Ein 51-Jähriger aus dem Westerwald muss sich verantworten - Aber ist er selbst nur ein Opfer?
Internetbetrug: 8000 Euro Schaden bleiben ungesühnt

Montabaur. Mit einem Freispruch ist am Schöffengericht Montabaur die Hauptverhandlung gegen einen 51-Jährigen zu Ende gegangen: Der Mann war angeklagt, von April 2016 bis Juli 2017 unter anderem im Westerwald gewerbsmäßig durch Internetverkäufe Menschen betrogen zu haben. „Wir haben bewiesen, dass elf Betrugsfälle vorliegen. Es lag nahe, dass der Angeklagte der Täter ist, aber im Laufe der Verhandlung kamen Zweifel. Wir können den Nachweis, dass er es war, aber nicht zweifelsfrei führen“, begründete Richter Ingo Buss das Urteil.

Die Betrugsmasche war immer wieder die gleiche: Über eine Internetplattform (Ebay) entdeckten die Betrugsopfer verlockende Angebote über Küchengeräte, iPhones, Kamerazubehör oder gar eine Drohne, denen sie nicht widerstehen konnten. Alles klang seriös und freundlich, auch die Kontaktaufnahme verlief zufriedenstellend. Also überwiesen die Interessenten die ausgehandelte Summe – in Vorkasse, die Waren jedoch erhielten sie nie. Dass der Name des Geldempfängers nicht mit dem Namen des Anbieters übereinstimmte, machte sie nicht stutzig, denn das sei durchaus üblich, sagte ein Zeuge aus.

Manche von ihnen traten auch telefonisch mit dem Anbieter in Kontakt. Zwar wunderten sie sich, dass eine Bezahlung nicht über den sonst üblichen, sicheren Weg (PayPal) möglich sein sollte, doch der Anbieter konnte darauf eine schlüssige Antwort geben. Ein Zeuge erklärte, dass es ihm sicher genug erschienen sei, dass er auf ein Deutsches Bankkonto die Summe überweisen sollte. „Man kann ja nicht so einfach ein Konto eröffnen, da ist es möglich, den Inhaber zu ermitteln“, dachte er sich. Dass er einem – oder mehreren – Betrügern auf den Leim gegangen war, merkte er zu spät – ebenso wie die anderen Opfer. Sie „kauften“ Waren im Wert von 420 Euro bis zu 1690 Euro, der Gesamtschaden beträgt etwas mehr als 8000 Euro.

War das Geld überwiesen, verschwanden die Anzeigen von der Plattform. Spätere Nachfragen liefen ins Leere, weder per E-Mail noch Handy war ein Kontakt möglich. Daraufhin wandten sich die Betrogenen an die Polizei.

Im Prozess konnte nachgewiesen werden, dass ein Teil der Summen auf ein Konto lief, das tatsächlich dem Angeklagten gehörte. Dieser gab jedoch an, mit diesen Betrügereien nichts zu tun zu haben. Sein Konto habe er nicht mehr benutzt. Erst als er es kündigen wollte, habe er bemerkt, dass er seine EC-Karte verloren hatte. Zu diesem Zeitpunkt war der Mann, der einen Hauptschulabschluss hat und eine Lehre erfolgreich absolvierte, arbeitslos und ohne festen Wohnsitz. 17 Eintragungen weist sein Registerauszug seit 1992 auf, darunter immer wieder Verurteilungen wegen Betrugs. Dafür verbüßte er auch Haftstrafen.

Ein anderer Teil der Zahlungen lief auf ein Konto, das einem Bekannten des Angeklagten gehörte. Kennen lernten sich die beiden Männer in der JVA. Eine Zeugenbefragung des Bekannten war nicht mehr möglich, da dieser inzwischen verstorben ist.

Schließlich gab es noch ein drittes Konto auf einen fingierten Namen. Ein Zeuge, der Geld auf dieses Konto überwies, hatte vor der Überweisung telefonisch mit dem Anbieter Kontakt. Er erinnerte sich daran, dass der Mann einen süddeutschen Akzent hatte – was nicht auf den Angeklagten zutraf. Zur Sicherheit hatte sich der Zeuge eine Kopie des Personalausweises des Anbieters mailen lassen. Wie die Polizei ermittelte, waren Name, Adresse und Lichtbild gefälscht.

Immer wenn Geld auf die Konten floss, wurden die Beträge zeitnah abgehoben. Wer kassierte, konnte das Gericht nicht ermitteln. Richter Buss sprach nach dem Freispruch von einem „bitteren Ende“ dieser Hauptverhandlung – und das nicht nur für die Justiz, sondern auch für die leichtgläubigen Opfer: darunter Lehrer, Studenten und auch ein 15-jähriger Junge, der sein ganzes Taschengeld für den ersehnten Laptop zusammengespart hatte, den seine Mutter für ihn im Internet scheinbar so günstig erwarb.

Von unserer Reporterin Angela Baumeier

Top-News aus der Region