Ausstellung in Molsberg
Nature Pulse – der Herzschlag der Landschaft
Zahlreiche interessierte Besucher trafen sich in der Scheune zur Ausstellungseröffnung von „Nature Pulse“.
Andreas List

Oft wird unterschätzt, was die vermeintliche Provinz an Kunstverständnis und Begegnungsmöglichkeiten zu bieten hat. Eine Gemeinschaftsausstellung in Molsberg darf als positives Beispiel betrachtet werden.

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Ein leiser Pulsschlag geht durch die Landschaft: „Nature Pulse“ heißt die neue Ausstellung der Emmanuel Walderdorff Galerie in Molsberg. Der Titel klingt wie ein Herzschlag im Unterholz – zart, aufmerksam, lebendig. Die Galerie zeigt Werke von sieben zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern, die sich auf je eigene Weise dem Thema Natur nähern – als Gegenüber, Erinnerungsbild oder abstraktes Prinzip.

Wer das Hofgut Molsberg im Westerwald betritt, wird nicht in einen neutralen White Cube geführt, sondern in ein Gefüge aus Ausstellungsscheune, alten Stallungen und weiten Blicken in die Landschaft. Hier brüten Rotschwänzchen neben der Kunst, Falken nisten im Giebel, Rehe durchqueren den Hof. Die Natur ist nicht Kulisse, sondern Mitspielerin.

Spannende Kunstwerke von sieben Künstlerinnen und Künstlern.
Emmanuel Walderdorff

Zur Eröffnung der neuen Ausstellung begrüßte Galerist Emmanuel Walderdorff die Gäste mit einem charmanten Hinweis auf die tierischen Nachbarn – und auf drei der ausstellenden Künstler, die anwesend waren: Liv Jung-König, Ansgar Skiba (beide das erste Mal in der Galerie) und Ralf Witthaus. Gemeinsam mit Svätopluk Mikyta, Alexander von Schlieffen, Attila Szűcs und Philipp Schönborn bilden sie ein spannungsreiches Ensemble. Der slowakische Künstler Svätopluk Mikyta eröffnet mit einer poetischen Installation aus weiß getünchten Haselnussstöcken und Vogelnestern. Diese hat er in flüssiges Porzellan getaucht – beim Brennen verschwand das Original. Was bleibt ein fragiles Abbild der Natur: ein zarter Wald aus Erinnerung und Form.

Eindrücklich auch Philipp Schönborns Lichtinstallation „Petrus“. In 35 Leuchtkästen führt sie eine Gletscherwanderung in der Silvretta nach – vom Aufbruch bis zum Gipfel. Die Fotografien zeigen Gestein, das jahrtausendelang unter Eis verborgen lag – eine stille, berührende Dokumentation von Schönheit und Klimawandel zugleich.

Kunst und Natur

Alexander von Schlieffen bringt mit „How high the moon“ eine geheimnisvolle Nachtlandschaft ins Spiel. Der Blick verliert sich zwischen Spiegelung und Realität – Wasser, Licht und Schatten verschmelzen. Eine stille Hommage an das Unsichtbare. Ansgar Skiba, bekannt für seine „Nocturne“-Serie, zeigt zwei filigrane Nachtansichten – keine Malerei im klassischen Sinn, sondern Zeichnungen aus feinen Linien und Punkten. Selbst der dunkle Mond besteht aus ziselierter Struktur – grafische Verdichtung wird hier zum Nachthimmel. Liv Jung-König wiederum malt aus der Erinnerung. Ihre Landschaften entstehen nicht nach fotografischer Vorlage, sondern aus dem inneren Bild. Eine große Tanne aus dem elterlichen Garten, ein flüchtiger Blick aus dem fahrenden Auto – ihre Malerei ist Erinnerung in Farbe. „Der Dialog von Kunst und Natur funktioniert auch umgekehrt“, sagt Emmanuel Walderdorff. Kunst kann Erinnerungen an Natur wecken.

Attila Szűcs zeigt mit „Hill“ eine ungewöhnlich abstrahierte Landschaft. Sonst eher figurativ, schafft er hier einen massiven Berg in untergehender Sonne – eine Seltenheit in seinem Werk und gerade deshalb bemerkenswert. Der Zeichner Ralf Witthaus, bekannt als „Rasenmäherkünstler“, überzeugt mit kleinen Arbeiten auf Buchdeckeln. Mit feinen Linien und dichter Handschrift formen sich Berge, Wiesen, Horizonte. Sprache und Landschaft verweben sich zu visuellen Gedichten.

Nicht nur die äußerliche Welt zählt

„Nature Pulse“ zeigt sieben Positionen – sehr unterschiedlich im Zugriff, aber verbunden durch eine gemeinsame Haltung: die Natur nicht als bloßes Sujet, sondern als Ko-Autorin und Resonanzraum. Kunst, die den Blick schärft – für die Welt da draußen – und die in uns. 

Die Ausstellung läuft bis zum 13. Juli und erneut vom 7. September bis 5. Oktober. Weitere Informationen unter www.walderdorffgalerie.de, parallel zu sehen sind auch die Werke von Alice Kammerlander und Dénesh Ghyczy.

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