Rodungen am Erbach
Naturschutz oder Naturfrevel bei Dreikirchen? 
Markus Duchscherer sagt zu den massiven Fällungen am Bachlauf und darüberliegenden Heckenrodungen bei Dreikrichen Richtung Obererbach, dass es sich dort laut Geoportal sogar um ein FFH-Gebiet handelt.
Markus Duchscherer

An der Straße von Weroth nach Hundsangen und unterhalb von Dreikirchen haben  Baumfällarbeiten stattgefunden. Sind diese Fällungen rechtens? 

An der Straße von Weroth nach Hundsangen haben am Erbach umfangreiche Baumfällarbeiten stattgefunden. Markus Duchscherer hat das beobachtet und fragt sich, ob diese „radikalen Arbeiten mit dem Naturschutz vereinbar“ sind. Er kann nicht verstehen, dass der „Mensch in unserem dicht besiedelten Deutschland nahezu überall eingreift und der Natur fast keinen Raum lässt“.

Der Erbach, so schildert er weiter, verläuft in diesem Bereich durch eine Landschaft mit vielen Feldern, die unter anderem aufgrund des nahe gelegenen Milchviehbetriebes mit etwa 200 Kühen sehr intensiv bewirtschaftet werde. „Der Erbach schlängelt sich hier hindurch und ist dort nahezu der letzte Rest an Natur“, so Duchscherer weiter. Doch nun sei der Bewuchs am Rand mit großen bodenverdichtenden Maschinen auf einer erheblichen Länge nahezu völlig abrasiert worden. Dabei sollte der Bach, der im Sommer immer öfter trocken liege, wo immer möglich in Ruhe gelassen werden und sich auch mal durch umfallende Bäume ein wenig aufstauen können. Nun sei dieser Bereich im Sommer der Sonne nahezu voll ausgesetzt.

Markus Duchscherer kritisiert die massiven Fällungen am Bachlauf und darüberliegenden Heckenrodungen bei Dreikrichen Richtung Obererbach.
Markus Duchscherer

Deshalb hat sich Duchscherer nicht nur an unsere Zeitung gewandt, sondern auch an die Untere Naturschutzbehörde des Kreises. Denn seiner Meinung nach ist dort Natur zerstört worden. Außerdem hat er gesehen, dass die Fällungen am Bachlauf nicht nur oberhalb von Dreikirchen vorgenommen wurden, sondern auch am Ortsrand unterhalb von Dreikirchen Richtung Obererbach. Dabei sei auch eine schöne Wiese stark malträtiert und verdichtet worden sowie ein ganzer Heckenbereich gerodet. Er fragt sich, ob diese Eingriffe in die Natur rechtens sind, oder ob nicht vom Verursacher erhebliche Wiedergutmachungen gefordert werden müssten, beispielsweise in Form von Wiederanpflanzungen von Bäumen und Sträuchern? Zumal ein Blick in das Geoportal zeige, dass die Fällungen am Bachlauf und die Heckenrodungen bei Dreikirchen Richtung Obererbach auf einem FFH-Gebiet stattfanden.

Wir haben bei der Ortsgemeinde Dreikirchen, der Kreisverwaltung und der Will und Liselott Masgeik-Stiftung nachgefragt und wollten wissen, ob diese Maßnahmen mit dem Naturschutz vereinbar sind, ob sie von der Ortsgemeinde beauftragt wurden und inwiefern sie im Zusammenhang mit dem Hochwasser-Starkregenkonzept der VG Wallmerod stehen. Die Antworten sind ernüchternd: Seitens der Ortsgemeinde teilte Ortsbürgermeister Volker Hannappel mit, dass er „aufgrund des laufenden Verfahrens keine Auskunft erteilen“ könne. Auch die Kreisverwaltung bittet um Verständnis, ebenfalls aufgrund des laufenden Verfahrens die Fragen nicht beantworten zu können. Um welches Verfahren es dabei geht, bleibt offen.

Auf der Homepage des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität steht als Antwort auf die Frage, welche Folgen ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot in Natura 2000-Gebieten haben, dass solche Verstöße unzulässig sind (§§ 33, 34 BNatSchG): Die zuständigen Behörden können die Wiederherstellung des früheren Zustandes oder Kompensationsmaßnahmen anordnen. Ist ein Umweltschaden eingetreten, hat der Verantwortliche auch die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen. Unter Natura 2000 versteht man ein staatenübergreifendes Netz besonderer Schutzgebiete innerhalb der Europäischen Union. Das Natura 2000-Schutzgebietsnetz besteht aus Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH) und Vogelschutzgebieten (VSG).

Bislang bleibt damit offen, warum die Arbeiten durchgeführt wurden und ob sie mit dem Naturschutz vereinbar sind, um welches Verfahren es sich konkret handelt und ob ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot vorliegt. Dann wäre die Frage, inwieweit eine Wiedergutmachung überhaupt möglich ist und wie diese aussehen könnte.

Folgende Maßnahmen sind vom 1. März bis 30. September verboten:

Naturschutzreferent Philipp Schiefenhövel weist darauf hin, dass es vom 1. März bis zum 31. September verboten ist:

1. die Bodendecke auf Wiesen, Feldrainen, Hochrainen und ungenutzten Grundflächen sowie an Hecken und Hängen abzubrennen oder nicht land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich genutzte Flächen so zu behandeln, dass die Tier- oder Pflanzenwelt erheblich beeinträchtigt wird,

2. Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen,

3. Röhrichte zurückzuschneiden,

4. ständig wasserführende Gräben unter Einsatz von Grabenfräsen zu räumen, wenn dadurch der Naturhaushalt, insbesondere die Tierwelt erheblich beeinträchtigt wird.

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