Freie Wähler kommen dazu - AfD verdoppelt fast die Zahl ihrer Sitze - CDU wird stärker - Verluste für SPD, Grüne, FDP und Linke
Jetzt acht Parteien und Gruppen im Wäller Kreistag: Freie Wähler kommen dazu, Verluste für SPD, FDP und Grüne
Christian Flohr

Westerwaldkreis. Im Westerwälder Kreistag wird nach der Kommunalwahl vieles anders. Er hat zwar weiterhin 50 Mitglieder, aber die verteilen sich künftig auf mittlerweile acht Parteien und Wählergruppen. Dennoch behält nach dem vorläufigen Ergebnis das bisherige „Regierungsbündnis“ aus CDU, FWG und FDP seine Mehrheit von 27 Stimmen in dem 50-köpfigen Gremium.

Zwar müssen sowohl die FWG wie die FDP je einen Sitz abgeben und haben damit nur noch fünf beziehungsweise zwei Sitze im Kreistag. Dafür konnte die CDU aber zwei Sitze dazugewinnen und hat damit ihren Status als stärkste Fraktion auf 20 Kreistagsmitglieder ausgebaut. Somit sind die Christdemokraten im für die nächsten fünf Jahre gewählten Gremium sogar mehr als doppelt so stark, wie die SPD mit nur noch neun Sitzen als weiterhin zweitstärkste Fraktion. Die Sozialdemokraten müssen einen Sitz abgeben.

AFD verdoppelt fast ihre Sitze

Mit fast einer Verdopplung ihrer bisherigen vier auf nunmehr sieben Mandate hat sich die AfD auf den Platz der drittstärksten Fraktion hochkatapultiert. Den mussten im Gegenzug Bündnis 90/Die Grünen räumen, die einen herben Verlust erlitten: Sie müssen von ihren bisher sieben Sitzen drei abgeben und übernehmen so den Platz der fünftstärksten Fraktion von der Alternative.

Auch wenn die FWG einen ihrer bisher sechs Sitze abgeben muss, bleibt sie mit fünf Mandaten weiter die viertstärkste Fraktion. Die neu für den Kreistag angetretenen Freien Wähler haben es auf Anhieb geschafft, mit zwei Sitzen in den Wäller Kreistag einzuziehen und landen mit der FDP gleichauf auf Rang sechs. Die Liberalen haben nämlich von ihren bisher drei Sitzen einen verloren. Verloren hat schließlich auch die Linke einen ihrer beiden Sitze und ist damit nur noch mit einem Mandat als kleinste Einheit im künftigen Kreistag vertreten.

Wenn man sich die Wahlergebnisse zum Kreistag in den einzelnen Verbandsgemeinden anschaut, sieht es folgendermaßen aus: Die SPD hat nur in ihren alten Hochburgen, den beiden VGn Bad Marienberg und Hachenburg relativ hohe Stimmenanteile gewonnen, musste sich aber auch da mit Verlusten von 5,4 beziehungsweise 4,1 Prozent den Christdemokraten unterordnen, die dort mit einem Plus von 3,6 beziehungsweise 0,4 Prozent jetzt auch die stärkste Partei sind – wie auch in den übrigen acht VGn. Auch wenn man sich die Kreistagsergebnisse in den einzelnen Ortsgemeinden anschaut, ist die politische Landkarte fast überall schwarz gefärbt. Nur in den beiden VGn Hachenburg und Bad Marienberg sind noch nennenswert viele Gemeinden SPD-rot eingefärbt.

FWG hat ihr bestes Ergebnis in Verbandsgemeinde Selters erzielt

Rot dominiert sind daneben nur noch Oberroßbach (VG Rennerod), Willmenrod (VG Westerburg) sowie Rückeroth und Steinen (VG Selters). Apropos Selters: Sie ist auch die einzige VG, in der die FWG auch in einzelnen Orten die höchsten Stimmenanteile bei der Kreistagswahl erzielen konnte: in Sessenhausen, Freirachdorf und Hartenfels. In der gesamten Verbandsgemeinde Selters hat die FWG aber auch mit 21,6 Prozent ihr mit Abstand bestes Ergebnis eingefahren, obwohl sie gegenüber 2019 hier auch ein Minus von fast 2 Prozent hinnehmen musste. Ein Alleinstellungsmerkmal hat die AfD: Sie holte im kleinen Zehnhausen bei Rennerod mit 29,3 Prozent tatsächlich mit Abstand den höchsten Stimmenanteil von allen Parteien und Gruppen. Überhaupt konnte die Alternative ihren Stimmenanteil oft immens steigern – in der VG Bad Marienberg sogar knapp verdoppeln – und überholte in der VG Selters sogar die Sozialdemokraten.

Die Grünen kamen nur noch in den Verbandsgemeinden Höhr-Grenzhausen und Montabaur auf zweistellige Prozentzahlen (11,9 und 10,9), mussten aber auch dort Verluste von 4,4 beziehungsweise 5,4 Prozent hinnehmen. Die FDP kam in den meisten VGn noch nicht mal mehr über die Fünf-Prozent-Hürde, wenn es sie denn bei dieser Wahl gäbe und wir auch im Westerwaldkreis zur Kleinpartei. Ähnliches gilt für die neu angetretenen Freien Wähler, die es aber aus dem Stand heraus zum Beispiel in den VGn Hachenburg und Ransbach-Baumbach auf mehr als 5 Prozent brachten.

Linke sackt ab

Fast in die Bedeutungslosigkeit sackte im Westerwaldkreis die Linke ab. Sie pendelt sich über alle VGn hinweg durchweg bei 2 Prozent ein, was ihr immerhin aber noch das eine Mandat im Kreistag bringt. Mit einem überraschend gewählten Kandidaten.

Denn die Wähler haben über alle Parteien und Wählergruppen hinweg fröhlich panaschiert und kumuliert. Da rückte auch schon mal eine Bewerberin vom Listenplatz 22 auf den vierten Platz, eine andere von Platz 15 auf Platz zwei vor oder ein Bewerber vom Platz neun auf den erste Platz. Aber davon berichten wir in einer unserer nächsten Ausgaben. Da könnten Kandidaten ein Mandat bekommen, mit denen keiner rechnete.

Die Wahlbeteiligung bei der Kreistagswahl lag bei 64,9 Prozent und damit etwas höher als vor fünf Jahren, wo sie 63 Prozent betragen hatte. Allerdings erstreckt sich die Bandbreite in den einzelnen VGn zwischen 60 (Wirges) und 70,4 (Wallmerod) Prozent.

Wenn alle Vorbereitungen wie geplant und reibungslos verlaufen und der Wahlausschuss die Ergebnisse nach einer eingehenden Prüfung abgesegnet hat, kann der Westerwälder Kreistag schon am Freitag, 12. Juli, zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten.

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