen Pachtvertrag zwischen der Stadt als Grundstückseigentümer und dem Verein als Hauptziel definiert“, erklärt Neumann.

„Es war von Beginn an vom Verein gewünscht, dort ein Café zu haben, und ich habe von Anfang an den Finger dafür gehoben“, sagt andererseits Pächterin Irene Lorisika. Überworfen hätten sich die beiden Vertragsparteien vor allem über die Einhaltung naturschützerischer Anforderungen an das Kunst-, Kultur- und Naturerlebniszentrum, sagt der Vereinsvorstand. Die Cafépächterin hingegen hat den Eindruck, dass der Vorstand ihr in die gesamte Gestaltung des Betriebs hineinreden möchte: „Der Vorstand wollte immer mehr bestimmen, was im Café passiert, welche Kunst im und um das Café ausgestellt wird.“

Angestrebt war gegeseitige Unterstützung

„Das Café ist ein Wirtschaftsbetrieb, den ich aufgrund der Beschränkungen ohnehin kaum gewinnbringend führen kann“, verweist Lorisika auf die Vorgaben, dass die Öffnungszeiten auf Freitagnachmittag, Samstag und Sonntag ausschließlich von Anfang April bis Ende Oktober beschränkt sind. Grundidee sei gewesen, dass die Kombination aus den Ausstellungsräumen in den Bunkern und dem Café als Kulturbetrieb in gegenseitiger Unterstützung angestrebt war.

Der Verein indes steht als Pächter des Areals gegenüber der Stadt als Inhaber dafür gerade, dass die vertraglichen Vorgaben für die im Schutzgebiet eines Flora-Fauna-Habitats gelegene Einrichtung eingehalten werden, betonen die Vorstandsmitglieder im Redaktionsgespräch unisono. Damit hätten sich einige Veranstaltungen und Vorstellungen der Cafébetreiberin nicht vereinbaren lassen, erklärt Vereinsvorsitzender Roland von Bergh.

Seltene Privatveranstaltungen sorgen für Ärger

Zwar liege es schon einige Zeit zurück, dass der Vereinsvorstand von der Stadt zum Gespräch geladen wurde, weil eine Privatveranstaltung im Café die umgebende Natur durch zu viel Licht und Lärm beeinträchtigt hatte. Lorisika betont, dass dies vorab nicht absehbar gewesen und seither auch nicht mehr vorgekommen sei: Sie selbst habe umgehend eine Unterlassungserklärung aufgesetzt, dass es diese Veranstaltung nicht mehr geben werde. „Das war eine einmalige Panne in acht Jahren“, hebt sie hervor. Laut Vereinsvorstand hat die Masgeik-Stiftung für Natur- und Landschaftschutz wegen mehrerer unpassender Veranstaltungen angekündigt, im Wiederholungsfall ihre fachliche Unterstützung aufzukündigen.

Der vierte Ausstellungsblock der Kunstsaison 2024 im B-05-Kulturzentrum widmete sich "Querschnitten der Gegenwartskunst". Anlässlich der Vernissage zeigte Judith Boy von der Mainz-Wiesbadener Künstlerinnen-Gemeinschaft Gedok eine Performance.
Katrin Maue-Klaeser

Seit jeher habe es maximal zehn Vermietungen für privat organisierte Feiern pro Saison gegeben, bei denen immer Cafémitarbeiter anwesend seien. In diesem Jahr seien es nur vier oder fünf solche Veranstaltungen gewesen, sagt Lorisika, bis zu 30 seien laut dem aktuellen Pachtvertrag gestattet. Meist handle es sich um private Geburtstagsfeiern.

Der Vereinsvorstand kritisiert jedoch, dass auch in jüngerer Zeit von Gästen des Cafés beispielsweise das Einfahrtsverbot in das Gelände missachtet worden sei, ohne dass Mitarbeiter oder Chefin des Cafés eingeschritten seien. „Dreh- und Angelpunkt des gesamten Projekts ist der Naturschutz“, betont Gerhard Neumann. Stefan Eschenauer, Referent des Naturparks Nassau und als „Beisitzer Natur“ Mitglied des erweiterten B-05-Vorstands, ergänzt: „Die geschützten Flächen sind der Rahmen, in den das Areal eingebettet ist.“

„Wir wollen ja kein Rock am Ring da oben.“
Irene Lorisika, bisherige Cafébetreiberin

Irene Lorisika ist es wichtig, dass das B-05 „ein Begegnungsort für alle Bevölkerungs- und Altersgruppen, und damit auch für junge Leute ist“. Dafür sieht sie das Café als Schlüssel. Solange Gäste ihre Musik- und Lichtshows innerhalb des Cafés machten, sei es vom Vertrag gedeckt – und so sei es auch gewesen. „Wir wollen ja kein Rock am Ring da oben“, betont sie. Claudia Kobold, Mitglied des geschäftsführenden Vereinsvorstands, betont, dass auch ihr das Café als „toller Begegnungsort“ am Herzen liege. Die Vorstellungen von Vorstand und Pächterin seien jedoch unvereinbar.

