Horst Wisser und seine Frau aus Langenhahn-Hinterkirchen freuen sich über den Abschluss der Bauarbeiten - Sie können ihr Studio wieder nutzen
Nach dem Flugzeugabsturz in Langenhahn: Ein Jahr später ist das Haus wieder heil
Horst Wisser mit seiner Frau Elke im reparierten Studio des Hauses. Hier krachte vergangenes Jahr das Flugzeug rein.
Röder-Moldenhauer

„Jetzt sind wir wieder in normalen Verhältnissen“, sagt Horst Wisser sichtbar erleichtert. Der 83-Jährige kann mit seiner Frau Elke nun wieder den gewohnten Alltag leben – und das gesamte Haus nutzen. Elf Monate nach dem schrecklichen Unglückstag zu Pfingsten 2020, als ein Kleinflugzeug in das Dach krachte und in dem Studio landete, sind es nur noch die Erinnerungen an diesen Moment, die geblieben sind. Von dem Unfall, bei dem wie durch ein Wunder kein Mensch zu Tode kam, sind äußerlich keine Spuren geblieben.

Lesezeit 11 Minuten

Horst Wisser mit seiner Frau Elke im reparierten Studio des Hauses. Hier krachte vergangenes Jahr das Flugzeug rein.
Röder-Moldenhauer

„Wir haben so viele gute Handwerker erlebt“, beginnt Horst Wisser von der Zeit zu erzählen, als er mit seiner Frau nur den einen Teil seines Elternhauses bewohnen konnte, während der andere Teil eine große Baustelle war. „Aber ohne den Architekten Thomas Schäfer (Westerburg) hätten wir das nicht so machen können. Und Stephan Krempel hat uns in allen rechtlichen Dingen geholfen“, ist Wisser des Lobes voll.

Die Reparatur des verwundeten Hauses, an dessen Spitze ein Riesenloch klaffte, werde ja zum Glück von der Gebäude- und Hausratversicherung übernommen. Immerhin 305.000 Euro waren nötig, um den Schaden zu beheben. Dass die Summe so hoch würde, hätte er nicht gedacht, gibt Wisser zu.

Dabei nutzten Wissers auch die Möglichkeit, einige Verbesserungen vorzunehmen, die sie natürlich selbst zu finanzieren hatten. Zum Beispiel kamen zusätzliche Fenster in das Schlafzimmer, auch elektrische Rollläden erleichtern nun dem betagten Ehepaar das Leben – ebenso wie eine Gasheizung statt der alten Nachtspeicheröfen. Summa summarum investierte es nochmals 30.000 Euro in das Wohnhaus, das 1907 errichtet wurde und das Elternhaus von Horst Wisser war.

„Nur noch die Haustür ist zu machen“, weist Wisser auf den Hauseingang, als er die Treppe in dem reparierten Hausteil betritt, die ins Studio führt. Bevor er es betritt, holen ihn die Erinnerungen ein. „Ich muss immer daran denken, wie ich die Tür aufmachte – und da stand das Flugzeug, und der Pilot saß blutüberströmt da“, sagt Wisser.

Patrick Eberz
Patrick Eberz
Am Samstagabend ist es in Langenhahn im Oberwesterwald zu einem Flugzeugabsturz gekommen. Ein Pilot krachte mit seiner Maschine in den Dachstuhl eines Einfamilienhauses.
Patrick Eberz
Patrick Eberz
Patrick Eberz
Die Bergung des Flugzeugs in Langenhahn gestaltet sich schwierig.
Patrick Eberz
Patrick Eberz
1 / 7

Doch schnell wischt er dieses Bild fort und zeigt voller Freude in den nun hellen und schönen Raum. Dass er von Deckenstrahlern erleuchtet werden kann, das sei die Idee seiner Tochter Eva gewesen, berichtet er. Das Studio ist nicht wiederzuerkennen; es mutet irreal an, dass in dem kleinen Raum am 30. Mai 2020 ein Flugzeug gestanden haben soll.

Damals gab es noch den alten, schweren Holzschrank an der Seitenwand, in dem unter anderem Kleidung aufbewahrt wurde – und der als Prellbock diente, als die Cessna 182 C durch das Dach krachte. Gerettet hingegen ist eine alte Truhe, die einst ein Schwager von Horst Wisser fertigte. Auf ihm liegt jetzt ein ganz besonderes Harmonium, das Elke Wisser einst in ihrer Jugend zu spielen begann. Die Familie wähnte das Musikinstrument verloren, doch wie ein Wunder tauchte es nun in den Dingen auf, die von einer Firma aus dem zerstörten Raum gerettet werden konnten.

