Von unserer Redakteurin Silke Müller
Das müssen die Richter am Landgericht in Koblenz herausfinden. Seit vergangenem Dienstag sitzt der Mann dort auf der Anklagebank und streitet alles ab (die WZ berichtete). Dem Bericht des Sachverständigen zufolge hat der Angeklagte in der Vergangenheit ähnliche Taten begangen, darunter an den Kindern seiner ersten Ex-Frau. Zuletzt musste er 2009 drei Jahre hinter Gitter wegen sexuellen Missbrauchs an zwei der ebenjenen Kinder seiner zweiten Ex-Frau. Aber auch diese Tat will er nicht begangen haben.
Wie er am Dienstag erläuterte, hätte er nur gestanden, um eine geringere Haftstrafe zu erhalten. In der Verhandlung am Mittwoch jedoch zitierte der Richter aus dem Schreiben eines Gutachters vom 14. Februar 2012, in dem der Angeklagte über zwei Missbrauchsfälle berichtet. Die Vorsitzende Richterin zeigte sich erstaunt darüber, dass er über die Jahre hinweg alles behalten habe und schlussfolgerte: „Es spricht viel dafür, dass Sie nicht immer bei der Wahrheit sind.“ Widersprüchliche Aussagen machte auch seine zweite Ex-Frau, die das Gericht am Mittwoch als Zeugin hörte.
So gab sie an, nachdem die beiden im November 2013 ganze 20 Tage als Ehepaar zusammenlebten, im Dezember 2013 wegen der jüngsten Missbrauchsvorwürfe die Scheidung eingereicht zu haben. Kurz davor hatte sie noch gesagt, dass das Jugendamt sie im Februar 2014 über die Vorwürfe informiert habe. „Dann können Sie im Dezember schlecht wegen der Vorwürfe die Scheidung eingereicht haben“, bemerkte die Vorsitzende Richterin. Daraufhin sagte die Zeugin, sie hätte die Scheidung eingereicht, weil die Kinder weg gewesen seien.
Die drei Jungen und das Mädchen – allesamt von anderen Vätern – hatte das Jugendamt Ende November 2013 in seine Obhut genommen. Sie kamen in Pflegefamilien. „Das Jugendamt wusste nichts zu 100 Prozent – eventuell wegen Missbrauch“, sagte die 36-jährige Mutter. „Das kann nicht sein“, entgegnete die Vorsitzende Richterin. Sie hakte auch nach, ob die Zeugin keine Bedenken gehabt hätte, mit dem Mann nach den ersten Missbrauchsvorfällen wieder zusammenzuziehen und zu heiraten. Schließlich hatte die Frau den Angeklagten damals angezeigt. „Die Kinder haben im Nachhinein gesagt, dass es nicht so gewesen war, nachdem sie mitgekriegt haben, dass er inhaftiert wurde“, sagte die Ex-Frau des Angeklagten. Sie habe daraufhin ihre Anwältin verständigt. „Sie wollte alles Weitere bearbeiten, aber dann habe ich nichts mehr gehört“, berichtete die Zeugin.
„Er hat also unschuldig gesessen, weil Ihre Kinder falsch ausgesagt haben“, merkte die Vorsitzende Richterin an. Der Zeugin zufolge hatten der Angeklagte und sie Anfang 2013 wieder Kontakt aufgenommen. Den Anstoß dazu soll seine Nichte gegeben haben. Daraufhin hätten sie geredet und wären spazieren gegangen. Er soll ihr erzählt haben, dass er eine Therapie gemacht habe und alles wieder gut sei. „Dann kamen wir wieder zusammen“, erzählte die 36-Jährige. Über ihre beiden älteren Kinder sagte sie, dass sie – abhängig von der Laune – auch schon einmal lügen würden. Der Zweitälteste habe auch schon gelogen, aber nicht so schlimm wie der Älteste, gab sie zu Protokoll. Wie das Verhältnis der Kinder zum Angeklagten gewesen wäre, wollte die Vorsitzende Richterin wissen.
„Ganz normal“, antwortete die Frau. Und dennoch stünden die Missbrauchsvorwürfe im Raum, hieß es. Ob der Zeugin dafür ein Grund bekannt sei, fragte die Vorsitzende Richterin weiter. „Weiß ich auch nicht“, lautete die Antwort. In der Verhandlung sagte unter anderem auch der Polizeibeamte aus, der wegen des Missbrauchsvorwurfs von 2013 ermittelt hatte. Der jüngste Sohn habe seiner Pflegemutter von Übergriffen des Angeklagten berichtet, sagte der Beamte aus. Die Vernehmungen haben ihm zufolge dann zum Jahresbeginn 2014 begonnen. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich auch die älteren Brüder offenbart. Der Prozess wird am 15. September fortgesetzt.