Geschichtswerkstatt Westerburg
Lokalen Wetterkapriolen in früheren Zeiten auf der Spur
Die Geschichtswerkstatt des Westerwald Vereines (Westerburg) ist dabei, Schulchroniken und Zeitungsberichte danach zu sichten, ob und wie da über Wetterereignisse in früheren Zeiten berichtet wird. Von links: Oswald Tuchscherer, Ekkhard Jung, Dieter Kaiser, Peter Franz und Markus Schaub.
c Röder-Moldenhauer. Röder-Moldenhauer

Die Geschichtswerkstatt Westerburg ist derzeit dabei, Aufzeichnungen über das Wetter in Chroniken und alten Zeitungen zu erforschen. Dabei findet sie Berichte über verhagelte Ernten oder auch ein fortgeschwemmtes Schwein. 

Klimaereignisse der vergangenen 200 Jahre im Westerburger Land und ihre Folgen: An diesem Thema arbeiten die Mitglieder der Geschichtswerkstatt Westerburg seit einigen Wochen. Sie wälzen alte Zeitungen und Chroniken, suchen nach den Stellen, wo über das Wetter berichtet wird, mal ausführlicher, mal ganz knapp. Ein besonderes Augenmerk haben sie dabei auf besondere Ereignisse wie Hochwasser, Überflutungen, Sturm, Orkane, Schneefall, Hagel, Kälte, Dürre oder Hagel.

„Die Idee war: Wir sind ja heute in der Klimaveränderung drin. Aber, es hat auch damals schon Wetterereignisse gegeben, welche die Bevölkerung in Bedrängnisse brachte, die beispielsweise zu Hungersnöten führten“, erläutert Oswald Tuchscherer. Interessant ist, wie darüber berichtet wird – und ob ein Ereignis in mehreren Quellen zu finden sei, oder nur an einer Stelle erwähnt ist.

Wetterkapriolen in früheren Zeiten erforscht derzeit die Geschichtswerkstatt Westerburg. Interessant ist, welche Ereignisse wie in den Kreisblättern beschrieben werden.
c Röder-Moldenhauer. Röder-Moldenhauer

Ein Ereignis, das in mehreren Quellen erwähnt wird, ist das Hochwasser von 1909.  Nach einem überaus schönen Nachherbst, so ist in der Westerburger Schulchronik Westerburg festgehalten, trat mit Beginn des Monats Dezember Frost ein. Leichter Schneefall bis Weihnachten, dann verstärkte sich der Schneefall. Der Schnee erreichte im Februar eine seltene Höhe. Bis es dann plötzlich taute, der Schnee zu schmelzen begann. Doch die hart gefrorene Erde konnte kein Wasser aufnehmen, es kam zu einer gewaltigen Überschwemmung, „wie sie in der Gegend wohl noch nie erlebt wurde“. Und das hatte auch kuriose Folgen: In Willmenrod wurde dem Besitzer der Obermühle „ein frisch geschlachtetes Schwein aus dem Schlachtraum weggeschwemmt.“ Das fand damals auch Eingang in die Berichterstattung des Kreisblattes vom 9. Februar 1909.

Nicht nur im Februar 1909 fürchteten die Menschen die Folge der Naturgewalten. Mussten sie doch beispielsweise  bangen, wenn die Ernte verhagelt war, dass bittere Hungersnöte auf sie zukommen würden. Die Mitglieder der Geschichtswerkstatt sind dabei, die Wetterkapriolen genau zu erfassen. Ihre Quellen dazu sind Schul- und Dorfchroniken (teilweise in Auszügen) von Berzhahn, Gershasen, Girkenroth, Wengenroth, Westerburg und Winnen, aber ebenso die Kreisblätter und die Nassauische Zeitung.

Die Geschichtswerkstatt ist im Besitz von einigen Kreisblättern für den Kreis Westerburg, die sie als Quelle für ihre Forschungen nutzen kann.
c Röder-Moldenhauer. Röder-Moldenhauer
„Das ist ganz anders als die Wetterberichte heute“.
 Ekkhard Jung über die Beschreibungen von Wetterereignissen zu früherer Zeit.  

Die Daten werden in einer Tabelle erfasst. Aufgelistet werden das Datum, der Ort des Geschehens, um welches Wetterereignis es sich handelte, die Beschreibung und die Quelle, wo darüber berichtet wird. Hilfreich dabei ist, dass die alten Kreisblätter für den Kreis Westerburg bereits größtenteils digitalisiert sind.

Auf rund 250 interessante Wetterereignisse seit 1836 schätzt Tuchscherer die Anzahl der Kapriolen, die erwähnt wurden. Die Art, wie das geschah, ist recht unterschiedlich und reicht von reinen Sachbeschreibungen bis hin zu Chronisten, die den Vorfall und die Folgen kommentierten. Manchmal werde ein ganzes Jahr zusammengefasst, ein anderes Mal tagesgenau berichtet. „Das ist ganz anders als die Wetterberichte heute“, betont Ekkhard Jung.

Auch alte Bände der Nassauischen Zeitung hat die Geschichtswerkstatt archiviert.
c Röder-Moldenhauer. Röder-Moldenhauer

„In den früheren Jahren ging es ja um die Existenz, wenn Extremwetterereignisse eintrafen“, begründet Peter Franz, warum in manchen Chroniken das Wetter so ausführlich beschrieben wird, zu lesen ist, wie die Ernte war und welchen Einfluss das Wetter darauf hatte. Dieter Kaiser fährt fort: „Aber manche Chronisten hat das Wetter auch gar nicht interessiert.“ Und mit Beginn der Nazizeit hätten sich die Aufzeichnungen geändert, seien „wetterfrei“ geworden.

„Wir sind noch bei der Sammlung“, betonten die Hobbyhistoriker nochmals. Bei der Auswertung der Fundstellen wollen sie darauf schauen, wo sich bestimmte Ereignisse häufen und das dann auch mit den Kreisblättern und der Zeitung abgleichen. „Und das wollen wir dann auch dem gegenüberstellen, was heute ist“, kündigt Peter Franz an.

Top-News aus der Region