Die Idee, das Montabaurer Rathaus zu einer City-Jugendherberge umzubauen, stößt bei einigen Kreisstädtern, aber auch im Umland auf Kritik. Am Dienstag, 27. Mai, wird das Projekt im Stadtrat diskutiert, die Sitzung beginnt um 19.15 Uhr im Sitzungssaal des zur Rede stehenden Gebäudes.
Bereits im Hauptausschuss hatten sich Zuhörer mit kritischen Fragen zu Wort gemeldet. Einige hatten sie zuvor schriftlich formuliert und unter anderem an rund 50 Haushalte im Umfeld des Konrad-Adenauer-Platzes verteilt. Zu der Hauptausschusssitzung, in der das Vorhaben erstmals öffentlich präsentiert wurde, hatten sich rund zwei Dutzend Zuhörer eingefunden, denen nach der Präsentation durch Planer und Vertreter des Herbergswerks auf Anregung von Peter Hülshörster (CDU) die Möglichkeit eingeräumt wurde, Fragen zu stellen.
„Mit dem Millionenzuschuss wird bestenfalls der Leerstand vermieden.“
Der Montabaurer Oliver Weisbrod sieht in dem Herbergsprojekt keinen Nutzen für die Bürger der Kreisstadt.
Mit einer Frage zur Förderung durch Verbandsgemeinde und Stadt durch Kaufpreisverzicht in Höhe des Verkehrswerts von rund 3,3 Millionen Euro meldete sich Anwohner Oliver Weisbrod zu Wort. Er fragte, ob diese kommunale Investitionsförderung auch früheren Interessenten bekannt gewesen sei. VG-Bürgermeister Ulrich Richter-Hopprich betonte, für die zuvor angedachten Nutzungen als Wohnungen oder Hotelbetrieb sei eine solche kommunale Förderung nicht zulässig – es hätte dafür aber andere Fördertöpfe gegeben, die den Interessenten auch bekannt gewesen seien.
Bereits in dem Rundschreiben an weitere Anlieger hatte Weisbrod weitere Fragen und Kritik geäußert. Im Kern geht es ihm, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung bekräftigt, darum, dass er in dem Projekt keinen Nutzen für die Montabaurer Bürger erkennen kann – aber einige Risiken auf die Steuerzahler zukommen sieht. „Mit dem Millionenzuschuss wird bestenfalls der Leerstand vermieden“, moniert Weisbrod, der zudem befürchtet, falls sich die Jugendherberge nicht rechnen sollte, drohe Montabaur dann doch eine Bauruine.

Der Montabaurer fragt auch, ob sich die Gremien ausreichend mit dem Konzept beschäftigt haben, um jetzt unter „hohem und unnötigem Zeitdruck“ eine so weitreichende Entscheidung zu treffen: „Aus diesem Projekt ergeben sich keine Steuereinnahmen, und auch die Einnahmen für die Region sehe ich nicht in dem genannten Maße fließen.“
Hotelbetreiberin Natalie Mays äußerte während der Sitzung ebenfalls Zweifel: Sie halte die Summe von 49 Euro pro Gast und Tag für unrealistisch, die Jugendherbergsgäste (durchschnittlich) in der Region ausgeben sollen. Stadtbürgermeisterin Melanie Leicher verwies darauf, dass die Zahlen aus einer wissenschaftlichen Erhebung stammten. Eine weitere Frage zielte auf das Parkkonzept der Jugendherberge ab. Richter-Hopprich antwortete, ein solches sei noch nicht entwickelt. Da aber die Parkplätze der Verwaltung mit deren Umzug aus der Tiefgarage Mitte in die Tiefgarage Nord verlegt würden und in Montabaur weitere städtische Parkhäuser geschaffen werden sollten, rechne man nicht mit Beeinträchtigungen. Auf die Befürchtung, dass an heißen Sommertagen 390 Jugendherbergsgäste das Montabaurer Freibad stürmen könnten, hatte Richter-Hopprich eine einfache Antwort: „Die Besucherzahlen sind seit 20 Jahren deutlich rückläufig, wir hoffen also sogar auf eine höhere Auslastung.“
Kritik vonseiten des Familienferiendorfs
Weniger einfach werden die Kritikpunkte von Hanno Heil zu beantworten sein. Der Vorsitzende des Vereins Familienferiendorf Hübingen, das nur 15 Fahrminuten von Montabaur entfernt 230 Betten für Familien und Jugendgruppen bereithält, fragt: „Gibt es eine valide Bedarfsanalyse für zusätzliche 390 Betten in dieser Region?“ Dabei hat er auch das Karlsheim in Kirchähr im Blick, wo weitere 110 Betten auf Belegung warten.
Heil hebt hervor, dass es in der Präsentation um den Verkauf der Immobilie, die Steigerung des Einzelhandelsumsatzes, neue Arbeitsplätze und hohe Umsatzzahlen dank ICE-Anbindung gehe – von den Bedürfnissen von Kindern, Jugendlichen und Familien hingegen sei nichts zu finden. Dabei werde das Jugendherbergswerk im Wesentlichen von Bundes- und Landesjugendministerien finanziert.
Vereinszweck des Jugendherbergswerks
Aus der Vereinssatzung: „Zweck des Vereins ist die Förderung der Jugendhilfe, der Völkerverständigung sowie des Umwelt- und Landschaftsschutzes. Verwirklichung des Vereinszwecks: (1) Der Verein ist vor allem für junge Menschen aus aller Welt tätig, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, ihrer ethnischen Herkunft, Religion, Weltanschauung oder politischen Partei und dient dem gegenseitigen Verständnis und friedlichen Miteinander der Völker. (2) Zur Verwirklichung seines Zweckes fördert er insbesondere: 1. Die Einrichtung und Führung von Jugendherbergen für junge Menschen. 2. Die Begegnung junger Menschen und Familien auf Wanderungen und Reisen, ihre Verbindung zur Natur, ihr Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein, ihre Persönlichkeitsentwicklung sowie Möglichkeiten der Freizeitgestaltung durch Sport, Spiel, Gespräche und gemeinsame Aktionen. 3. Eine Nachhaltigkeit bei Bau, Einrichtung, Bewirtschaftung und Programmangeboten von Jugendherbergen.“