Der Grund für dieses ungewöhnliche Vorgehen ist der Umstand, dass weder bei der Kommunalwahl am 9. Juni noch in der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates ein Bewerber für das Amt des Ortsbürgermeisters zur Verfügung stand. Laut Kreisverwaltung ist die Bestellung eines solchen Beauftragten eher selten erforderlich. Ein Fall wie jetzt in Mündersbach sei im Westerwaldkreis seit 2014 nicht mehr vorgekommen.
Häufig macht der „Alte“ weiter
In vielen Fällen führt, wenn zunächst kein neuer Ortschef gefunden werden kann, der alte, scheidende Bürgermeister die Amtsgeschäfte kommissarisch fort, damit die Gemeinde handlungsfähig bleibt. Da jedoch in Mündersbach sowohl die Ortsbürgermeisterin als auch die Beigeordneten ihre Ämter zum 30. Juni beziehungsweise 2. Juli niedergelegt sowie um Entlassung aus dem Ehrenbeamtenverhältnis gebeten haben und die Posten der Beigeordneten ebenfalls bislang nicht wieder besetzt werden konnten, hat die Kommunalaufsicht – auf Bitte der Verbandsgemeinde Hachenburg – Marco Dörner (befristet bis zur Wahl eines neuen Ortschefs) zum Beauftragten in der Funktion des Ortsbürgermeisters für Mündersbach bestellt.
Dörner tritt damit in alle Rechte und Pflichten eines Ortsbürgermeisters ein. So kann er etwa für die Gemeinde Verpflichtungserklärungen abgeben und Verwaltungsakte erlassen – kurzum alles tun, was ein Ortschef tun könnte. In der Praxis werde sich die Tätigkeit des Beauftragten jedoch auf die Wahrnehmung nicht aufschiebbarer Aufgaben beschränken, wie etwa das Begleichen von Rechnungen, die Ausführung von Beschlüssen des Rates oder sonstige regelmäßig anfallende Aufgaben der laufenden Verwaltung, betont die Kreisverwaltung auf Anfrage unserer Zeitung. Damit werde der Beauftragte zwar als Verwalter, nicht aber als Gestalter tätig. Der Gestaltungsspielraum werde vom Gemeinderat auszufüllen sein, ergänzt die Kommunalaufsicht.
Beauftragter wird häufig nur für einzelne Aufgaben bestellt
Die Bestellung eines externen Beauftragten, der die kompletten Rechte und Pflichten eines Ortsbürgermeisters übernimmt, ist laut Kreisverwaltung eher selten erforderlich. Was jedoch häufiger vorkomme, sei, dass ein Beauftragter nur für einzelne Aufgaben bestellt werde, wenn der Ortschef und/oder Gemeinderat rechtlich oder tatsächlich an der Erfüllung ihrer Befugnisse gehindert seien. So könne es in kleineren Gemeinden vorkommen, dass ein Beauftragter bestellt werde, wenn die erforderliche Mehrheit für die Beschlussfassung über einen Bebauungsplan nicht zustande kommen könne. Das sei etwa dann der Fall, wenn zu viele Ratsmitglieder wegen Sonderinteresses (laut Gemeindeordnung) von der Beratung und Beschlussfassung eines bestimmten Themas ausgeschlossen seien. nh
Wie Aloysius Söhngen, Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz, auf Anfrage erläutert, muss ein Beauftragter Beamter sein und die notwendige fachliche Eignung besitzen. Für Ortsgemeinden komme hierfür in erster Linie der Bürgermeister einer Verbandsgemeinde oder ein anderer Beamter der VG-Verwaltung in Betracht.
In regelmäßigen Abständen muss nun der Punkt „Wahl eines Ortsbürgermeisters“ auf die Tagesordnung einer Ratssitzung gesetzt werden, informiert Söhngen weiter. Ziel sei es, auf diesem Wege einen Kandidaten zu finden, der durch den Gemeinderat gemäß Gemeindeordnung gewählt werden kann. Da der Beauftragte nur verwalten, aber nicht gestalten (also keine Projekte initiieren und den Ort entwickeln) darf, sei der Gemeinderat in dieser Situation, nach Auskunft von Söhngen, wesentlich mehr gefordert als sonst, um Stillstand zu verhindern.
