Einen Neustart mit Knalleffekt hat der Kapellenverein Ruppach-Goldhausen hingelegt: Mit einem Auftritt des bekannten Bluesgitarristen Biber Herrmann startete der Verein in eine Reihe von Veranstaltungen – ein Novum in der Kapelle an der Hauptstraße im Ortsteil Goldhausen. Die Konzerte sollen zum einen die Kapelle für noch mehr Menschen öffnen, andererseits dem Verein durch zusätzliche Einnahmen die aufwendige Unterhaltung des Gebäudes erleichtern.
Biber Herrmann erzählte zwischen den Stücken, die teils berufener fremder, teils der eigenen Feder entstammten, aus seinem Leben und von seiner Freundschaft mit Konzertmogul Fritz Rau. Und er griff in die Saiten von fünf unterschiedlichen Gitarren, eine davon mehr als 100 Jahre alt. Als Multiinstrumentalist zauberte er schon mal eine Sechs-in-Einmannband in den Resonanzraum der Kapelle und begeisterte das ausverkaufte Haus von der ersten Minute an.

Und auch zu der Atmosphäre der Kapelle – die durchaus als kleine Kirche durchgehen könnte – fand der Bluesbarde lobende Worte. Der Kapellenverein hat für das Bauwerk aus dem Jahr 1756 seit rund 20 Jahren die Verantwortung übernommen, er finanziert seither die Bauunterhaltungskosten der in Kirchenbesitz befindlichen Kapelle. Die Kirche zahlt für „Dach und Wand, solange es sich in Grenzen hält“, erklärt Manfred Rütten.
Kürzlich wurde vom Kapellenverein ein neuer Vorstand gewählt, der nach den Worten des neuen Vorsitzenden Rütten „wieder mehr selbst machen will“. Zwei Versammlungen habe er im Dorf einberufen, erst kamen 40, dann 50 Leute – und daraus sei der neue Vorstand entstanden. Dazu haben sich im erweiterten Leitungsteam elf Personen zusammengefunden, nachdem der vorherige Vereinsvorstand geschlossen zurückgetreten war, berichtet der Vorsitzende. Seit dem Wechsel an der Spitze habe der Verein seine Mitgliederzahl beinah verdoppelt – ohne Werbung zu machen.

Dem neuen Vorstand gehören neben Rütten die stellvertretende Vorsitzende Denise Andreas, Thomas Kaiser als Schriftführer, Horst Zirkel als Kassierer sowie als Beisitzer die Küsterin Christa Henkes, Sabine Eidt, die hier schon Messdienerin war, Bernd Becker, Werner Kaiser, der den Ortskirchenausschuss vertritt, und Alexander Bauch an. Unterstützung finden sie beim „historisch beschlagenen“ Erik Girmann ebenso wie bei Architektin Pia Mays, die sich auf „alte Gemäuer“ versteht. Werner Kaiser macht deutlich, dass er sich im Verein engagiert, damit „die Kapelle nicht dem Rotstift zum Opfer fällt“. Und Rütten macht sich dafür stark, dass die Gemeinde das Gebäude übernimmt, falls die Kirche es verkaufen sollte.
Der Musiker Biber Herrmann war Manfred Rütten zufällig „über die Füße gelaufen“ und hatte sich rasch überzeugen lassen, in der Kapelle ein Konzert zu geben. „Die Karten waren binnen zwei Wochen ausverkauft“, ist Rütten begeistert: Bis zu 100 Personen finden unten in der Kapelle Platz, circa 20 weitere auf der Empore. „Wir wollen hier Kultur und Musik präsentieren, die der Kapelle entsprechen“, sagt Manfred Rütten, der selbst nach eigenen Worten mit der Institution Kirche nicht viel zu tun hat.

Die Maiandacht und den vorweihnachtlichen Abend mit den Weihnachtsbläsern der Big Band Boden besucht er aber gern. Alle zwei Wochen donnerstags ist in der Kapelle zudem Gottesdienst. „Die Kirche hat eine Million Menschen verloren“, sorgt sich Rütten trotz seiner geringen Nähe. Deswegen sei es dem Verein wichtig, Kinder mit eigenen Veranstaltungen anzusprechen. „Der Vorstand ist auf Sponsorensuche gegangen, speziell für Kinderveranstaltungen“, berichtet Rütten.

Biber Herrmann ließ den „kleinen roten Hahn“ krähen, dabei die Mundharmonika gackern und die Gitarre bellen – und verlegte die Geschichte kurzerhand nach Nentershausen und Ruppach-Goldhausen. Eine kleine Lehrstunde gab es auch: „Little red rooster“ mögen zwar viele von den Rolling Stones kennen, doch geschrieben hat es Willie Dixon und erstmals aufgenommen Howlin’ Wolf. Diese Genauigkeit ist Herrmann wichtig. In der Pause signierte der exzellente Gitarrist eifrig CDs und plauderte mit den Konzertbesuchern.
Hochkarätig geht es weiter mit den Veranstaltungen des Kapellenvereins: Kai Frömbgen, Oboist von internationalem Ruf und Lehrstuhlinhaber für sein Instrument an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, wird am Samstag, 27. September, ein Konzert in der Kapelle geben und am Sonntag, 28. September, den Gottesdienst begleiten. Am Dienstag und Mittwoch, 4. und 5. November, gibt es zwei unterschiedliche Aufführungen des Puppentheaters Sternkundt aus Köln – zunächst eine Abendveranstaltung für Erwachsene, die zweite Aufführung für Kinder.
Der Verein öffnet die Kapelle auch am Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 14. September. Nähere Informationen zum Verein und den geplanten Veranstaltungen finden sich auf der Internetseite www.kapellenverein-ruppach-goldhausen.de
Was die engagierten Mitglieder motiviert
Dem Kassierer Horst Zirkel gefällt das „schöne Gebäude“ der Kapelle mit seiner langen Historie. Christa Henkes ist als gebürtige Ruppacherin in der Kapelle in Goldhausen tätig. Architektin Pia Mays möchte bei den Restaurierungsarbeiten ihr Fachwissen einbringen. Alexander Bauch wohnt gleich neben der Kapelle und hat „schon immer eine Beziehung dazu gehabt“, auch als Mitglied der Weihnachtsbläser. So freut er sich, dass er mit Jonathan Becker einen neuen Schrank für die Sakristei bauen konnte. Dessen Vater Bernd Becker will sich für das Gebäude engagieren, weil es „schade wäre, wenn es aus Geldmangel geschlossen werden müsste“. Werner Kaiser aus dem Pfarrgemeinderat trägt die Interessen des Kapellenvereins an die Kirchenverwaltung heran. Sabine Eidt, hier aufgewachsen, war von einem der Vorweihnachtskonzerte so überwältigt, dass sie beim Neuanfang des Vereins sofort dabei war. Michael Mundt ging es als neu Zugezogenem ähnlich – jetzt gestaltet er den Internetauftritt des Vereins.