Laut der von Staatsanwalt Thomas Pohling verlesenen Anklageschrift soll der Tatverdächtige an Heiligabend 2022 zunächst in einer Wohnung in Hünfelden gemeinsam mit der Frau Kokain konsumiert haben. Anschließend seien beide mit einem Taxi in die Wohnung des 36-Jährigen in einem Limburger Stadtteil gefahren. Nachdem die Frau bereits zwei Kokainspritzen erhalten und zusätzlich Alkohol konsumiert habe, soll der Angeklagte ihr eine weitere, zu hohe Dosis des Rauschmittels in die Halsschlagader injiziert haben. „Ihm war bewusst, dass dies zum Tode führen konnte“, zitierte Staatsanwalt Pohling aus der Anklageschrift. Er habe ihren Tod billigend in Kauf genommen und weder Rettungsmaßnahmen eingeleitet noch um Hilfe gerufen.
Leiche in einer Räucherkammer deponiert
Das Opfer sei von zierlicher Statur gewesen. Bei der Dosierung des Kokains habe sich der Angeklagte jedoch an Erfahrungen mit seiner wesentlich kräftigeren Ex-Freundin orientiert. Das sei ihm offenbar gleichgültig gewesen. Kurz nach Verabreichen der dritten Kokainspritze habe die Frau die Augen aufgerissen, angefangen zu krampfen, Schaum vor dem Mund gehabt und sei schließlich verstorben.
„Das Jahr Untersuchungshaft hat ihm gut getan, er ist jetzt von den Drogen weg und stabil. Das muss aber professionell bearbeitet werden.“
Der Verteidiger über seinen Mandanten
Die Leiche der 34-Jährigen habe der Mann in eine Sporttasche gepackt und an der Lahn abgelegt. Als er im Sommer des vergangenen Jahres erfuhr, dass die Polizei auf und an der Lahn nach der seit Heiligabend vermissten Frau suchte, habe er die Sporttasche zurück in seine Wohnung geholt und in einer Räucherkammer deponiert. Dort wurde sie Wochen später von der Polizei gefunden. Der Mann sitzt seit einem Jahr in der Justizvollzugsanstalt Limburg in Untersuchungshaft.
Der erste Prozesstag dauerte nur 20 Minuten und war nach Verlesen der Anklageschrift und einer kurzen Stellungnahme von Strafverteidiger Oliver Wallasch aus Frankfurt beendet. Vorsitzender Richter Andreas Janisch erklärte, dass das Gericht noch auf ein umfangreiches Gutachten der Rechtsmedizin wartet, das nicht vor dem 21. Oktober vorliegen werde. Das Gutachten ist ein wichtiger Teil der Beweisaufnahme.
Verteidiger: „Er wurde vorgeführt wie ein Tanzbär“
Verteidiger Wallasch sagte, dass die Anklage seinen Mandanten psychisch erheblich belaste. Er kritisierte, dass sein Mandant im Vorfeld der Hauptverhandlung „wie ein Tanzbär vorgeführt“ und „als ein Mörder klassifiziert“ worden sei. „Das nagt an ihm.“ Pressevertreter hatten den Angeklagten nach seiner Festnahme und vor dem Gang zum Ermittlungsrichter vor dem Amtsgericht Limburg gefilmt. Zu diesem Zeitpunkt habe sich sein Mandant „in einem desolaten Zustand befunden“, sagte Wallasch nach der Sitzung vor Medienvertretern.
Auf die Frage, was er von dem Verfahren erwarte, sagte der Verteidiger: „Das Verfahren wird komplex.“ Das Gericht werde nach seiner Einschätzung Schwierigkeiten haben, Feststellungen zu den Anklagevorwürfen zu treffen. Ziel der Verteidigung sei es, dass sein Mandant in einer Entziehungsanstalt untergebracht wird. „Das ist auch, was er will.“ Weiter sagte Wallasch: „Das Jahr Untersuchungshaft hat ihm gut getan, er ist jetzt von den Drogen weg und stabil. Das muss aber professionell bearbeitet werden.“ Zuvor hatte Staatsanwaltschaft Pohling bereits erklärt, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus Sicht der Anklage in Betracht komme.
Rechtsanwalt Wallasch äußerte sich auch zu der Frage einer möglichen Vertuschung der Tat durch seinen Mandanten. „Das ist noch nicht festgestellt. Das Verfahren ist geprägt durch Gerüchte.“ Sein Mandant werde sich erst dann zu dem Tatvorwurf äußern, wenn dafür eine Grundlage vorhanden sei.
Der Fall hatte im vergangenen Jahr nach einer Sendung von „Aktenzeichen XY…ungelöst“ und einer groß angelegten Suchaktion der Polizei auf der Lahn zwischen Villmar und Runkel für Aufsehen gesorgt. Ein Zeuge hatte sich gemeldet, nachdem er ein Büschel roter Haare aus der Lahn gefischt hatte.
Der Prozess vor dem Landgericht ist zunächst auf 15 Sitzungstage angelegt, davon elf noch in diesem Jahr. Der nächste Verhandlungstag ist auf Freitag, 25. Oktober, 9 Uhr, terminiert.