Fabrikationshalle der Tonkasserollen aus Ransbach-Baumbach bietet eine tolle Atmosphäre für kulinarische Lesung
Kulinarische Lesung in toller Atmosphäre: Krimiautorin lässt bei Römertopf die Zuhörer schmoren
In der Ofenhalle der Römertopf-Fabrikation in Ransbach-Baumbach hat Kerstin Wolf-Mujkanovic aus ihrem Kriminalroman „Bordeaux – Schuld und Vergessen“ gelesen. Die noch warmen Öfen und Hunderte rot angestrahlter Tonkasserollen boten ein fantastisches Ambiente.
Katrin Maue-Klaeser

Als würden die Tonkasserollen noch rot glühen: In den geöffneten Öfen sowie auf Rollwagen stapeln sich Dutzende Römertöpfe, sie strahlen noch eine angenehme Wärme ab, wenn auch das rötliche Glimmen von farbigen Scheinwerfern herrührt.

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Frank Gentejohann, Geschäftsführer der Firma Römertopf in Ransbach-Baumbach, hat zu einer kulinarischen Lesung in die Ofenhalle geladen und den Brand extra außer der Reihe laufen lassen, um die Öfen als Heizung zu nutzen – ein außergewöhnliches Ambiente, das beim Publikum gut ankommt.

Verwinkelt ist der Weg vom „Römertopfmuseum“ neben dem Werkverkauf, vorbei an Büros und Werkstätten bis in die Ofenhalle. Dort wartet ein Büfett auf die Gäste, auch einige Romane von Kerstin Wolf-Mujkanovic liegen schon aus. Die Limburger Schriftstellerin liest in der Töpferstadt aus ihrem Kriminalroman „Bordeaux – Schuld und Vergessen“. Passend dazu gibt es Wein, Quiche und eine französische Käseplatte, geliefert aus dem Stadthallenrestaurant, das gegenüber der Produktionshalle der bekannten Tontöpfe liegt. So bleibt die Kulinarik keine Theorie.

Frank Gentejohann, der schon einige Krimis von Wolf-Mujkanovic gelesen hat, erklärt kurz seine Idee: An dem Ort, wo das kulinarische Kulturgut aus Westerwälder Ton gefertigt wird, will er mit der Lesung ein anderes Kulturgut mit Bezug zu gutem Essen und Trinken präsentieren. Kerstin Wolf-Mujkanovic hat auch schon einem Weißen einen ihrer Krimis gewidmet, „Rieslingflüstern“ ist der Titel. Doch passend zur Jahreszeit wendet sie sich in der Ofenhalle dem roten Bordeaux zu.

Die Kriminalgeschichte spielt im Medoc des 19. Jahrhunderts, als Weininspekteure – ein Berufsbild, das durchaus das Interesse der Besucher weckt – von Napoleon III. nach ganz Frankreich entsandt werden, um die edlen Tropfen zu klassifizieren. Denn mit diesen wollte der selbst ernannte französische Kaiser die Gäste der Weltausstellung 1867 – und damit genau 100 Jahre vor der Gründung der Firma Römertopf – in Paris beeindrucken, präsentiert die Autorin zunächst den realen historischen Rahmen ihres Romans.

Autorin animiert die Leser zum Rätseln und Mitdenken

Die historische Recherche bildet die Grundlage einiger ihrer Romane, die zumeist im Urlaub entstehen oder zumindest ihre Inspiration finden. Wolf-Mujkanovic verbrachte vor gut zehn Jahren ihre Ferien im Südwesten Frankreichs und befasste sich zunächst mit der Region Bordeaux und der Weinproduktion. Geschichtlich interessiert, nahm sie dann die frühe Klassifizierung der Weine durch Kaiser Napoleon III. ins Visier und damit die gesellschaftlichen Umstände während seiner Regentschaft. Dass es dem Neffen Napoleons I. gar nicht darum ging, die Qualität der französischen Weine zu würdigen, sondern den fortschrittlichen Engländern wenigstens in einem Punkt den Rang abzulaufen. 2012 erschien „Bordeaux – Schuld und Vergessen“ als zweiter Roman Wolf-Mujkanovics.

Während also Mitte der 1860er-Jahre die Weinproduzenten in der Region Bordeaux wegen der Qualitätskontrolleure in heller Aufregung sind, ein englischer Pater auf dem Jakobsweg nach seinem Seelenheil sucht und englische Glücksritter mit umetikettiertem französischem Fusel in der Heimat Reichtümer scheffeln wollen, werden Moorleichen gefunden. Sieben junge Mädchen sind offenbar einem diabolischen Mörder zum Opfer gefallen – und der kaiserliche Commissaire sieht sich bei den Ermittlungen mit einer Mauer bäuerlichen Schweigens konfrontiert.

Was hat es zudem mit den verbrannten Eichenfässern auf sich, die in der Nähe mehrerer Fundorte umherliegen? Welche Rolle spielen die geldgierigen Kaufleute und welche die Geistlichen, die selbst dringend Absolution brauchen würden? Die Liebe der Autorin zur Region, zu historischen Details und zu den Personen ihres Romans ist aus jedem Wort zu spüren, das sie vom hell erleuchteten Lesepult vorträgt. Sie animiert die Leser zum Mitdenken, zum Rätseln, ohne den Krimi aufzulösen, der wie alle ihre Romane im Selbstverlag erschienen ist. Das Halbdunkel der Halle mit den glutroten Lichtakzenten bietet das ideale Ambiente für die Lesung. Und als es langsam frisch wird neben den abkühlenden Öfen, erhält jeder Zuhörer ein signiertes Exemplar des Krimis – damit er wegen der Lösung des Falls nicht weiter schmoren muss.

Von Katrin Maue-Klaeser

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