„Das wird noch angebracht“, weist Holz Wisser auf einen weiteren Gegenstand hin, der für ihn eine ganz besondere Bedeutung hat. Es ist der Herrgottswinkel, der bereits vor dem Unglück im Studio hing und eine ganz besondere Bedeutung für die Familie Wisser hat. Das Kreuz wurde einst für das Grab des älteren Bruders Werner geschnitzt, der 1945 starb. Leise sagt der 83-Jährige mit Blick auf das Kruzifix: „Er hat dem Piloten und uns das Leben gerettet.“ Für ihn steht fest: „Mit einem bisschen Glauben ist es schöner auf der Welt. Man muss eine Richtung haben.“

„Wir haben alles wieder gemacht bekommen, schöner als es vorher war“, freut sich Wisser. Ja, die vergangenen Monate seien eine harte Zeit gewesen, gibt er zu. Eine Zeit, in welcher der heute 83-Jährige viel früher als gewohnt aufstehen musste, um die Handwerker ins Haus zu lassen.

Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
1 / 27

„Aber es ist schön geworden“, zieht er nun dankbar Bilanz. Und sieht zärtlich zu seiner Frau hinüber, die das Harmonium in den Händen hält und zu spielen beginnt. Da steht er am Fenster und lässt den Blick in die Weite schweifen, hin zum Elbbach. Das ist genau der Ort, wo er über Jahre hinweg abends mit einem Fernglas die Tiere beobachtete.

Bis zu jenem Abend an Pfingsten 2020, als er seine Gewohnheiten unterbrach, und erst noch in der Küche mithalf. Just zu dem Zeitpunkt, wo er sonst bereits im Studio war. Und das Unglück geschah. Und wieder sagt Horst Wisser, wie bereits wenige Tage nach dem Flugzeugabsturz: „Wir haben viel Glück gehabt.“

Auch wenn die Handwerker dann ganze (gute) Arbeiten leisteten, so manches blieb dennoch für Horst Wisser zu tun. Er habe zum Beispiel den ganzen Hof abgespritzt, Zentimeter um Zentimeter. Zum Glück habe ihm der Herrgott die Kraft dazu gegeben.

Plötzlich ist der volle, schöne Ton einer Pendeluhr mit Westminsterschlag zu hören. Auch sie hat eine besondere Geschichte, denn sie stammt von Horst Wissers Eltern. Er erzählt: „Die Uhr hat es überstanden. Sie hat noch dort gehangen, obwohl der Flieger hier durch ist.“ Nicht „geschafft“ hat es die Kaminbank, die jetzt noch im Studio fehlt und nach einem Foto wiedergefertigt werden soll, das Horst Wisser zum Glück wenige Wochen vor dem Einbruch des Flugzeugs in das Haus gemacht hat.

Horst Wisser mit seiner Frau Elke im reparierten Studio des Hauses. Hier krachte vergangenes Jahr das Flugzeug rein.
Röder-Moldenhauer
Am Pfingstsamstag 2020 war ein Kleinflugzeug in das Wohnhaus in Langenhahn-Hintermeilingen gestürzt. Der Pilot der Cessna konnte nach fünf Tagen das Krankenhaus verlassen, die Bewohner des Hauses blieben wie durch ein Wunder unverletzt.
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
Röder-Moldenhauer
1 / 4

Das Erste, was seine Elke zu ihm gesagt habe, als sie das wiedererbaute Studio betreten konnten, sei der Wunsch gewesen: „Hoffentlich können wir das noch lange erleben“, erzählt ihr Mann. Sein Blick schweift aus den neuen hohen Studiofenstern hinüber zur Nachbarschaft, auf die man sich verlassen könne – und die er aus vollem Herzen lobt.

Es sei einfach ein Glück, neben solchen Menschen wohnen zu können, die Wissers in vielen Dingen geholfen haben und auch jetzt behilflich sind: Eine Frau kommt zum Bügeln, bringt Essen, ein anderer sorgt dafür, dass immer genügend Wasserflaschen vorrätig sind.

Und im Winter, da ist der Hof schon geräumt, bevor das Paar aufgestanden ist. Unterstützung hatten Elke und Horst Wisser aber natürlich auch durch Tochter Eva Krafczyk und ihren Mann, die nicht nur direkt nach dem Unglück in den Westerwald reisten, um den Eltern beizustehen, sondern auch in den Monaten darauf.

„Das ist abgehakt“, sagt Horst Wisser im Rückblick auf das ganze Geschehen. Leider habe ja wegen der Pandemie kein Richtfest stattfinden können. Aber, sobald es wieder möglich sei, soll schön zusammen gefeiert werden, dass sein Elternhaus nun wieder heil ist. „Ganz sicher. Das versprechen wir“, sagt der Mann entschlossen.

Top-News aus der Region