Wer an Beeren denkt, dem kommen meist Erdbeeren, Himbeeren oder Blaubeeren in den Sinn. Doch Lars Huf-Rühlemann hat ganz andere Sorten im Blick – und das mit voller Überzeugung. Der gebürtige Sachse, der heute mit seiner Frau Sarah Huf und drei Kindern in Hadamar lebt, hat sich 2018 seinen lang gehegten Traum vom Leben als Landwirt erfüllt. Auf rund sechs Hektar Fläche betreibt der 45-Jährige in der Nähe von Hartenfels ökologischen Beerenanbau im Nebenerwerb – mit Sorten, die man hierzulande kaum kennt.
Mit viel Leidenschaft und Pioniergeist hat Huf-Rühlemann auf drei Feldern 1000 Aronia-, 400 Saskatoon- und 2500 Haskapsträucher gepflanzt. Ergänzt wird das Sortiment durch schwarze Himbeeren – eine eher seltene Variante der bekannten roten Schwester. Die Beeren wachsen im Westerwald gut, kommen mit den Böden zurecht, doch teilweise ist es sogar zu warm. Warum hat er sich für den Anbau dieser Exoten entschieden? „Ich will zeigen, was in diesen Beeren steckt“, erklärt der Obstbauer.

Und das ist einiges: Besonders reich an Pflanzenfarbstoffen und Antioxidantien gelten sie als wahre Kraftpakete für die Gesundheit. Das Ziel des promovierten Agrarwissenschaftlers, der viel in Afrika auf Messen und Konferenzen arbeitet, ist: die Superfrüchte im Westerwald bekannt machen. Mit seinem Projekt möchte er nicht nur gesunde Lebensmittel produzieren, sondern auch ein Bewusstsein schaffen: für Vielfalt im Obstbau, für regionale Produkte und für die Schätze, die in der Natur noch weitgehend unentdeckt sind.
Doch bis aus den winzigen Stecklingen Sträucher mit fruchtigen Leckereien wurden, war und ist es ein langer Weg – mit vielen Herausforderungen. „Rehe, Vögel und konkurrierende Beikräuter sind unsere größten Gegner“, berichtet Huf-Rühlemann. Trotzdem lässt er sich nicht entmutigen. Seine Philosophie ist ein naturverbundener, nachhaltiger Anbau ohne chemische Keule – dafür mit viel Handarbeit und Geduld. Perspektivisch will und muss er seine Felder einzäunen, der Wildverbiss richtet einfach zu viele Schäden an. Aber auch das wird dauern.

Die Ernte erfolgt größtenteils durch Selbstpflücker, die ab dem Sommer willkommen sind. So können Interessierte die besonderen Beeren nicht nur kennenlernen, sondern auch direkt selbst genießen. Für alle, die lieber fertige Produkte mögen, stellt Huf-Rühlemann zudem Säfte und Fruchtaufstriche her – mit möglichst wenig Zucker. Der Obstbauer vertreibt diese auf Märkten der Naturgenuss-Initiative oder über seinen Onlineshop.
Die Pflücktermine gibt online bekannt. Am Tag selbst werden auch Hinweisschilder aufgestellt. Selbstpflücker zahlen 8 Euro pro Kilo für Haskap, Aronia und Saskatoon und 11 Euro pro Kilo für die schwarze Himbeere. Doch noch kommen zu wenige Interessierte. „Ich habe unterschätzt, wie pflückfaul die Leute sind“, sagt er. So musste der Hobbybauer auch eine Erntemaschine anschaffen.

Er setzt aus Überzeugung auf Bio. „Ja, es ist viel teurer und viel mehr Arbeit. Die Pflanzen wachsen langsamer. Aber ich will nur etwas anbauen, was ich guten Gewissens meinen Kindern zu essen geben kann.“ Die Plantage beschäftigt die Familie das ganze Jahr über. Unkrautvlies muss gelegt werden, mähen steht an, Drahtspalier wird angebracht, Sträucher müssen zurückgeschnitten, abgetragene Triebe entfernt werden. „Ein- bis zweimal pro Woche kommen wir hierher“, so der 45-Jährige. „Es ist anstrengend“, gibt er zu. Und ergänzt gleich: „Aber in der Landwirtschaft muss man einfach durchhalten.“
Dann aber strahlt er beim Blick über seine Felder. Die Sonne bricht durch die Wolken, ein Raubvogel zieht am Himmel seine Kreise. Und es wird klar: Lars Huf-Rühlemann ist kein gewöhnlicher Landwirt – sondern ein Visionär mit Gummistiefeln. Wer ihn erlebt, spürt schnell: Hier geht es nicht nur um Beeren, sondern um eine Lebensaufgabe.
Die Selbstpflückertermine werden auf Facebook, Instagram und im Internet unter www.westerwaelder-beerenland.de und sconiber.de bekannt gegeben.

Westerwälder sollen unbekannte Beeren schätzen lernen
Unterhalb des Schmanddippen in Hartenfels sind Tausende Obststräucher gepflanzt worden. Die unbekannten Beeren können frisch, als Saft, im Kuchen oder als Aufstrich genossen werden.