Der endgültige Abriss der Lutherkirche und des zugehörigen Pfarrzentrums an der Elgendorfer Straße in Montabaur steht unmittelbar bevor. Doch was geschieht mit Kreuz und Glocken, wenn der Turm fällt? Die Antwort ist profan: Als Altmetall gehen sie den Weg alles Irdischen.
Dabei ist es nicht so, dass sich Pfarrerin Anne Pollmächer und der Kirchenvorstand der evangelischen Gemeinde nicht bemüht hätten, insbesondere für das Geläut Interessenten zu finden, betont Pollmächer. Evangelische Gemeinden in weitem Umkreis seien gefragt worden, ob sie Verwendung für die Glocken hätten – doch es gab keinen Bedarf. Auch die katholische Schwestergemeinde St. Peter in Ketten sei kontaktiert worden: „Die Glockenspiele der beiden Kirchen wurden seinerzeit in der Tonhöhe aufeinander abgestimmt“, weiß die Pfarrerin – doch der Glockenstuhl von St. Peter ist voll besetzt, es war kein Platz mehr frei.
Für uns war der Abschied von der Lutherkirche, für den wir uns Zeit genommen haben und der gut geplant war, besonders wichtig.
Pfarrerin Anne Pollmächer
„Wir hatten sogar in Erwägung gezogen, ein frei stehendes Gebälk für die Glocken in das künftige Pauluszentrum zu integrieren“, berichtet Pollmächer. Doch die Kosten für Ausbau, Transport und Lagerung wären so exorbitant gewesen, dass sich der Kirchenvorstand einhellig dagegen aussprach. Das Geld könne anderweitig sinnstiftender eingesetzt werden, war man sich einig. „Für uns war der Abschied von der Lutherkirche, für den wir uns Zeit genommen haben und der gut geplant war, besonders wichtig“, erklärt die Pfarrerin. Über Monate gab es Veranstaltungen (wir berichteten) bis hin zum letzten Gottesdienst im November 2021.
Mit Blick auf das Kreuz, das bis vor wenigen Tagen auf dem Luther-Kirchturm prangte, hebt die evangelische Pfarrerin hervor: „Wo Menschen zusammenkommen, um zu beten, da entsteht Gemeinde.“ Dazu brauche es im Grunde aus religiöser Sicht gar keine rituellen Utensilien. Daher würden in der evangelischen Kirche beispielsweise Glocken auch nicht geweiht. Dennoch werden aus der Lutherkirche mehrere Gegenstände, denen in den Gottesdienstfeiern eine besondere Bedeutung zukam – etwa das Kreuz vom Altar, das Taufbecken und das Abendmahlsbesteck – aufbewahrt.
Bleiglasfenster als Reminiszenz sicher verwahrt
Auch eine Auswahl der bleiverglasten Fensterscheiben aus der Lutherkirche hat die Gemeinde sich gesichert. Sie könnten zum Beispiel beim Neubau des Pauluszentrums als Reminiszenz an die Lutherkirche Verwendung finden – wie sie genau genutzt werden, ist noch offen. Weitere acht Scheiben bewahrt das Bauunternehmen für den Investor des geplanten Quartiers „Wohnen am Kirchgarten“, Ralf Mohr, auf. „Die übrigen Scheiben gehen mit der gesamten Abrissmasse in den Besitz des Bauunternehmens über, das den Abriss vornimmt“, erklärt Mohr.
Mittlerweile ist der Abbruch weit fortgeschritten, es stehen nur noch die Stein- und Betongerippe des einstigen Lutherzentrums. Wertstoffe und die übrigen Reststofffraktionen wie Dachziegel, Metallkonstruktionen, Fenster und Holzelemente sind bereits säuberlich getrennt abtransportiert worden. Anfang kommender Woche werde der Termin für den endgültigen Abriss, auch des Kirchturms, festgelegt, berichtet Investor Mohr. Damit endet auch architektonisch die gut 50-jährige Geschichte des Gotteshauses.