Dass sich ein studierter Elektrotechniker auf Stalltechnik spezialisiert, ist im Westerwald eine Ausnahmeerscheinung. Thomas Sanner-Brohl erklärt seinen Werdegang ganz einfach: „Ich bin mit Tieren aufgewachsen“, sagt der Firmengründer. Sein Unternehmen TSB Elektrotechnik versorgt von Hübingen aus seit gut 20 Jahren Betriebe in weitem Umkreis, seit gut zehn Jahren insbesondere Viehhalter.
Sanner-Brohl und seine zwei Geschwister stammen von einem landwirtschaftlichen Betrieb in Dausenau an der Lahn. Während sein Bruder den elterlichen Hof übernahm, studierte Sanner-Brohl Elektrotechnik an der Fachhochschule in Koblenz. Nach einigen Jahren als Betriebsleiter einer Firma für Produktionsanlagen hat er sich 2004 selbstständig gemacht.

„2014 wollte mein Bruder seine Melkanlage vergrößern – aber er hatte ein Fabrikat, für das es in der Nähe keinen Händler gab, die sich sonst auch um die Wartung kümmern“, erinnert sich Sanner-Brohl, der sich als Ansprechpartner seines Bruders mit dem Melkroboter beschäftigte. „Der Nachbar wollte dann auch diesen Roboter“, schildert Sanner-Brohl, wie er sich tiefer in die Materie eingearbeitet hat.
In einer Zeit, da in der Landwirtschaft ein Generationenwechsel stattfindet, hat sich die Stalltechnik als krisensicheres Arbeitsfeld erwiesen, sagt Sanner-Brohl. Zwischen Kunde und Lieferant sei gerade im Umgang mit den Tieren ein vertrauensvolles Verhältnis wichtig: „Verlässlichkeit zählt für die Viehhalter“, betont der Firmeninhaber. Seiner Überzeugung nach bietet der Melkroboter hohe Tierfreundlichkeit: „Der Roboter melkt 24 Stunden am Tag – dann, wenn die Kuh hineingeht“, sagt Sanner-Brohl. Den Rhythmus von zwei oder drei Melkgängen pro Tag zu festen Zeiten erlege der Mensch dem Tier auf.

Einen Anreiz für die Kuh, zum Melken zu gehen, ist das schmackhafte Kraftfutter, das ihr im Melkstand kredenzt wird. Dabei wird sowohl die Futtermenge als auch die Gesamtmilchmenge für jedes Tier über einen Chip individuell erfasst und gesteuert. „Wenn der Milchfluss nachlässt, nimmt die Anlage selbsttätig die Melkbecher ab“, weiß Sanner-Brohl. „Im herkömmlichen Melkstand ist die Behandlung der Tiere vom Personal anhängig – der Roboter macht es immer gleich gut.“
Der Fachbetrieb kümmert sich um die Bauberatung, den Verkauf, die Montage sowie später um die Wartung der Anlagen. „Allein die Inbetriebnahme ist zeitaufwendig, dafür sind wir mehrere Tage auf dem Hof“, beschreibt der Chef. Momentan absolviert eine junge Frau ein Einstiegspraktikum in seinem Betrieb, ehe sie im Sommer ihre Ausbildung bei TSB beginnt. „Sie wird sich auf die Melktechnik spezialisieren“, freut sich Sanner-Brohl auf Verstärkung.

Die Kühe tragen Halsbänder mit Transpondern, damit der Roboter sie „erkennt“. So werden auch das Laufverhalten, also die Aktivität, und sogar die Wiederkäutätigkeit erfasst und analysiert, um gesundheitliche Probleme frühzeitig zu erkennen. Dass im Westerwald nicht viele Kühe auf Weiden zu sehen sind, sei darauf zurückzuführen, dass es weniger Milchbetriebe gebe, aber auch darauf, dass viele Kühe sich im Stall aufhielten – von Natur aus oder weil sie nicht hinaus dürfen. Für Sanner-Brohl ist klar: Die Kuh gibt mehr Milch, wenn es ihr gut geht. Wenn sie genug Licht, Luft und Platz hat.“
Stalltechnik ist mehr als Melktechnik: Spaltenroboter reinigen die Stallböden, Futteranschieberoboter schieben das Futter bei, das die Tiere „aussortiert“ haben, Lüftung und Licht werden elektronisch gesteuert, genau wie die Fütterung von Kälbern mit dem „Milchtaxi“ und ihre Haltung in einer Hütte mit integriertem Auslauf. „Wir sind keine Tierschützer, sondern versuchen, das Beste zu erreichen“, hebt Sanner-Brohl hervor, der auch Biobauern zu seinen Kunden zählt: „Wir sind Techniker, aber wir müssen uns mit dem Tier beschäftigen.“ Im Betrieb müssten viele Rädchen ineinandergreifen. „Wenn es irgendwo klemmt, kommen wir.“
Vielfältige Anwendungsgebiete werden bedient
Stalltechnik ist nicht alles bei TSB Elektrotechnik: Bei der Entwicklung und Produktion von Elektronik werden auch Platinen bestückt, teils in eigener Entwicklung. Auch bauen die mittlerweile 25 Mitarbeiter und drei Auszubildenden komplette Geräte – zum Beispiel für Bahnbetriebe Sensoren, die die Radtemperatur kontrollieren, um Lagerschäden vorzubeugen, aber auch Apparate für die Human- und Veterinärmedizin, die Automobilindustrie und die Bundeswehr. Seine Firma wachse jährlich um einen Mitarbeiter: Anfangs habe er Gesellen eingestellt, seit mittlerweile zehn Jahren bilde er selbst aus und behalte seine Azubis meist im Betrieb. So habe er ein sehr junges Team, für das er derzeit noch einen Kältetechniker suche. kat