Eine erwartungsvolle Anspannung der zahlreichen Gäste erfüllte den Kirchenraum, der dankenswerterweise von Pfarrer Winfried Roth als Ausweichort zur Verfügung gestellt wurde. Erst im Laufe der Liedfolge „Nun will der Lenz uns grüßen“ (Wolfram Buchenberg), „Fröhliche Fahrt“ (ein spätromantischer Chorsatz in tänzerischer Manier von Hugo Wolf) und „Glädjens blomster“ (schwedisches Volkslied in homophoner Satzstruktur von Hugo Alfvén) wich die Anspannung – auch die des Chores.
In der weiteren Programmgestaltung wurde laut Pressemitteilung die große musikalische Bandbreite des Kammerchors deutlich: Das späte englische Madrigal „Mother, I will have a husband“ von Thomas Vautor steht für die Musikepoche der ausgehenden Renaissance, die Stücke „When daisies pied“ (George Macfarren), „Mädchens Wunsch“ (Frédéric Chopin) und „Lerchengesang“ (Felix Mendelssohn-Bartholdy) sowie „Abendständchen“ (Johannes Brahms) stehen für die Romantik – mit ihrer Erweiterung der Harmonik, mit überraschenden Klangfarben und außergewöhnlichen Akkordverbindungen, die der Chor intonatorisch bravourös meisterte.
Aber auch die Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts bereicherten das sommerliche Konzert. Hier sind es die schwedischen Weisen wie „Om alla berg och dalar“ (auf Deutsch: „Wärn alle Berg und Täler“, von David Wikander) oder „Stemning“ (=„Stimmung“, Wilhelm Peterson-Berger), denen sich Veronika Zilles und ihr Chor mit Vorliebe widmen. Eng liegende Harmonien und eine große dynamische Spannweite zeichnen diese Stücke aus.
In ähnlicher Weise präsentierten sich die zeitgenössischen Werke „Ack, Värmeland, du sköna“ (in einer Bearbeitung von Bernd Hans Gietz), „O du stille Zeit“ (Simon Wawer) und „Mondnacht“, die der Chor mit auffallend dichter und ausgeglichener Stimmführung, punktgenauen Absprachen, einem soliden Bassfundament und einer strahlenden Sopranlinie zelebrierte.
Bei dem letztgenannten Stück handelt es sich um ein Chorarrangement (Erstaufführung) aus der Feder von Antonius Wolf, einem Mitglied des Kammerchores, nach einem Orgelstück von W. S. Lloyd Webber, das den bekannten Text des Dichters Joseph von Eichendorff mit der Musik zu einer Einheit zusammenführt.
Man könnte vermuten, der Chorsatz „Shall I compare thee to a summer´s day“ (Nils Lindberg) mit seiner anspruchsvollen Rhythmik hätte in weiser Voraussicht – sozusagen dem schlechten Wetter zum Trotz – Einzug ins Programm gehalten, denn kurzzeitig ließ sich die Sonne im Kirchenraum erblicken. Doch weder das bekannte Volkslied „Kuckuck“, von Peter Schindler im afro-karibischen Tanzrhythmus eines Calypso arrangiert und in der Tenorstimme kongenial interpretiert, noch das Brahmssche „Feinsliebchen“ (in einem Chorsatz des zeitgenössischen Komponisten John Høybye) vermochten das Wettergeschehen positiv zu beeinflussen.
Umso mehr ließen sich die Besucher von dem klangvollen Comeback des Kammerchors begeistern und dankten Veronika Zilles und ihrem Ensemble mit lang anhaltendem Applaus. Der Chor verabschiedete sich schließlich mit dem Negro-Spiritual „Deep River“ von Henry Thacker Burleigh und setzte damit einen in klanglicher Hinsicht wunderbaren Schlusspunkt.