Bad Marienberg
Krimi in Bad Marienberg: Herausforderer Schmidt lässt Amtsinhaberin Willwacher schwitzen
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"Da habe ich so nicht mit gerechnet, dass es eng wird", sagt Stadtbürgermeisterin Sabine Willwacher, während sie auf dem Boden der Bücherei in Bad Marienberg sitzt, ihren kleinen Hund neben sich
Maja Wagener

Es ist 17 Uhr am Sonntag. Langsam sei er ein bisschen aufgeregt, sagt Phillip Schmidt (CDU), während er im Wahllokal in der Wolfsteinschule in Bad Marienberg steht. Der 29-jährige Polizist aus Wuppertal, der seit 2021 in Zinhain lebt, hat die Stadtbürgermeisterin Sabine Willwacher (SPD) herausgefordert. Eigentlich eine sichere Bank für die Amtsinhaberin, schien es.

Schmidt ist als Wahlhelfer in der Grundschule tätig und langsam ein bisschen aufgeregt, wie er sagt. „Ist ja auch nicht mehr ganz so lang“, wirft er einen Blick auf die Uhr, während ein paar späte Wähler in die Kabinen eilen. Wenige Minuten darauf in der Büchtingstraße 3: Sabine Willwacher sieht entspannt aus in ihrem Büro im Rathaus, während sich die Wähler in der Bücherei im vorderen Teil des Rathauses die Klinke in die Hand geben. Innerlich sieht es bei der 59-Jährigen schon anders aus, so nah an der Schließung der Wahllokale: „Kurz davor hat man doch eine andere Herzfrequenz“, sagt sie.

Nicht damit gerechnet, dass es so eng wird

Dann ist es 18 Uhr, die Wahlurnen werden geleert. Einige Tische haben die Helfer rund um Wahlvorsteher Valentin Sohlbach zusammengeschoben, um auszuzählen. Auch Rita Müller hilft mit, die langjährige Marmer Vorzimmerdame, die noch 48 Arbeitstage von der Rente trennen, und ihre Nachfolgerin Theresa Orthey, gerade frisch im Job. Konzentriert falten sechs Frauen die blauen Zettel der Stadtbürgermeisterwahl auseinander und sortieren sie.

„Mir war gerade mal ganz schön blümerant.“

Sabine Willwacher während des Wahlkrimis

Ganz still steht Sabine Willwacher in der Tür, während der Stapel der Stimmzettel für Herausforderer Phillip Schmidt wächst. „Er ist schon gut dabei“, sagt sie. Schmidt habe auch einen guten Wahlkampf gemacht, einen fairen dazu, stellt die selbstständige Malermeisterin fest, während die Helferinnen die Stimmen auszählen. Seitdem er im Herbst von der CDU zum Kandidaten gekürt worden war, sei er überall präsent gewesen, erinnert sich die erfahrene Politikerin, die 1994 erstmals in den Marmer Stadtrat kam. Schließlich ist ausgezählt, es sind 150 Stimmen für Schmidt, 224 für Willwacher. Erleichtert gibt sie zu: „Mir war gerade mal ganz schön blümerant.“ Das Ergebnis der Urnenwähler in Langenbach bestätigt die Tendenz: 129 Kreuze für Sabine Willwacher, 85 für Phillip Schmidt.

In der Wolfsteinschule ist Wahlhelfer Martin Meyer gerade entsetzt: „Die AfD hat den dicksten Haufen.“ 65 Stimmen hat die Partei bei der Europawahl in den Ortsteilen Zinhain und Eichenstruth bekommen, 54 die CDU, die damit nur zweitstärkste Partei ist. „Wir sind alle entsetzt“, sind sich die Marmer Wahlhelfer hier einig. Im Nebenraum werden derweil die blauen Stimmzettel für die Stadtbürgermeisterwahl ausgezählt, Ziffern werden notiert. Phillip Schmidt kennt das Ergebnis noch nicht. Unruhig läuft er in der Halle der Grundschule hin und her.

Dann steht fest: Die beiden Bezirke hat der Wahl-Zinhainer mit 110 Stimmen der Urnenwähler für sich gewonnen und damit seine Mitkandidatin mit ihren 90 Stimmen übertrumpft. „Das wird noch interessant. Nicht gut für meinen Puls“, lachte Schmidt, als Kai Müller das offizielle Ergebnis bekannt gibt. Schmidt ist stolz, die Wahlhelfer gratulieren, umarmen ihn, klopfen dem 29-Jährigen auf die Schulter. Sofort informiert er über das Handy seine Lebensgefährtin, die bei ihrer Familie ist und dort mitfiebert.

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In zwei Stimmbezirken, Eichenstruth und seinem Wohnort Zinhain, hat Phillip Schmidt (Mitte) die Mehrheit der Wählerstimmen geholt. CDU-Kollege Martin Meier (rechts) gratuliert.
Maja Wagener

„Da habe ich so nicht mit gerechnet, dass es eng wird“, sagt Stadtbürgermeisterin Sabine Willwacher, während sie auf dem Boden der Bücherei in Bad Marienberg sitzt, ihren kleinen Hund Paul Eddy auf einer roten Decke neben sich: „Doch so ist das mit der Demokratie. Der Bürger entscheidet letztendlich.“ Sie vermute, dass die Wildparkstraße im Ortsteil Zinhain eine Rolle gespielt hat, sagt die 59-jährige. Durch die Falknerei, Kletterpark und Gastronomie gebe es in Richtung Wildpark viel Verkehr.

Während sie noch überlegt, klingelt das Telefon. Im Gespräch erfährt Sabine Willwacher, dass die Bad Marienberger sie schließlich mit 59,2 Prozent der Stimmen im Amt der Stadtchefin bestätigt haben. Erleichtert umarmt Willwacher ihren Hund und Lena Melchert. Auch die anderen Helfer umringen und umarmen die alte und neue Stadtchefin. Später würden sicher noch ein paar Leute vorbeikommen zum Gratulieren, freut sich die 59-Jährige ganz langsam: „Es ist jetzt schon ein bisschen gesackt.“

Glücklich schließt die alte und neue Stadtbürgermeisterin Sabine Willwacher (links) in der Bücherei im Marmer Rathaus ihren Hund Paul Eddy in die Arme. Mit ihr freuen sich Lena Melchert (Mitte) und Sabine Held-Benner über den Wahlsieg.
Röder-Moldenhauer

In der Wolfsteinschule hat sich das endgültige Ergebnis auch herumgesprochen. 40,8 Prozent der Urnen- und Briefwähler haben dem Polizisten ihre Stimme gegeben. Er gratuliere Sabine Willwacher herzlich und bedanke sich bei ihr, der SPD und den Grünen für den fairen Wahlkampf, sagt Phillip Schmidt: „Jetzt hoffe ich auf einen Einzug in Stadt- und VG-Rat.“ Dann wolle er mit guter politischer Arbeit die Grundlage legen, die Wahl in fünf Jahren für sich zu entscheiden. „Wenn ich noch einmal aufgestellt werde“, schließt Schmidt.

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