Ob sich die kleine digitale Kreativwerkstatt mit aktuell elf Mitarbeitern künftig noch stärker auf die Produktion von Videospielen konzentrieren kann, hängt auch davon ab, wie sich diese Branche in Rheinland-Pfalz entwickelt. Als Medienschaffender hat Wiechering lange Zeit in der Fernsehbranche gearbeitet, bevor sich er und Pohl selbstständig machten. Hauptgeschäft ihrer Firma mit Sitz in Niederelbert war und ist seither die Entwicklung von Anwendersoftware für Unternehmen. Die Entwicklung von Videospielen mache nur rund 10 bis 15 Prozent des täglichen Geschäfts aus, merkt Wiechering im Gespräch mit unserer Zeitung an.
Wir Menschen haben schon immer gespielt, nur das Medium hat sich verändert.
Jens Wiechering
Doch Videospiele sollen ein Schwerpunkt ihrer Arbeit werden, macht er ebenso deutlich. Parallelen sieht er hierbei zu seiner Tätigkeit beim Fernsehen: „Videospiele sind ein Medium, wie Film und Fernsehen auch. Sie erzählen eine Geschichte und haben aus meiner Sicht einen kulturellen Wert.“ Senad Palic, Marketing-Manager von Binary Impact, fügt hinzu: „Wir Menschen haben schon immer gespielt, nur das Medium hat sich verändert.“
Neben seiner Leidenschaft für Videospiele trägt Wiechering eine weitere in sich: den Westerwald. Die Zukunft seiner Firma sieht er als gebürtiger Westerwälder weiterhin hier. „Wir wollen definitiv im Westerwald bleiben, ich wohne außerdem gerne hier.“ Dabei ist ihm und seinen Kollegen durchaus bewusst, dass die Umstände für seinen Betrieb hier in Rheinland-Pfalz (noch) nicht die besten sind. Die Anzahl der Entwicklerstudios hierzulande sei überschaubar, die Möglichkeiten begrenzt.
Auch Mangel an Fachkräften
Probleme bereitet ihnen vor allem der Fachkräftemangel. Zwar würden ganze vier Universitäten und Hochschulen in Rheinland-Pfalz, wie etwa die Uni in Koblenz, Fachkräfte ausbilden, die von Entwicklerstudios händeringend gesucht würden. Das Problem sei aber: „Nahezu alle verlassen das Bundesland nach der Ausbildung.“ Der Grund liegt auf der Hand: „Hier existieren einfach keine Branchenzentren“, problematisiert Wiechering.
Generell hat sich Deutschland noch nicht als Entwicklerland von Videospielen hervorgetan. Die Global Player sitzen in anderen Ländern wie den USA oder Japan. Mit Blick auf Rheinland-Pfalz sollte aus Wiecherings Sicht aber auch die Landespolitik ein berechtigtes Interesse daran haben, den Istzustand zu verändern. Daten würden belegen, dass die Game-Branche zu einem immer größeren wirtschaftlichen Industriezweig anwächst, an dem wiederum auch Steuergelder hängen, so Wiechering.
Rund 8,5 Milliarden Euro Umsatz
So betrug der Umsatz des deutschen Game-Marktes laut Jahresreport des Verbands der deutschen Game-Branche 2020 rund 8,5 Milliarden Euro. Das meiste Geld davon lande jedoch bei Unternehmen im Ausland, der Marktanteil deutscher Unternehmen liege im niedrigen einstelligen Prozentbereich, bemängelt Wiechering.
Umso mehr wollen die Verantwortlichen von Binary Impact die Branche hierzulande als einer von wenigen Arbeitgebern in diesem Bereich fördern. Angewiesen sind sie dabei wiederum auf finanzielle Hilfen aus der Politik. Denn Videospiele zu produzieren, kostet nicht nur viel Zeit, sondern auch Geld, was gerade kleine Firmen nicht immer haben. Warum diese Arbeit so kostenintensiv ist, zeigt Wiechering an einem eigenen Beispiel: Die Planungen für das zweite Spiel von Binary Impact laufen aktuell auf Hochtouren.
Parkhaussimulator entwickeln
Anfang 2023 soll der Startschuss für die Entwicklung eines Parkhaussimulators fallen. Läuft alles nach Plan, werden fünf bis sechs Leute über elf Monate in Vollzeit an dem Projekt arbeiten. Das treibt die Kosten in die Höhe. „Und das ist verhältnismäßig nur ein kleines Spiel“, merkt Wiechering an. Und es ist ein Spiel, für das schon viel Vorarbeit geleistet werden konnte. Denn Ergebnisse aus einem anderen Industrieprojekt können sich die Westerwälder Entwickler hier zunutze machen.
Trotz alldem ist man für die Umsetzung des Projektes auf die 2021 ins Leben gerufene Medienförderung des Landes Rheinland-Pfalz angewiesen. Dass es diese gibt, sei ein erster richtiger Schritt, findet Wiechering. Er betont allerdings auch: „Damit die Gelder einen sinnvollen Nutzen haben, müsste der Topf aufgestockt werden. Wenn Firmen durch eine lukrative Förderung im Land gehalten werden und damit Arbeitsplätze schaffen, würde man sich qualifizierte Fachkräfte im Land halten.“ Auch das ist ein großes Ziel von Wiechering, damit sowohl Binary Impact als auch die gesamte Branche in Rheinland-Pfalz weiter wachsen können.
2019 brachte Binary Impact sein erstes selbst entwickeltes Videospiel namens Beam auf den Markt. In dem anspruchsvollen Geschicklichkeitsrätsel spielt man den angehenden Kapitän Martin, der soeben sein Raumschiff zum Absturz gebracht hat. Mithilfe der besonderen Fähigkeiten seiner Raumkapsel Marble muss er nun aus dem Wrack entkommen. Von der ersten Idee über die Gestaltung der verschiedenen Level bis hin zur 3D-Animation und dem Sound-Design: Was man in Beam sieht, hört und spielt, haben die Entwickler von Binary Impact alles selbst produziert. Tiefere Einblicke in das Spiel Beam gibt ein Youtube-Trailer.