Kammerchor Marienstatt und Organist Dick Klomp entführten Hunderte Besucherin englisch-musikalische Gefilde
Musikalischer Startschuss für Adventszeit: Vorweihnachtlicher Jubel begeisterte in Abtei Marienstatt
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Mehrere Hundert Besucher erlebten in der Abteikirche Marienstatt am ersten Adventssonntag ein Konzert des Marienstatter Kammerchors und des Amsterdamer Organisten Dick Klomp, das mit Gefühl und hoher musikalischer Qualität die nahende Ankunft Jesu Christi nicht nur feierte, sondern nahezu körperlich erlebbar machte.
Thomas Hoffmann

Eine Abteikirche, getaucht in ein Meer von Stimmen und englisch anmutenden Orgelklängen, und ein sakraler Jubel, der hierzulande sicherlich seinesgleichen sucht, das war das, was mehrere Hundert Besucher am Sonntag in der nahezu bis auf den letzten Platz besetzten Abteikirche in Marienstatt erlebten. Was dieses Konzert zu einer besonderen Erfahrung machte.

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„Bereitet den Weg des Herrn. Gott hat sich auf den Weg gemacht, er ist uns entgegengekommen, machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe.“ Mit diesen Worten begrüßte Frater Gregor Brandt die Gäste und den Kammerchor Marienstatt unter der Leitung von Veronika Zilles sowie den Amsterdamer Organisten Dick Klomp und die Violoncellistin Johanna Nickol.

Ganz leise fängt die Orgel an: sanfte Töne im Piano, ergänzt von strahlenden Pfeifenklängen im oberen Registerbereich, legen einen ersten leisen Zauber ins Kirchenschiff, und wie aus einer Wolke kommend, erklingt der Gesang des Chores, hymnisch und ergreifend. „I was glad“ (ich war glücklich), singen die etwa 20 Protagonisten des achtstimmigen Chores, wobei sich Sopran, Alt, Tenor, Bariton und Bass im Kanon die Liedzeilen gewissermaßen zuspielen: Mal sind es die Soprane, die führen, mal die Altstimmen, mal die Baritone, deren Stimmen sich in den einzelnen Sätzen in einem choralen Gefüge vereinen, um dann gemeinsam – begleitet von der Orgel – zu einem nahezu symphonischen Gebilde zu werden.

Adventsgruß von Bartholdy sehnt Ankunft des Herrn musikalisch herbei

„Wunderbar“, das möchte man schon nach diesem ersten Werk des englischen Komponisten Hubert Parry (1848–1918) sagen, aber das, was noch kommen wird, offenbart vielfältige Musikkunst vom Feinsten. Denn während in der „Hymn to St. Cecilia“ von Benjamin Button (1913–1976), die in ihrer Anlage an englisch-mittelalterliche Lyrik erinnert, die Heilige der Musikanten vielstimmig angerufen und gepriesen wird, entführt das Veni Domine („Komm, o Herr“) in die Welt von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847), ein Adventsgruß, der durch kanonartigen Gesang die Ankunft des Herrn im wahrsten Sinne des Wortes „herbeisehnt“.

Aufeinander folgende Akkorde, angefangen im tiefen Bereich bis hinauf zu höchsten Jubeltönen sind es hier, mit denen der Chor – abermals mit Begleitung der Orgel – eine sehr ergreifende vorweihnachtliche Atmosphäre ins Kirchenschiff bringt, wobei die Solistinnen Johanna Nickol und Susanne Hehl-Saridakis sowie Romano Sgodda und Nils Alhäuser dem sanft-choralen Klangteppich mit einem vielfachen „Veni Domine“ und halbminutenlang gehaltenen Tönen sowohl im höchstmöglichen tonal-sopranen als auch im tiefen Bereich erneut strahlenden Glanz verleihen.

Orgelwerke meisterhaft präsentiert

Ein Glanz, der sich an den hohen Wänden des Kirchenschiffs bricht und verstärkt, gewissermaßen eine akustische Offenbarung und ein Echo, das Gesang und Orgeltöne widerspiegelt und sekundenlang nachhallen lässt, so wie auch bei den „reinen“ Orgelwerken, die Dick Klomp an dem in weiten Teilen sehr weich klingenden Instrument meisterhaft präsentiert. „Een Kindeken is ons geboren“ von John Bull (1562–1628) entführt dabei musikalisch ebenso in die frühe Neuzeit wie beispielsweise das bekannte Kirchenlied „Es ist ein Ros entsprungen“, das Dick Klomp in der Weihnachtssuite „En! Natus est Manuel“ (Immanuel wurde geboren) kongenial bearbeitet hat. Passagen im Pianissimo geben hier zu Beginn einen Hauch von Hoffnung, das der Erlöser kommen wird, wie eine Ahnung, die sich dann steigert und im Folgenden in der bekannten Melodie zur Gewissheit wird.

Triolenpassagen und Sechzehntelläufe geben dem Ganzen einen freudigen, hellen Charakter, und mit einem fulminanten Schlussakkord wird die Geburt Jesu Christi gefeiert. Ebenso wie beim „O magnum mysterium“ von Ola Gjeilo, bei dem der achtstimmige Chor, kongenial begleitet von der Violoncellistin Johanna Nickol, das „große Geheimnis“ mit mystisch anmutenden Klängen ins Kircheninnere transportiert, sowie beim sehr fröhlich anmutenden Song „Carol Singers' Carol“ von Ben Parry, in dem das neue englische Choralwerk der Rieger-Orgel voll zur Entfaltung kommt. Ein Glockenspiel läutet hier im wahrsten Sinne des Wortes das ein, was als moderne Weihnachtsmusik bezeichnet werden kann. Die sehr weich und melodisch klingenden Glocken bilden hier den Hintergrund für eine abermals fulminante Darbietung des Chores.

Damit jedoch nicht genug, denn zum Schluss hin fordert die Dirigentin Veronika Zilles die Besucher zum Mitsingen auf, und aus Hunderten Kehlen erschallt der Refrain „Born is the King of Israel“, begleitet vom Kammerchor Marienstatt, der (mit Dick Klomp) mit punktgenauen Einsätzen, stimmlich hoher Qualität und einer sehr feinen Abstimmung im Tempo- und Dynamikbereich überzeugte. Dieser Nachmittag verwandelte die Abteikirche in einen musikalisch-glanzvollen Raum, in dem die nahende Ankunft des Herrn nicht nur musikalisch gefeiert, sondern nahezu körperlich spürbar wurde.

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