Hinter den Weinbauern aus dem Kreis Ahrweiler liegen harte Monate. Ihre Rebstöcke wurden teilweise zerstört und viele Häuser so stark beschädigt, dass sie noch immer unbewohnbar sind. Wochenlang gab es kein Gas, und das Trinkwasser war nicht nutzbar.
Doch die Winzer haben sich nicht entmutigen lassen. Im Gegenteil: Sie schmieden sogar Expansionspläne. Die neue Weinhandlung in den ehemaligen Räumlichkeiten der „Buchhandlung am Rathaus“ am Konrad-Adenauer-Platz soll nicht etwa eine Notunterkunft sein. Die Genossenschaft sieht in ihr vielmehr ein zusätzliches Standbein, das dauerhaft der Vermarktung des Ahrweins im Westerwald dienen soll.
Pläne, eine weitere Vinothek zu eröffnen, habe man schon länger geschmiedet, berichtet Vertriebsleiter Vivien Greber im Gespräch mit unserer Zeitung. Bislang konzentrierte sich die Genossenschaft bei ihrer Vermarktung aber überwiegend auf die unmittelbare Ahrregion. Die dortigen zwei Vinotheken brachten etwa 50 Prozent des Jahresumsatzes der 600 beteiligten Winzer, erklärt Greber. Der Rest wurde über den Einzelhandel und im Internet verkauft. Eine zusätzliche Weinhandlung außerhalb des Ahrtals war demnach schon vor der Flut ein Thema.
Tatsächlich sorgte jedoch die Katastrophe im Juli dafür, dass das Vorhaben nun rasch in die Tat umgesetzt wurde. Die Vinothek der Genossenschaft in Dernau wurde in jener Nacht komplett überflutet. „Das Wasser stand dort bis fünf Zentimeter unter die Decke“, berichtet Greber. Die Räumlichkeiten werden noch Monate nicht nutzbar sein.
Der Kontakt zur Dagernova ging dann von der Vermieterin des Geschäfts in Montabaur aus: Diese meldete sich bei den Weinbauern, um ihnen eine Notunterkunft anzubieten – doch daraus wurde schnell mehr. Das urige Ladenlokal mit seinem alten Kellergewölbe gefiel den Winzern so gut, dass sie es als Standort für eine dauerhafte Vinothek auswählten.
Anschließend ging alles sehr schnell, berichtet der Vertriebsleiter. In nur sieben Wochen wurde die Weinhandlung aufgebaut und eingerichtet. Die Vermieterin, die Handwerker und die Verantwortlichen bei der Stadt Montabaur seien der Winzergenossenschaft sehr entgegengekommen, lobt Greber.
Im Ahrtal freilich ist man noch weit von einem Normalbetrieb entfernt. Dort gibt es zwar inzwischen auch eine Behelfsvinothek, um den Ausfall in Dernau zu kompensieren. Vor allem die Herstellung des 2021er-Jahrgangs machte jedoch erhebliche Probleme. In den ersten Wochen nach der Flut musste zunächst die eigentlich erforderliche Arbeit in den Weinbergen ausfallen, was dort weitere Schäden zur Folge hatte. Beim Verarbeitungsprozess fehlten dann später Gas und sauberes Wasser.
Letzteres war zunächst kontaminiert und anschließend so stark gechlort, dass es sich nicht für die Verarbeitung eignete. Zumindest die vergleichsweise hohe Auspressquote habe aber ein wenig für die Einbußen entschädigt, berichtet Greber. Inzwischen sind trotz der Schwierigkeiten Weine aus dem Flutjahrgang im Handel.
In Montabaur hoffen die Ahrwinzer nun noch auf ein gutes Weihnachtsgeschäft und einen versöhnlichen Abschluss eines ansonsten schlimmen Jahres. Sofern die Corona-Lage ihnen keinen Strich durch die Rechnung macht, freuen sich die Weinbauern auf viele neue Kunden und Gesichter.