Am ersten Prozesstag hatte eine Frau, mit der der 54-Jährige eine Affäre gehabt hat, den Angeklagten schwer belastet und ihn des Drogenhandels beschuldigt. Doch die Aussage verlor an Glaubwürdigkeit, nicht erst, als der Staatsanwalt das Vorstrafenregister der jungen Frau überprüfte und feststellte, dass diese bereits zweimal rechtskräftig wegen Falschaussage verurteilt worden ist.
Am zweiten Verhandlungstag sagten einige Mitarbeiter des 54-Jährigen sowie eine ehemalige Mitarbeiterin der jungen Frau aus, die für einen kurzen Zeitraum während der Pandemie alle zusammengearbeitet hatten. Die Mitarbeiter waren sich einig: Niemand hatte etwas von den angeblichen Betäubungsmittelgeschäften mitbekommen. Auch von der Existenz sogenannter Happy-Tomaten oder von Haschkeksen wussten die Zeugen nichts. „Eigentlich traue ich ihm so was nicht zu“, sagte eine Zeugin ausdrücklich. Für die ehemalige Liebhaberin des Angeklagten hatte die Zeugin indes wenig übrig: „Sie hat versucht, uns gegen ihn auszuspielen, und fragte uns zudem regelmäßig über private Details zu ihm aus.“
Auch einer Polizistin war der enorme Eifer aufgefallen, mit dem die Frau den 54-Jährigen belastet hatte, und der mit Ursache für die Anklage war. Demnach soll der Mann von September 2020 bis Juni 2021 Betäubungsmittel in nicht geringer Menge verkauft und angebaut haben. Neben den vier Cannabis-Stauden, die mutmaßlich auf der Terrasse standen, war er zudem wegen der Aufzucht von vier Stauden in einem Gewächshaus angeklagt, das in der Verbandsgemeinde Wirges steht.
Es gibt Betäubungsmittelprozesse in den unterschiedlichsten Formen. Mal gibt es Angeklagte, die seit vielen Jahren Drogenkonsumenten sind, mal wird über bewaffneten Drogenhandel oder Cannabisplantagen verhandelt.Hanfstauden auf Dachterrasse gestellt, weil sie stinken? Vor Gericht widersprechen sich Zeuginnen
Bereits am ersten Verhandlungstag distanzierte sich der Angeklagte ausdrücklich von den Vorwürfen: „Ich gebe nichts zu, was ich nicht getan habe.“ Die Stauden habe er zum Geburtstag geschenkt bekommen und nicht so recht gewusst, wohin damit, da die Pflanzen einen penetranten Geruch hatten, den der 54-Jährige gar nicht mochte. Also habe er sie an immer verschiedenen Orten platziert und letztlich auch auf der Dachterrasse. Konsumiert habe er die Drogen aber nie.
Letztlich verurteilte das Schöffengericht um Richter Ingos Buss den nicht vorbestraften Angeklagten zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 500 Euro aufgrund des unerlaubten Anbaus von Cannabis. Den Handel mit Drogen, den seine ehemalige Liebhaberin unterstellt hatte, konnte ihm das Gericht dagegen nicht nachweisen. Unklar blieb auch, warum die Frau den 54-Jährigen so schwer belastet hatte – Eifersucht schien als Motiv nicht auszuschließen zu sein.