Der Fall hatte das Gericht rund zwei Monate beschäftigt. Dem jungen Mann wurde vorgeworfen, einen Stau auf der A 48 ausgelöst zu haben, um sich vor Publikum von der Brücke zu stürzen. Darüber hinaus hatte er mehrfach seinen Nachbarn, einen Senioren aus dem oberen Westerwald angegriffen, dem er vorwirft, für den Tod seines Lieblingshuhns „Rambo“ verantwortlich zu sein. Auch der gescheiterte Suizidversuch erfolgte offenbar aus Trauer über den Tod des Huhns.
Ausführlich berichtete Gutachter Dr. Martin Stein aus Limburg von den Wahnvorstellungen, an denen der Beschuldigte vermutlich schon seit einigen Jahren leidet. Aufgrund seiner paranoiden Schizophrenie sei er krankhaft seelisch gestört, weswegen er auch nicht schuldfähig ist und dauerhaft psychiatrisch behandelt werden müsse.
Selbst wenn keine schweren Straftaten zu erwarten wären, so der Sachverständige weiter, ginge von dem Mann eine Gefahr aus. Der 26-Jährige werde von seiner Familie nicht unterstützt, was sich ebenfalls negativ auf seine Prognose auswirke. „Die Hühner waren, in Anführungszeichen, seine besten Freunde“, berichtete der Gutachter. Durch seine Erkrankung würde er eine andere Realität erleben.
Die behandelnde Oberärztin der Klinik Nette-Gut berichtete von weiteren Wahnvorstellungen des jungen Mannes. So sei dieser überzeugt, dass das Pentagon ihn verfolge und er deshalb eine Warnweste im Gerichtssaal tragen müsse. Schon in seiner Kindheit fiel der Angeklagte immer wieder durch sein dissoziales und unruhiges Verhalten auf, weswegen er einige Zeit in einer Jugendpsychiatrie verbrachte.
Vor seiner Inhaftierung hatte der Beschuldigte mehrfach Streit mit seinen Nachbarn in der VG Hachenburg. Diesen schlug er nieder und trat mit festen Schuhen auf ihn ein, weil er ihm die Schuld für den Tod seines Huhns gab. Bei einem zweiten Vorfall verschaffte sich der 26-Jährige gewaltsam Zutritt zur Wohnung des älteren Paares, indem er die Eingangstür eintrat und ein Küchenfenster einschlug. Im Laufe des Abends kam es dann noch zu einem Disput mit der Tochter seines Opfers, die der Angeklagte letztlich im Auto verfolgte. Auf einem Feldweg bedrohte er sie mit einer Eisenstange, bis die Polizei eintraf.
Vereinsamt und verarmt wollte der Angeklagte sich schließlich im vergangenen Jahr das Leben nehmen. Im einspurigen Bereich der A 48 in Fahrtrichtung Koblenz stellte er sein Fahrzeug ab, um von der Bendorfer Brücke zu springen.
Sein Ziel war es, so sagte der Angeklagte vor Gericht, dass er nicht „lautlos verrecken möchte“, deshalb wollte er ein möglichst großes Publikum bei seinem Suizidversuch dabei haben. Einen Zeugen forderte er sogar auf zu filmen, wie er sich aus circa zwölf Metern Höhe in die Tiefe stürzt. Wie ein Wunder überlebte er jedoch den Aufprall mit einigen Knochenbrüchen.
In seiner Urteilsbegründung erklärte Richter Bendel, dass es aktuell keine Alternative zum geschlossenen Maßregelvollzug für den Angeklagten gebe. Schließlich habe dieser kein soziales Umfeld. „Man würde ihn ins kalte Wasser werfen, wenn er jetzt schon wieder auf freiem Fuß wäre“, erklärte der erfahrene Jurist.
Wäre allerdings ein Familienmitglied als Begleitperson dabei gewesen, hätte man womöglich anders entscheiden und eine Bewährungsstrafe aussetzen können, sofern sich der Angeklagte in Behandlung begibt, so der Richter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist mit einer Revision zu rechnen.