Was das Gebiet so bedeutsam und erhaltenswert macht und wie der Nauberg künftig genutzt wird, machten Experten der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord und des Forstamts Hachenburg anlässlich der öffentlichen Vorstellung des Naturschutzgebietes mit Umweltministerin Katrin Eder deutlich.
153 verschiedene Totholzkäferarten
„Ich habe schon viele Wälder weltweit gesehen: Hier im Nauberg mit seinem alten Buchenwald auf Blockschutthalden aus Basalt geht einem wirklich das Herz auf“, schwärmte die Ministerin. Tatsächlich, so führte der Biologe und SGD-Artenschutzreferent Volker Hartmann aus, leiste das Gebiet einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität: Schwarzstorch und Grauspecht seien hier ebenso zu Hause wie Feuersalamander oder besondere Schnecken-, Spinnen- und Insektenarten. Insgesamt könne von 6000 bis 8000 verschiedenen Arten – großen und kleinen – in solchen Buchenbeständen ausgegangen werden. Allein 153 Totholzkäferarten werden hier laut Hartmann vermutet.
Zudem komme dem neuen Naturschutzgebiet eine besondere Bedeutung als Wasserreservoir zu. Der Forst hat bereits einige Maßnahmen zum weiteren Wasserrückhalt im Wald durchgeführt. Die Bäume im Nauberg sind im Durchschnitt 160 bis 180 Jahre alt, es gibt aber auch Exemplare, die es auf 300 bis 400 Jahre bringen. Die Schutzwürdigkeit des Naubergs als unzerschnittener Laubwaldbereich sei immer weiter gestiegen, sagte Ministerin Eder.
Gerade auf die Bedeutung als Wasserreservoir hob auch der Präsident der SGD-Nord, Wolfgang Treis, ab. Insbesondere in Zeiten des Klimawandels seien solche Areale wichtig. Deshalb dankte er allen Beteiligten, insbesondere der BI, die für die Ausweisung als Naturschutzgebiet gekämpft haben. Zugleich wies Treis darauf hin, dass innerhalb des Verfahrens lange über eine mögliche Entschädigungszahlung an die Basalt AG diskutiert worden sei, die das Gelände vor Jahren gepachtet hatte, um hier Gestein abzubauen.
Grundsätzlich könne das Unternehmen zwar noch eine Normenkontrollklage gegen das Naturschutzgebiet anstreben, da er aber bislang keine Reaktion der Basalt AG vernommen habe, gehe er davon aus, dass es dazu nicht komme, betonte Treis. Die Eckdaten des neuen Naturschutzgebietes hatte zuvor SGD-Referatsleiterin Muriel Schmitz vorgestellt: Insgesamt umfasst das Areal eine Fläche von 425 Hektar, die Kernzone hat eine Größe von 105 Hektar.
Vom wilden Wald lernen
Diese Kernzone wird komplett aus der forstlichen Bewirtschaftung genommen. Indem die Natur sich hier selbst überlassen wird, so machte die Leiterin des Forstamtes Hachenburg/Waldbildungszentrum, Monika Runkel, deutlich, entstehe eine Referenzfläche, die es Waldfachleuten ermögliche, Hinweise für einen künftigen, klimaresilienten Forst zu gewinnen. „Die Kernzone ist für uns wichtig zum Lernen“, erklärte Runkel.
In der Pufferzone erfolgt eine naturnahe Bewirtschaftung, denn man wolle ja nach wie vor Holz, „einen äußerst intelligenten Rohstoff, gewinnen. Die Entnahme von Bäumen werde generationengerecht umgesetzt, sodass auch nachfolgende Generationen den Wald am Nauberg genießen könnten. Dass es neben der dominierenden Buche noch zahlreiche weitere Baumarten wie Zitterpappel und Roterle im Nauberg gibt, berichtete Revierförster Andreas Schäfer. Die aus der Beobachtung und Bewirtschaftung gewonnenen Erkenntnisse sollen in eine interdisziplinäre Bildungsarbeit einfließen, um Lösungen für die Zukunft zu finden, so Schäfer und Runkel.
Die BI dankt allen Unterstützern
BI-Sprecher Klaus Wilhelm erinnerte in seiner Ansprache an den langen und kurvenreichen Weg, der schließlich zur Sicherung des Naubergs geführt habe. Man habe als Initiative immer sachlich und nie polemisch argumentiert, auch wenn mancher Landespolitiker im Laufe der Jahre mit seiner Meinung zu dem Gebiet einige Wendungen hingelegt hätte. Umso dankbarer sei er allen BI-Mitgliedern sowie den Naturschutzverbänden, allen voran der Naturschutzinitiative um ihren Vorsitzenden Harry Neumann, für ihre langjährige Unterstützung.
Naturschutzinitiative (NI) fordert: Auch Stegskopf muss Naturschutzgebiet werden
In einer Pressemitteilung begrüßt die Naturschutzinitiative (NI) die Ausweisung des Naubergs als Naturschutzgebiet. Der Schutz und die Förderung der Biodiversität seien gemeinsam mit dem Erhalt der (alten) Wälder und der Lebensräume für Menschen und Tiere die wichtigsten Faktoren, um der ökologischen Krise zu begegnen, heißt es. „Wir freuen uns, dass der Nauberg vor einer Industrialisierung durch den geplanten Basaltabbau gerettet werden konnte. Er kann von nun an einen Beitrag zu mehr Waldwildnis leisten. Dazu gehört auch, dass die an das Naturschutzgebiet angrenzenden Lebensräume nicht durch die Errichtung von Windindustrieanlagen zerstört werden. Ansonsten werden die Schutzzwecke des neuen Naturschutzgebietes konterkariert“, so der NI-Landesvorsitzende Harry Neumann und der NI-Naturschutzreferent Immo Vollmer.
Gleichzeitig erklären sie, dass der Nauberg ohne das Bündnis aus Bürgerinitiative und NI „längst zum Industriegebiet geworden“ wäre.
In einem nächsten Schritt fordert die NI vom Landesumweltministerium nun auch die Ausweisung des Nationalen Naturerbes Stegskopf als Naturschutzgebiet auf seiner gesamten, fast 2000 Hektar großen Fläche. Nur dadurch könnten das nationale Tafelsilber sowie die europäischen FFH- und Vogelschutzgebiete dauerhaft gesichert werden. „Wir dürfen Wildnis und deren Schutz nicht nur im Regenwald einfordern, sondern müssen ihn auch bei uns umsetzen“, schreibt Wildkatzenexpertin Gabriele Neumann in der Pressemitteilung. nh