Initiative richtet Vorschlag an die Behörden - Bedeutung als Rastgewässer
Marodes Stauwerk am Wiesensee: Naturschützer gegen völliges Ablassen
Volker Horz

Stahlhofen a. W. Während am Wiesensee wegen der Sanierung des Stauwerkes in diesen Tagen mit dem Ablassen des Gewässers begonnen wurde, hat sich die Naturschutzinitiative (NI) an die Struktur- und Genehmigungsbehörde Nord gewandt und zu einem alternativen Vorgehen aufgerufen. Die Naturschützer halten ein unbefristetes völliges Ablassen des Sees zum jetzigen Zeitpunkt weder für angebracht noch für verhältnismäßig.

Volker Horz

Zum Hintergrund: Im November vergangenen Jahres waren durch den TÜV Rheinland am Wiesensee einige Mängel an der Klappe des dortigen Stauwerks festgestellt worden, sodass ein sicherer Betrieb nicht mehr gewährleistet werden kann. Deshalb hatte die Struktur- und Genehmigungsbehörde Nord eine Anordnung für das baldige Ablassen des Sees erlassen, denn gerade so große Stauanlagen könnten – wie SGD-Nord-Präsident Wolfgang Treis deutlich machte – bei Versagen oder Überlasten ein Risiko für mögliche Überschwemmungen darstellen. Das Ablassen sei erforderlich, damit die Belastung der Stauklappe durch den Wasserdruck reduziert werde.

Das vollständige Ablassen des Wiesensees, der wegen Arbeiten am Stauwerk auf unbestimmte Zeit größtenteils wasserlos sein soll, stößt nicht überall auf Zuspruch. Vor allem die Betreiber des Lindner-Hotels befürchten durch die Maßnahme unabsehbare existenzielle Folgen für ihren Betrieb und ihre rund 85 Mitarbeiter. Zudem hatte ein Bürger bei der Staatsanwaltschaft Koblenz gegen die Verantwortlichen der SGD Nord, des Oberen Wasserwirtschaftsamtes sowie der Oberen Naturschutzbehörde in Koblenz Strafanzeige erstattet (wir berichteten). Aus seiner Sicht liegt eine Überreaktion des Oberen Wasserwirtschaftsamtes vor, als sie ohne nachvollziehbaren Grund die Priorisierung beim vollständigen und sofortigen Ablassen des Wassers angeordnet habe und dadurch gravierend gegen den Schutz zum Teil bedrohter Tierarten verstoßen würde.

Weil ein sehr stabiler Damm vorliegt und lediglich der Mönch und die Stauklappe zu sanieren sind, erscheint aus Sicht der Naturschutzinitiative ein unbefristetes völliges Ablassen zum jetzigen Zeitpunkt weder angebracht noch verhältnismäßig, da es die anderen Schutzgüter zu stark belasten würde. „Wir halten ein alternatives Vorgehen für möglich, das der Sicherheitslage entspricht und nicht hinnehmbare Schäden an den naturschutzfachlichen Schutzgütern vermeidet oder minimiert“, macht NI-Sprecher Harry Neumann in einem Anschreiben an den Präsidenten der Struktur- und Genehmigungsbehörde Nord, Wolfgang Theis, deutlich.

Das im Vogelschutzgebiet Westerwald liegende Gewässer habe eine hohe Bedeutung als Rastgewässer für Limikolen, also für Vertreter der Regenpfeiferartigen, die ihre Nahrung im Schlamm und Flachwasser watend suchen, als auch für brütende, rastende oder überwinternde Wasservögel, die von einem Stillgewässer mit einem hohen Angebot an Fischen und Wasserpflanzen profitieren, argumentieren die Naturschützer. Als vertretbarer „Kompromiss“ deutet sich für die Initiative eine jetzt vor der Brutsaison durchgeführte Wasserstandsabsenkung an, sodass die Wasserfläche erhalten bleibt, aber die Röhrichte in diesem Jahr nicht mehr als Bruthabitate genutzt werden können. Letzteres vermeide Tötungen und Niststättenzerstörungen, sollten spontane Maßnahmen erforderlich werden. Die Sanierung des Mönches und der Stauklappe sollte dann im Herbst im Anschluss an das turnusmäßige Ablassen passieren.

„Es für uns ist nicht ersichtlich, dass bei abgesenktem Wasserstand eine nennenswerte Gefahr besteht. Das vollständige Ablassen sollte sich also nur kurz um die Reparaturphase legen und sich am besten im bisherigen Rhythmus des Ablassens und des Rastvogelgeschehens einsortieren“, schlägt die Naturschutzinitiative vor und bittet den SGD-Nord-Präsidenten um Erläuterung darüber, was im Detail angeordnet wurde und um die Zusendung der FFH-Verträglichkeitsprüfung.

Warum der See abgelassen werden muss

Das Ablassen des Wiesensees ist nach Darstellung der SGD Nord erforderlich, damit die Belastung der Stauklappe durch den Wasserdruck reduziert wird. Weil aber auch am regulären Drosselbauwerk, dem Mönchbauwerk, Mängel festgestellt wurden, habe man aus Sicherheitsgründen die vollständige Entleerung des Wiesensees anordnen müssen. Mindestens eine Wachstumsperiode wird nötig sein, ehe der See sich wieder in gewohntem Bild präsentieren kann. Wie lange er jetzt tatsächlich „brachliegen“ wird, ist ungewiss – was vor allem beim dortigen Lindner-Hotel und bei Naturschützern auf Kritik stößt.

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