37-Jähriger hatte sich vor Gericht als Regent seines Heimatlandes bezeichnet - Seit erstem Urteil ist er in psychiatrischer Behandlung, doch Realitätsverlust dauert an
Prozess um den „König von Eritrea“ : Eritreer nennt sich nicht mehr König – aber „gibt auf sein Volk acht“
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Auch weiterhin muss sich ein 37-jähriger Angeklagter, der sich überregional einen Namen als selbst ernannter „König von Eritrea“ gemacht hat, wegen diverser Delikte in Koblenz vor der Zehnten Strafkammer um Richterin Julia Rau am Landgericht verantworten.

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Zur Erinnerung: Bereits im vergangenen Jahr war der Angeklagte zu einem dauerhaften Aufenthalt in der Psychiatrie verurteilt worden. Da es allerdings zu einem fehlerhaften Urteilsspruch kam, verwies der Bundesgerichtshof den Fall an das Landgericht Koblenz zurück.

Dort muss nun die Beweisaufnahme erneut durchgeführt werden. Am zweiten Verhandlungstag stand neben diversen Zeugenaussagen auch die Einlassung des Angeklagten im Vordergrund, der sich zwar nicht mehr als „König“ oder „Präsident“ von Eritrea bezeichnen würde, sich selbst allerdings in dieser Rolle sehr gut vorstellen könnte.

Sexuelle Belästigungen und Schwarzfahren

Wie bereits in der Verhandlung, die vor einem Jahr stattfand, hat der 37-Jährige den größten Teil der Anklageschrift in Zusammenarbeit mit seinem Verteidiger Philipp Grassl geständig eingeräumt. Ihm wird vorgeworfen, eine Mitarbeiterin einer Westerburger Bäckerei umarmt und geküsst zu haben, mehrfach ohne Fahrkarte mit dem Zug gefahren zu sein und eine Kindergartenmitarbeiterin an der Brust angefasst zu haben.

Zudem soll er an einer Grundschule in Mayen auf fremde Kinder gezeigt und dabei den Wunsch geäußert haben, mit den Grundschulkindern „Liebe zu machen“. Die bei diesem Vorfall anwesende Schulleiterin hatte dies bezeugt. Neben einem Diebstahl in einer Apotheke soll er auch in einem Baumarkt verschiedene Gegenstände gestohlen haben, wobei er in einer Jackentasche ein Messer dabei hatte. Einzig die Vorfälle in der Bäckerei und im Kindergarten bestreitet der Angeklagte.

Zustand des Angeklagte besser als vor einem Jahr

Im Vergleich zu seinem Zustand vor einem Jahr macht der Angeklagte heute einen deutlich ruhigeren Eindruck. Beispielsweise spricht er nicht mehr die Zuschauer im Raum an, die er seinerzeit fragte, ob diese entweder eine Frau oder eine Wohnung für ihn hätten. Auch wenn der 37-Jährige angibt, dass er aktuell regelmäßig seine Medikamente nehme, wirkt er indes nicht geheilt.

So gab er in seiner Einlassung an, dass er grundsätzlich der Meinung ist, dass er dazu berechtigt wäre, Gegenstände einfach mitzunehmen, wenn er kein Geld bei sich habe. Dies würde, so der angeklagte Eritreer, daran liegen, dass er ein bekannter Sänger und Dichter sei. Angefangen habe alles in Hadamar-Oberzeuzheim, als er beim Joggen mit dem Singen anfing. Deswegen habe nicht nur der Zug auf ihn gewartet – nein, deswegen dürfe er sogar kostenlos deutschlandweit mit diesem Verkehrsmittel fahren. Die Lieder, die er schreibe, handelten üblicherweise über die Natur, die Liebe und die Schule, wie der 37-Jährige vor Gericht ausführlich berichtete.

Gutachter Dr. Gerhard Buchholz fragte explizit nach, woher er den Spitznamen „König von Eritrea“ habe. Dieser sei seinerzeit als eine Art Scherz entstanden, als er mit anderen Afrikanern zusammensaß. Diese hätten ihm den Spitznamen „König von Eritrea“ gegeben. Auf die Frage des erfahrenen Gutachters sagte der Angeklagte, dass er ein guter König wäre, der immer für sein Volk da wäre und als Oberhaupt seines Landes auch andere afrikanische Länder wie Somalia besuchen würde. Als König würde er auf sein Volk achtgeben und wäre besonders kommunikationsfreudig, sagte er Dr. Buchholz, als dieser nach den nötigen Fähigkeiten eines Königs fragte.

Regelmäßig, wenn der 37-Jährige Musik hört, würde er Stimmen hören, die ihm Befehle gäben. „Ich wurde getrieben“, ließ er über eine Dolmetscherin mitteilen, die dies gleich zweimal übersetzte. So soll eine Stimme ihn unter Druck gesetzt haben und ihm Anweisungen in jeglichen Lebenssituationen gegeben haben. Wenn er daheimbleiben wollte, wies die Stimme ihn beispielsweise an, aufgrund seiner Berühmtheit mit der Bahn umherzufahren. Im Nette-Gut in Andernach nehme er aber mittlerweile Medikamente, wodurch sich bereits eine Besserung eingestellt habe, gab der Eritreer an.

Was, zumindest rein äußerlich betrachtet, der Fall ist. Der Angeklagte macht nicht mehr so einen zerfahrenen Eindruck wie noch vor einem Jahr. Laut seiner eigenen Aussage habe eine Mitarbeiterin des Nette-Guts eine Unterkunft in Wetzlar für ihn organisiert, sofern er nicht zu einem dauerhaften Aufenthalt in der Psychiatrie verurteilt würde.

Die Verhandlung wird am Freitag, dem 3. März, um 10 Uhr vor der Zehnten Strafkammer am Koblenzer Landgericht fortgesetzt.

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