Nach zwei Jahren Corona-Pause ist in der Abtei Marienstatt wieder eine Ausstellung mit rund 460 Darstellungen der Geburt Jesu aus aller Welt zu sehen
Nach zwei Jahren Corona-Pause: Abtei Marienstatt wieder mit Ausstellung
Eine Landschaft aus rund 460 Einzelkrippen ist vom zweiten Adventswochenende an wieder in Marienstatt zu sehen.
Röder-Moldenhauer

Marienstatt. Der Überlieferung nach soll es kein Geringerer als der heilige Franziskus gewesen sein, der im 13. Jahrhundert die Weihnachtskrippe erfand. Wie Pater Martin Pfeiffer, Administrator der Abtei Marienstatt, berichtet, suchte Franziskus damals in seiner italienischen Heimat Menschen und Tiere zusammen, um, aus tiefster Christusliebe, die Geburt Jesu in einer Grotte lebendig nachzuspielen.

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Trotz anfänglicher Widerstände konservativer Kräfte gegen die bildliche Darstellung von Gottes Sohn war der Siegeszug der Krippe in Gotteshäusern und Privathaushalten rund um den Erdball, vor allem ab der Zeit des Barock, nicht mehr aufzuhalten. Rund 460 Exemplare aus unterschiedlichen Epochen und aus allen Teilen der Welt können vom kommenden Samstag, 3. Dezember, an wieder in Marienstatt bestaunt werden.

2019 war die kostbare Ausstellung, die, passend zur biblischen Geschichte, im ehemaligen Stall des Klosters aufgebaut ist, erstmals öffentlich zu sehen. Sie basiert auf einer großzügigen Schenkung der Familie des 2017 verstorbenen Krippensammlers Karl-Josef Kaufmann aus Siegen, dessen große Leidenschaft seit frühester Kindheit Krippen waren. In den vergangenen beiden Jahren befanden sich die Exponate, die Pater Martin im Sommer 2019 über Monate aufgebaut hatte, wegen Corona in einem Dornröschenschlaf. Nun aber sind die dunklen Abdeckungen verschwunden, und die vielseitigen Abbildungen der Geburt Jesu Christi können wieder in Augenschein genommen werden. Die Schau hat die stille Zeit im Stall gut überstanden. „Sogar die Mäuse haben alles in Ruhe gelassen“, so der Klosteradministrator augenzwinkernd.

Krippen laden zum Nachdenken ein

Die Vorstellungen von der Menschwerdung Gottes vor 2000 Jahren sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Die vielen Krippen in Marienstatt laden dazu ein, darüber nachzudenken, wie sich die jeweiligen Erbauer die Geschichte der Heiligen Nacht vorgestellt haben. Verschiedene Kulturkreise und Generationen treffen dabei aufeinander. Gerade dieses Erlebnis geht über den materiellen Wert der jeweiligen Krippen hinaus: „Krippen können für Menschen ein Zeugnis des Glaubens sein, ein Zeichen, das die Geburt Jesu versinnbildlicht und das für ein großes Geheimnis steht. Beim Anblick all dieser Krippen kann sich die Fantasie entwickeln, wie die Menschen, die dahinterstecken, gelebt, geglaubt und gefühlt haben“, so Pater Martin.

Aufschluss über die sozialen Lebensverhältnisse der Erbauer geben beispielsweise die eingesetzten Materialien, denn verwendet wurde alles, was teils selbst unter ärmsten Verhältnissen zur Verfügung stand. So können in Marienstatt Krippen aus Porzellan, aus Gips, aus Holz, aus Glas, aus Plastik, aus Alabaster, aus Zinn, aus Papier, aus Speckstein, aus Edelsteinen, aus Bananen- oder Palmenblättern, aus Kokosnussschalen, aus Wolle, aus Stroh, aus Sackleinen oder auch aus Muscheln bewundert werden. „Jedes Stück ist etwas ganz Besonderes. Und selbst einfachste oder kitschige Krippen erzählen uns vom Glauben der Personen, die sie entwickelt haben“, erläutert der Administrator.

Feinste Schnitzereien

Neben kindlich-naiven Laienarbeiten existieren in der Sammlung ebenso feinste Schnitzereien aus Kunstwerkstätten und filigran geschliffene Arbeiten von Tiffany. Das älteste und vermutlich auch wertvollste Ausstellungsstück dürfte eine sogenannte Bayrische Kastlkrippe von 1860 sein, bei der sich die Szenerie des biblischen Geschehens in einem Rahmen befindet. Ungewöhnlich ist auch ein in Holz geschnitztes Relief aus Nigeria, das Pater Martin nach der erstmaligen Krippenschau 2019 von einer Spenderin erhalten hat. Kostbar auf den zweiten Blick ist zudem eine aus Gips gegossene und knallig bunt angemalte Krippe, die erst vor Kurzem Einzug in die Sammlung gehalten hat: Dabei handelt es sich um das Ergebnis einer Therapie, in der einer Patientin die Beschäftigung mit den Figuren geholfen hat. Die Spende ans Kloster stammt vom Therapeuten.

Bei der Premiere 2019 war das Interesse der Bevölkerung an der Krippenausstellung riesig – ein eklatanter Widerspruch zu dem, was Pater Martin seit Jahren beim Verkauf von Krippen in der Buch- und Kunsthandlung des Klosters erlebt. „Das ist ein absolut rückläufiges Geschäft“, informiert er und nennt die Entwicklung einen „kulturellen und religiösen Verlust“. Dass dennoch im Advent vor drei Jahren so viele Menschen die Sammlung im Stall sehen wollten und vermutlich auch in diesem Jahr wieder sehen möchten, wertet er als Sehnsucht nach Idylle, nach Kindheitserinnerungen. Dennoch vermisst er Krippen als Kern des Weihnachtsfestes im öffentlichen Raum: „Überall in den Schaufenstern findet man einen Wust an Kitsch und Deko aus Hirschen, Elchen und Engeln. Aber fast nirgends sind Krippen zu sehen“, gibt Pater Martin zu bedenken. Und er schiebt noch die Frage hinterher: „Was verbinden wir denn ohne Krippe noch mit Weihnachten?“

Die Öffnungszeiten

Die Krippenausstellung im alten Ökonomiegebäude (Stall) der Abtei Marienstatt kann zu folgenden Zeiten besichtigt werden: zweites, drittes und viertes Adventswochenende, jeweils Samstag und Sonntag von 12 bis 17 Uhr; von Dienstag, 27. Dezember, bis Freitag, 30. Dezember, jeweils von 12 bis 17 Uhr. Der Eintrittspreis für Erwachsene beträgt 2 Euro, Kinder haben freien Eintritt. red

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