Montabaur
Montabaur: Wasserturm ist ein Stück Stadtgeschichte

Montabaur – Das Stadtbild rund um den alten Montabaurer Bahnhof hat sich innerhalb weniger Jahre drastisch verändert. Wo früher Gleisanlagen verliefen und Lagerhallen standen, entstehen seit 2012 mehrstöckige Gebäude.

Nur noch wenige Bauwerke erinnern an die Geschichte des Viertels: Neben dem alten Bahnhof sind dies das umgebaute Stellwerkshäuschen und der ehemalige Wasserturm auf der Innenstadt zugewandten Seite der Werkstraße. Wer nicht gezielt nach dem Wasserturm Ausschau hält, kann das Gebäude leicht übersehen. Zwischen Bäumen und Sträuchern liegt die Immobilie fast schon etwas versteckt auf einer kleinen Anhöhe.

Architekten wie dem vormaligen Eigentümer Pascal Hilb und dem neuen Hausherren Christian Assmann entgeht ein derartiges Schmuckstück freilich nicht. „Das Gebäude versprüht einen ganz besonderen Geist“, bringt Hilb seine Gefühle auf den Punkt. Der Architekt nutzte den denkmalgeschützten Turm einige Zeit als Büro, er hat im Obergeschoss darüber hinaus aber auch einen ansprechenden Wohnraum geschaffen. Das denkmalgeschützte Bauwerk aus dem Jahr 1879 hat auch im Inneren seinen eigenen Charme. Bahnwassertürme wurden zu früheren Zeiten benötigt, um bei Bedarf die Wassertanks von Dampflokomotiven aufzufüllen. Die ältesten Hochbehälter entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts.

Als sich die Eisenbahntechnik weiterentwickelte und Dampfloks abgelöst wurden, verloren die Türme Zug um Zug ihren Nutzen. Viele Bauwerke wurden abgerissen, manche von umliegenden Industriebetrieben noch einige Zeit verwendet. Heute verfügen nur noch wenige deutsche Städte über solche Türme. Neben Montabaur sind dies in der Region zum Beispiel Bad Ems, Engers und Lahnstein. Pascal Hilb hatte schon als Kind einen Blick für besondere Gebäude. Er erinnert sich noch heute, dass er den Wasserturm unweit des Bahnhofs zu Schulzeiten gesehen hat. Die Immobilie stand in den 80er-Jahren zeitweise leer, berichtet der Architekt. Er selbst modernisierte den Turm vor einigen Jahren im Inneren, tauschte alte Elektroheizungen gegen einen neuen Holzpelletofen und ließ unter anderem zusätzliche Stahleinbauten im Untergeschoss vornehmen, um dort mehr Nutzfläche zu haben. Während dieser vergleichsweise dunkle Bereich trotz der Veränderungen eher wie eine Abstellkammer anmutet, ist das Obergeschoss ein echter Hingucker geworden. Einbauküche, Badezimmer und der per Leiter zu erklimmende Schlafplatz wurden geschickt in den Baukörper integriert. Es verbleibt deshalb genügend Platz, um aus einem modernen Wohnzimmer mit fast fünf Meter hoher Decke den Blick in den ICE-Park schweifen zu lassen.

Für Immobilienkaufmann Daniel Mertes aus Koblenz war es angesichts dieser Voraussetzungen kein Problem, einen neuen Interessenten für das Gebäude zu finden. „Einen Wasserturm haben wir auch nicht so oft im Angebot“, sagt er lächelnd. Die Lage in fußläufiger Entfernung zum ICE-Bahnhof und dem künftigen FOC habe ihr Übriges getan. Und da auch der neue Hausherr Architekt ist, dürfte der historische Turm weiterhin in einem gepflegten Zustand bleiben.

Thorsten Ferdinand

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