Bei Agrarbildungstagenging's um Rückstände von Pestiziden in Pollen
Mayener Experte über Pestizide: Bauern sollen Spritzmittel abends ausbringen
Auf diesem Foto, zur Verfügung gestellt von Lena und Wilfried Göbler, die in Rückeroth eine Imkerei betreiben, kann man gut erkennen, wie die Honigbiene in ihrem Höschen die gelben Pollen sammelt, aus dem im Bienenstock dann das sogenannte Bienenbrot als Nahrungsspeicher wird.
Lena Göbler

Ist der Landwirt, der in der Dämmerung oder gar nachts mit dem Traktor über seine Felder fährt und Pflanzenschutzmittel verteilt, ein Bösewicht, der sein Tun verbergen will? Oder macht er mit seinem Späteinsatz sogar alles genau richtig? Dazu hat Dr. Jes Johannesen vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Westerwald-Osteifel eine klare Haltung.

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Auf diesem Foto, zur Verfügung gestellt von Lena und Wilfried Göbler, die in Rückeroth eine Imkerei betreiben, kann man gut erkennen, wie die Honigbiene in ihrem Höschen die gelben Pollen sammelt, aus dem im Bienenstock dann das sogenannte Bienenbrot als Nahrungsspeicher wird.
Lena Göbler

Dr. Jes Johannesen ist in Mayen der zuständige Mann für das Deutsche Bienenmonitoring, dass ein bundesweites Kooperationsprojekt verschiedener bienenkundliche Institutionen ist. Er referierte jetzt bei den Agrarbildungstagen Montabaur 2022 in Wirges (wir berichteten bereits) über das Thema „Pestizideinträge über Pollen“.

Eine klare Aussage dabei: Zum Schutz der Bienen sollen Bauern ihre Spritzmittel möglichst spät am Tag ausbringen, so der Experte vom Mayener Fachzentrum für Bienen und Imkerei des DLR.

21 Uhr ist die perfekte Spritzzeit.

Fachmann Jes Johannesen in Bezug auf Pflanzenschutzmittel

Aber wie gehen die Spezialisten dabei vor, und warum werden dabei ausgerechnet die Pollen untersucht? Dazu stellte Johannesen fest, dass die meisten Spritzmittel in den Pollen, die aus Proteinen bestehen, landen, weil sie fettlöslich sind. Nur wenige Mittel sind wasserlöslich und können deshalb über Wasser, das den Bienen als Nahrung oder zur Kühlung dient, in den Stock gelangen. Deshalb sammeln die Forscher sogenanntes Bienenbrot bei den Imkern ein.

Bienenbrot
Bei Bienenbrot handelt es sich um Pollen, die die Bienen nicht direkt verfüttern, sondern für eine spätere Verwendung haltbar in den Waben einlagern.

Die Bienenforscher pulen das „Brot“ aus den Waben heraus und lassen es in der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt (Lufa) in Speyer analysieren, oder sie lassen auch direkt Frischpollen untersuchen.

Da Bienen pflanzentreu sind und man auch die Pollen unterscheiden kann, kann man sogar herausfinden, von welcher Pflanze die Rückstände stammen, erläuterte Johannesen. Das spielt zum Beispiel eine Rolle, wenn man wissen will, ob der Eintrag der Pflanzenschutzmittel jetzt von der behandelten Pflanze oder einfach der Begleitflora kommt.

2000 Proben untersucht

Für die von dem Mayener Forscher präsentierten Untersuchungen wurden von mehr als 200 Standorten weit über 2000 Proben auf Rückstände von 474 Wirkstoffen untersucht. Die gute Nachricht: Fast die Hälfte davon lagen unterhalb der Bestimmungsgrenze, der Rest zum größten Teil gerade knapp über dieser Grenze. Meist wurden in den Proben nur zwei bis drei Wirkstoffe nachgewiesen. Es gab aber im Einzelfall auch Proben mit bis zu 28 Wirkstoffen. Die Werte lagen aber in den meisten Fällen also im niedrigen Bereich und weitab einer akut toxischen Wirkung, machte Johannesen deutlich. Fungizide wurden im Vergleich zu anderen Wirkstoffklassen häufiger gefunden, weil die häufiger angewendet werden.

Aber warum werden überhaupt diese Untersuchungen gemacht? Es geht dabei zum Beispiel um die Frage, ob die Rückstände zu erhöhten Winterverlusten bei den Bienen führen oder auch darum, ob man nicht auf manche Pflanzenschutzmittel besser verzichtet. Oder eben darum, wann man die Mittel am besten ausbringt, damit sie nicht über die Bienen in den Stock gelangen können.

„Man sollte auf jeden Fall nicht in der Bienenflugzeit spritzen, also nicht vor 15 oder 16 Uhr“, appellierte Jes Johannesen an die Landwirte. Und auch wenn es ein heikles Thema sei, weil viele Bürger meinten, der Bauer wolle was verbergen, stellte der Fachmann fest: „21 Uhr ist die perfekte Spritzzeit.“

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