Es ist ein unvergessliches Datum für die Gemeinde: Vor genau 80 Jahren, am 11. März 1945, wurde der kleine Ort Ebernhahn von einem verheerenden Bombenangriff der US-amerikanischen Luftwaffe getroffen. Mehr als 50 Menschen kamen ums Leben. Unter ihnen zehn Kinder unter sechs Jahren. Am Dienstagabend haben die Bürgerinnen und Bürger der Opfer gedacht.
Um 18 Uhr in Ebernhahn: In der Maria-Empfängnis-Kirche kommen zahlreiche Bürger zusammen, um an die Geschehnisse zu erinnern. Es herrscht ein spürbares Gefühl der Betroffenheit unter den Anwesenden. Die Erinnerungen aus Erzählungen ihrer Familie sind präsent. Der Gottesdienst, musikalisch begleitet vom gemischten Chor Thalia, bildet den Auftakt der Gedenkveranstaltung. Im Anschluss an den Gottesdienst bewegt sich ein Trauerzug in Richtung Friedhof der Gemeinde. Begleitet wird dieser von der Feuerwehr mit leuchtenden Fackeln, die symbolisch die Rolle der Soldaten, die den Trauerzug vor 80 Jahren begleiteten, übernehmen. Vor dem Ehrenmal werden, unterstützt durch den Musikverein Ebernhahn, die Namen der 52 Verstorbenen verlesen. Bis auf die Stimme des Jungen, der die Namen der Opfer vorliest, ist es still. Die Ebernhahner trauern. Während der Verlesung der Namen wird für jedes Opfer eine Kerze angezündet. Angezündet werden die Kerzen von Kindern aus der Gemeinde, die an der Gedenkveranstaltung teilnehmen. Die flackernden Kerzen am Ehrenmal stehen für die Erinnerung, die auch nach 80 Jahren nicht erloschen ist. Gemeinsam mit dem Pfarrer wird ein Kranz am Ehrenmal niedergelegt. Zum Abschluss der Gedenkveranstaltung spielt der Musikverein die Nationalhymne – vereinzelt wird mitgesungen, andere stehen in Stille um das Ehrenmal herum.
Erinnerungen aus Familiengeschichten
Für Ortsbürgermeister Thomas Schenkelberg hat der Gedenktag auch eine persönliche Bedeutung. Sein Vater und sein Onkel erlebten den Angriff als Kinder. Eine Erinnerung aus seiner Familiengeschichte hat sich ganz besonders eingeprägt: „Mein Onkel packte meinen Vater an der Hand und rannte mit ihm los. Mein Vater, der damals noch ein Kleinkind war, fragte: ‚Warum werfen die Bohnen vom Himmel?“
Eine weitere Bürgerin des Ortes erzählt von den schrecklichen Ereignissen, die ihre Großeltern erlebten: „Um 6 Uhr fing der Bombenhagel an.“ Das Haus ihrer Großeltern wurde zerstört, die Schwester ihres Opas fand man tot auf der Kellertreppe, ihre Lungen waren vom Druck der Bomben, zerplatzt. Die Einwohnerin Marlene Zirfas, die zum Zeitpunkt der Bombardierung erst drei Jahre alt war, berichtet darüber, wie das Zuhause ihrer Nachbarn komplett zerstört wurde. Sie hoffe, dass es innerhalb der Ortsgemeinde ein starkes Bewusstsein für die Ereignisse des 11. März 1945 gibt.
Das Bewusstsein über die Bedeutung der Tragödie
Der Ebernhahner Uwe Gerhards hatte selbst schon die Möglichkeit, mit Zeitzeugen über die erschreckenden Ereignisse zu sprechen. Ein Bewusstsein schaffe er innerhalb seiner eigenen Familie dadurch, dass die Ereignisse gemeinsam mit seinen Kindern aufgearbeitet werden.
Für Bürgermeister Schenkelberg ist klar, dass das Thema innerhalb der Bürgerschaft „bewusster denn je“ sei, denn an der Gedenkfeier nahmen insbesondere auch Angehörige der vierten Generation nach der Bombardierung teil. Außerdem betont er, dass das Bewusstsein über die Bedeutung solch einer Tragödie besonders wichtig in Zeiten sei, in denen „Krieg an den Grenzen Europas“ herrscht. Es ist nicht nur ein Abend des Gedenkens, sondern auch ein Moment der Mahnung. Die Bürgerinnen und Bürger Ebernhahns sind sich einig: Gottesdienste und Gedenkfeiern führen dazu, dass eine Tradition weiterlebt und dass das Bewusstsein für die Tragödie weiter erhalten bleibt.