Dabei sah die Welt im Familienferiendorf in Hübingen vor einem guten halben Jahr noch düster aus (wir berichteten). Das 55 Jahre alte Urlaubsdomizil muss dringend saniert werden: Die Dächer der Ferienhäuser werden undicht, ein intelligentes Heizsystem soll die steigenden Energiekosten eindämmen. Doch die Bundesregierung hatte beschlossen, solche Sanierungen nicht mehr zu fördern – dem Familienferiendorf drohte das Aus.
„Im Moment sind die Dächer noch dicht“, sagt Hanno Heil, Vorsitzender des Vereins Familienferiendorf Hübingen, und zeigt auf die mit Bitumen gedeckten Reihengebäude. An manchen Stellen wirft die schwarze Abdeckung allerdings schon Blasen.Bundeskabinett beschließt Kürzungen: Nun droht dem Familienferiendorf Hübingen das Aus
Daraufhin machten Heil und Nagel mit Mitarbeitern und Besuchern des Dorfs mobil. Sie schrieben die hiesigen Politiker an, sprachen mit den regionalen Medien, kontaktierten mögliche Sponsoren, sammelten Unterschriften. Auf Bundesebene starteten die Familienferiendörfer im Verband eine Kampagne, um gegen den Haushaltsbeschluss zu demonstrieren. Mit Erfolg: Parteiübergreifend hätten sich Politiker engagiert, viele Medien, auch unsere Zeitung, hätten berichtet und so dafür gesorgt, dass immer noch 1,25 Millionen Euro für Bau- und Sanierungsmaßnahmen für die Ferieneinrichtungen im Bundeshaushalt vorgesehen sind, bringen es die beiden Männer auf den Punkt.
„Das rheinland-pfälzischen Familienministerium hat schon signalisiert, dass es zu seinen Beiträgen steht.“
Hausleiter Michael Nagel
„Die Strategie ist aufgegangen“, erklärt Michael Nagel froh. „Der Haushaltsbeschluss des Bundes ist rechtskräftig veröffentlicht“, ergänzt Hanno Heil zufrieden. Die Auftragsvergabe erfolge im Westerwald, macht der Hausleiter deutlich. „Die Partizipation ist regional“, so Nagel. Sie hätten nun wieder Gespräche mit dem Bund aufgenommen und auch mit dem rheinland-pfälzischen Familienministerium. „Das hat schon signalisiert, dass es zu seinen Beiträgen steht“, sagt Michael Nagel. Denn bei Sanierungen gebe es weiterhin die Regelung, dass ein Drittel der Kosten der Bund, ein Drittel das Land und ein Drittel die Einrichtung tragen, erklären die beiden Männer.
Der Beschluss des Bundeskabinetts bedeutet, dass in Hübingen nun zuerst das Heizsystem und Infrarotheizkörper für die 36 Ferienhäuser in Angriff genommen werden können. Die Angebote dafür lägen bereits vor. Knapp 700.000 Euro soll es für alle Ferienhäuser insgesamt kosten. Die Angebote müssten den Geldgebern vorgelegt werden, die die Aufstellungen vor der Zusage dann gründlich prüfen würden, wissen Nagel und Heil. Dennoch hofften sie, im November mit den Arbeiten beginnen zu können, gibt sich der Vorsitzende optimistisch.
Neben Sponsoren erführen sie auch von den ausführenden Firmen Unterstützung, berichtet Michael Nagel. So habe ein Betrieb, der für die dringend notwendige Sanierung der Außentreppe angefragt war, ein Angebot abgegeben. Bei diesem Angebot habe der Unternehmer ein Drittel als Spende abgezogen, weil seine Kinder bereits im Familienferiendorf schöne Tage verbracht hatten.
Durch den Erhalt des Haushaltstitels sei es ihnen zudem wieder möglich, auf Sponsoren zuzugehen, so Hanno Heil. Denn private Geldgeber und Unternehmen sind seit jeher wichtig für den Erhalt der gemeinnützigen Einrichtung. Schon in der Vergangenheit habe das Familienferiendorf vieles mit Spenden umgesetzt, berichtet Michael Nagel. „Ohne diese Gelder wären die Häuser nicht mehr da“, macht Heil deutlich.
Die Familienerholung sei ein wichtiger, leistungsfähiger und tragender Bestandteil der sozialen Infrastruktur Deutschlands, begründet die Bundesarbeitsgemeinschaft Familienerholung ihre Petition. Um die Einsparungen zu verhindern, sprechen die Verantwortlichen in Hübingen weitere Politiker an, ...„Das Familienferiendorf wird bestehen bleiben“: Hübingen bekommt Unterstützung von Verband und Politik
Deshalb gebe es zum Beispiel Themenhäuser wie das zu Katharina Kasper, wo private Geldgeber die Innensanierung bezahlten und deshalb die Gestaltung mit beeinflussen konnten (wir berichteten). Auch über ein Angebot für Unternehmen, die ihre Meetings in den großen Räumen abhalten und den Familien der Mitarbeiter gleichzeitig eine Auszeit gönnen könnten, dächten sie nach, erzählt Michael Nagel.
Zudem seien diese Spenden wichtig, damit die Preisgestaltung so bleiben könne, dass sich auch benachteiligte Familien den Aufenthalt nach wie vor leisten können, sind sich die beiden Führungskräfte einig. Denn: „Gegenüber den Gruppen haben wir die Preissensibilität ausgereizt“, sagt Heil.
Heißt: Preiserhöhungen könnten gerade die Personengruppen ausschließen, denen das Familienferiendorf eine Möglichkeit zur Teilhabe gibt. Und so wird deutlich, dass mit der Entscheidung, die Zuschüsse zur Sanierung zu erhalten, zwar ein Stein beiseitegeschafft wurde, das Thema Geld im Familienferiendorf aber weiterhin ein zentrales bleiben wird.
700 000 Euro etwa werden das intelligente Heizungssystem und die Infrarotheizungen für die 36 Ferienhäuser im Familienferiendorf in Hübingen kosten.