Keine maximale Dauer festgesetzt
Auch wenn es keine gesetzlich vorgeschriebene maximale Dauer für den Einsatz eines Fremdverwalters gibt, birgt die dauerhafte Beauftragung laut dem Vorsitzenden des Gemeinde- und Städtebundes die Gefahr, „dass nicht die erforderliche Innovationskraft entfaltet werden kann – es fehlen ja insoweit die Macherinnen und Macher vor Ort, die die anderen Menschen mitnehmen können, den Zusammenhalt stärken und Projekte vorantreiben“. Hier müsse man genau hinschauen, was die Gründe für das Fehlen eines Bürgermeisterkandidaten seien. „Bedenken bezüglich des Aufwands können sich vielleicht ausräumen lassen, indem die vorhandenen Entlastungsmöglichkeiten besser ausgeschöpft werden“, erklärt Söhngen.
Bereitschaft zum Ehrenamt nimmt ab
Laut einer Pressemitteilung des Landeswahlleiters gab es bei der Kommunalwahl am 9. Juni landesweit in 367 Ortsgemeinden keinen Kandidaten für das Amt des Ortsbürgermeisters. Diese würden nun im Zuge der sogenannten Ratswahl nachgewählt, teilt Aloysius Söhngen, Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes RLP, mit. Dies sei nach Kommunalwahlen keineswegs ungewöhnlich. Die Ratswahlen finden nun in den nächsten Wochen beziehungsweise (aufgrund der Sommerferien) Monaten statt. Erfahrungsgemäß werde danach die Anzahl an Gemeinden ohne Ortschef nochmals deutlich abnehmen. Im Vergleich zur Kommunalwahl 2019 hätten die Fälle der Ratswahl jedoch zugenommen, berichtet Söhngen. Die Ursachen dafür werde man sich nochmals genau anschauen, kündigt er an. Generell nehme der Gemeinde- und Städtebund wahr, dass es zunehmend schwieriger sei, Menschen für die Kommunalpolitik zu begeistern. „Das bereitet uns ernste Sorgen. Wichtig ist daher, dass wir alles daransetzen, die großen Hemmschuhe von überbordender Bürokratie und Finanznot der Kommunen loszuwerden. Wir hoffen nicht, dass sich die Fälle von Beauftragungen häufen werden“, sagt Aloysius Söhngen. nh
Es könnten etwa zusätzlich Beigeordnete mit Geschäftsbereich gewählt und so die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt werden. „Auch muss die Ortsgemeinde nicht jede Aufgabe selbst machen. So kann der Bereich der Kindertagesbetreuung auch auf die Verbandsgemeinden übertragen werden“, fügt Söhngen ein praktisches Beispiel an, über das in der Verbandsgemeinde Hachenburg bereits laut nachgedacht wird, wie Bürgermeisterin Gabriele Greis bestätigt. In der VG Westerburg etwa können Ortsgemeinden seit einigen Monaten bereits die Kita-Trägerschaft an die Verbandsgemeinde abgeben – wenn gewünscht.
Wenn sich dauerhaft kein Ortsbürgermeisterkandidat finde, so Söhngen, sei dies ein eindeutiges Warnsignal, dass etwas an der Struktur nicht stimme. Gerade wenn fehlende Finanzkraft gebündelt mit fehlenden Einnahmequellen und Strukturproblemen des ländlichen Raums zusammenfalle, müssten Lösungen mit dem Land gefunden werden, spricht sich der Vorsitzende des Gemeinde- und Städtebundes für einen allgemeinen Ansatz – unabhängig vom Fall Mündersbach – aus.
Die Bestellung eines Beauftragten dürfe immer nur eine Übergangslösung sein, denn echte kommunale Selbstverwaltung lebe davon, dass Menschen ihren Ort aktiv mitgestalten. „Unser System der Ortsgemeinden hat sich in Rheinland-Pfalz gerade aufgrund ländlicher Struktur bewährt, denn Ortsgemeinden schaffen Bürgernähe. Diese ist für unsere Demokratie überlebenswichtig“, so Söhngens Appell.
Emmerzhausen. Unter einer ähnlichen Situation wie Mündersbach leidet Emmerzhausen im Kreis Altenkirchen seit dem 15. Januar. Der damalige Ortsbürgermeister, Volker Schüler, trat damals mit Verweis auf die zunehmenden Einschränkungen in der Amtsausübung überraschend in öffentlicher Sitzung zurück.Emmerzhausen: Beauftragter muss weiter ran