1,5 Stellen für Gemeindeschwestern plus entfallen auf jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt. Bisher teilten sich dieses Kontingent des Westerwaldkreises mit jeweils einer halben Stelle die Verbandsgemeinden Montabaur und Höhr-Grenzhausen, die die Fördergelder direkt erhielten. Ab kommendem Jahr ändert sich das: Der Kreis verteilt die Gelder auf alle VGs, die Interesse an einer Gemeindeschwester plus haben.
Nach Montabaur und Höhr-Grenzhausen, in denen es bereits seit mehr als zwei Jahren Gemeindeschwestern plus gibt, hätten ab dem Jahr 2024 weitere sieben Verbandsgemeinden im Westerwaldkreis ihr Interesse an der Teilnahme bekundet, erklärt die Kreisverwaltung auf Nachfrage, die Teilnahmevoraussetzungen einer Verbandsgemeinde würden noch geprüft. „Die Fördermittel des Landes werden daher auf acht beziehungsweise neun Verbandsgemeinden verteilt“, so die Pressestelle weiter.
Entscheidung liegt beim VG-Rat
Weil damit die Fördersumme, die sich die VG Montabaur bisher allein mit der VG Höhr-Grenzhausen teilen musste, sinkt und der Betrag, den die Verwaltung selbst übernehmen müsste, steigt, lautet die Empfehlung nach knapper Entscheidung im HFA, das Programm einzustellen und die Zusammenarbeit mit Schwester Barbara Spiegelhoff zu beenden. Nun liegt es am Freitag beim VG-Rat, eine abschließende und endgültige Entscheidung über die Zukunft der, auch im Ausschuss unbestritten, erfolgreichen Gemeindeschwester zu treffen.
„Viele Senioren und Seniorinnen wollen möglichst lange zu Hause wohnen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Doch dabei müssen sie häufig unterstützt und beraten werden, wobei präventive Hausbesuche und eine Vernetzung helfen“, erklärt SBR-Koordinator Uli Schmidt aus Horbach das Modell der Gemeindeschwester plus. „Als Ergänzung zu den Pflegestützpunkten, Nachbarschaftshilfen, örtlichen Seniorengruppen und vielen anderen Engagierten kann so ein in jedem Dorf im Westerwald tätiges umfassendes Beratungs- und Hilfsnetzwerk entstehen“, meint Schmidt.
Schon bei Einführung sei Finanzierung klar gewesen
Das sei nur zu realisieren, wenn Land, VG und Kreis sich ihrer Verantwortung für die älteren Menschen gemeinsam stellten, zumal mit der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft der Handlungsdruck immer größer werde. Und schon bei der Einführung des Programms als Modellprojekt sei klar gewesen, dass die dauerhafte Finanzierung wohl nicht allein aus Mitteln des Landes und der Krankenkassen gesichert werden könne, merkt Schmidt weiter an.
Der SBR hoffe, dass das Land etwas mehr Mittel an die Kreise verteilen könne, dass die VGs ihre soziale Verantwortung erkennen und einen gewichtigen Teil der Kosten trügen. Und auch der Kreis müsse sich dazu entscheiden, einen Teil beizutragen. „Es reicht für den Westerwaldkreis nicht, die Seniorenpolitische Konzeption zu beschließen und ansonsten auf das Land zu zeigen, wenn es bei einem wichtigen Seniorenprojekt um die Umsetzung geht“, stellt Uli Schmidt abschließend fest.
„Es ist ein nicht bezahlbarer Dienst an unserer älter werdenden Gesellschaft, die bald 30 Prozent der Bevölkerung ausmacht.“
Hildegard Jöris aus Montabaur
Hildegard Jöris aus Montabaur, eine in der Region bekannte Seniorenaktivistin, erklärte dazu: „Es ist ein nicht bezahlbarer Dienst an unserer älter werdenden Gesellschaft, die bald 30 Prozent der Bevölkerung ausmacht.“ Ihr sei unverständlich, wie politische Gremien nur die Kostenfrage, nicht aber die Effizienz der Tätigkeit im Blick haben könnten. „Gerade die Generation, die dieses Land aufgebaut hat, soll wohl jetzt als erste von Sparmaßnahmen betroffen sein, in deren Folge weit höhere Kosten für Unterbringung und Versorgung zulasten der Kommunen entstehen“, so Jöris.
Auf Facebook zieht unser Artikel zur Empfehlung des Haupt- und Finanzauschusses (HFA) der VG Montabaur, das Programm der Gemeindeschwester plus zum Jahresende in der VG Montabaur einzustellen, weite Kreise.Gemeindeschwester plus bewegt das Internet: Politiker und Nutzer aus Montabaur melden sich kontrovers zu Wort
All das unterstreicht Caritas-Direktorin Stefanie Krones vom Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn in einer öffentlichen Stellungnahme in den sozialen Medien. Die Caritas ist der Anstellungsträger der Gemeindeschwester plus, sozusagen der Arbeitgeber, während die VG der Projektträger ist. „Die Gemeindeschwester kommt nicht ,wie früher‘ und übernimmt die Pflege selbst, sondern sie kennt – wie keine zweite – alle formellen und informellen Strukturen in der Verbandsgemeinde und weiß, wer nun zuständig ist, wer helfen kann und welche Anträge gestellt werden müssen“, erklärt Krones.
Mit ihren kreativen Ideen könne sie vielen Menschen helfen, länger im eigenen Haushalt zu leben. „Spart nicht das am Ende viel mehr Geld, als die Verbandsgemeinde nun nicht ausgeben möchte? Können wir uns in Montabaur und Umgebung wirklich nicht leisten, diese Arbeit fortzusetzen? Müssen wir hier den Rotstift ansetzen und das Modell einfach so ,einstampfen‘?“, fragt Stefanie Krones und betont: „Von unserer Seite wurde der Vertrag nicht gekündigt. Wir stehen für die Zukunft der Kooperation.“
Am Freitag, 15. Dezember, tagt der Verbandsgemeinderat Montabaur um 16 Uhr unter anderem zu diesem Thema. Die Sitzung im Saal am Konrad-Adenauer-Platz 8 in Montabaur ist öffentlich.