Vereinsmitglied Georg Poell hat am 21. Oktober eine Online-Petition gestartet, deren Ziel er so benennt: „Wir fordern den Vorstand des B-05 auf, die Kündigung des Pachtvertrags für das Café im B-05 mit Irene Lorisika unverzüglich zurückzunehmen.“ Nach rund vier Wochen haben 359 Personen die Petition unterzeichnet. Außerdem wurden in Montabaur 250 Unterschriften auf Papier gesammelt.

Chance für Öffnung?

Der Vorstand erhält seit Bekanntwerden der Kündigung zahlreiche Beitrittsanträge auf Mitgliedschaft im Verein. Viele Beitrittsanträge seien über Lorisika an den Vorstand übermittelt worden. Diese erklärt, es gebe neue Mitglieder, die das B-05-Projekt aktiv mitgestalten wollten: „Sie wollen sich für ein offenes Klima einsetzen und dafür, wieder Dinge auszuprobieren.“ Sie hoffe, dass sich für den Verein daraus die Chance ergebe, sich zu öffnen.

Irene Lorisika betont, sie wolle gern „auf die Sachebene zurückkehren“. Nach ihrer Erfahrung kämen mehr als drei Viertel aller Besucher der Einrichtung zunächst als Cafégäste und besuchen dann auch die Ausstellungen – nur ein knappes Viertel komme als Ausstellungsbesucher und findet dann auch ins Café. „Wenn das Café stirbt, ist das Projekt tot“, ist sie überzeugt.

„Wir übernehmen weiterhin gern die Verantwortung, aber von uns klebt niemand an seinem Amt.“
Gerhard Neumann, Vorstandsmitglied des B-05-Vereins

Der Verein müsse jemanden gewinnen, der sich intensiv um den kulturellen Bereich kümmert, da Lorisika ihr Amt alsBeisitzerin im erweiterten Vorstand kurz nach ihrer Wahl durch die Mitglieder überraschend im Juni 2023 aufgegeben hatte und eine informelle Verständigung zwischen Café und Vorstand zur Koordinierung des Bereichs Kultur ebenfalls gescheitert sei, formuliert der Vorstand. Im Verantwortungsverhältnis gegenüber der Stadt müsse sich der Verein darauf verlassen können, dass die Regeln auch vom Café beachtet würden und ein „Gefühl für die Möglichkeiten besteht“, die das Areal biete.

Vernissage Ende August: Die Ausstellungseröffnung, bei der unter anderem Gustl Früh-Jenner, Beisitzer Kunst im B-05-Verein, sprach, war sehr gut besucht.
Katrin Maue-Klaeser

Für Donnerstag, 21. November, ist eine außerordentliche Mitgliederversammlung angesetzt. Es sind bereits mehrere Anträge für die Tagesordnung eingegangen. Auf der Tagesordnung steht die Aussprache über die Kündigung des Pachtvertrags für das Café, die Abstimmung über die Aufforderung an den Vorstand, die Kündigung zurückzunehmen, aber auch die von einem Mitglied beantragte „Abberufung des Vorstands“, die durch die Wahl eines Nachfolgers für die jeweiligen Posten erfolgen kann. „Wir übernehmen weiterhin gern die Verantwortung, aber von uns klebt niemand an seinem Amt“, spricht Gerhard Neumann für alle Vorstandsmitglieder.

Stadtchefin bietet Unterstützung und hofft auf Einigung

Ein Vermittlungsversuch der Montabaurer Stadtbürgermeisterin Melanie Leicher war nicht von Erfolg gekrönt. Die Bedeutung, die sie dem Gesamtprojekt beimisst, verdeutlicht sie in ihrer Antwort auf die Anfrage unserer Redaktion: „Das kulturelle, naturnahe und nachhaltige Angebot des Vereins B-05 Kunst – Kultur – Natur e.V. ist einzigartig und über die Grenzen des Westerwalds hinaus bekannt. Das Café hat zum Erfolg und zur Beliebtheit des B-05 deutlich beigetragen, die Veranstaltungen bereichern das Kultur- und Bildungsangebot in Montabaur sehr. Als Stadtbürgermeisterin wünsche ich mir, dass bezüglich der Differenzen im Verein eine Einigung erzielt wird, damit zum Saisonbeginn im nächsten Frühjahr ein neuer Anfang möglich ist. Hierzu und zur weiteren Entwicklung erhält der Verein meine Unterstützung.“

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