Beim Online-Unterricht setzt die Wirgeser Realschule plus auf „Sdui“, einen Messengerdienst, der mit WhatsApp vergleichbar ist und auf dem Smartphone oder Tablet installiert wird. Im Chat können Schüler und Lehrer miteinander kommunizieren. „Der Messengerdienst ist so aufgebaut, dass jeder unserer Schüler einen Aktivierungscode bekommen hat, mit dem er sich und seine Eltern registrieren kann“, erläutert Schulleiter Kai Liebe.
Lehrer wie Schulleitung können auf Sdui in verschiedenen Gruppen wie Klassen, Klassenstufen sowie „Alle Lehrer“, „Alle Schüler“ oder „Alle Eltern“ gezielt Nachrichten versenden, darunter Elternrundschreiben oder Einladungen. Der Vorteil: Der Messengerdienst kann die Nachrichten in 16 Sprachen übersetzen.
Das Herzstück von Sdui und das Wichtigste für den Online-Unterricht sind die Chat- und die Cloud-Funktion. Dabei hat jede Klasse in jedem Schulfach einen fest installierten Fachgruppenchat, also zum Beispiel in Mathe, Englisch oder Deutsch. Hier werden die Aufgaben für einen Schultag hinterlegt, möglich ist auch, einen Wochenarbeitsplan in einen Ordner einzustellen sowie Hilfestellungen zu geben und kurze Fragen zu beantworten.
In der Cloud des Fachgruppenchats können die Schüler ihre Wochenpläne einsehen. Zugleich können sie erledigte Tagesaufgaben abfotografieren und in einem eigenen Abgabeordner hochladen. Die Lehrer können in dem Fachchat auch Arbeitsmaterialien hinterlegen. Außerdem sind Videokonferenzen möglich.
Online-Unterricht in der Praxis: Eltern und Schüler haben oft mit der Technik zu kämpfen
„Das macht den Schülern großen Spaß“, sagt Liebe. Für die Online-Arbeit verwenden die Schüler zusätzlich Apps wie Anton, in der sie etwa digital Mathematikaufgaben lösen, oder die Vokabeltrainer-App. Doch werden wirklich alle Schüler über Sdui erreicht? „Es haben fast alle einen Zugang. Falls Schüler noch kein Smartphone haben, haben die Eltern einen Account“, zieht Liebe Bilanz.
Und wie sieht der Online-Unterricht in der Praxis aus? Während das Kollegium zufrieden ist, kämpfen Eltern oft mit der Technik. „Unser Sohn hat nur ein altes Handy mit einem kleinen Display. Damit ist es sehr schwer, die Dokumente zu entziffern“, sagt eine Mutter.
Ein Vater moniert, dass die Aufgaben in den Klassenchat eingestellt werden. „Doch zugleich schreiben sich hier Schüler und Lehrer Nachrichten. Dann muss man rauf- und runterscrollen, um die Aufgaben wiederzufinden“, sagt er.
Eine Mutter kritisiert, dass die Arbeitsblätter in der Cloud nicht durchnummeriert sind. „Ich habe heute eine Stunde gebraucht, um Ordnung reinzubekommen und alles auszudrucken. Bei uns herrscht dicke Luft. Ich glaube, den Lehrern ist nicht bewusst, wie Sdui in der Praxis zu Hause aussieht“, sagt sie.
Schulleiter Liebe beklagt fehlendes Equipment und schlechte Infrastruktur
Auch Schulleiter Liebe weiß, dass Sdui nicht perfekt ist. „Die Grenzen liegen darin, dass die Schüler immer noch analog Aufgaben mit Bleistift und Füller bearbeiten müssen. Sie brauchen also ihre Hefte und Bücher wie bei Hausaufgaben“, räumt er ein. Auch die Hausaufgabenkontrolle hat ihre Grenzen.
„Welche Schüler wirklich arbeiten, können wir erst nach dem Fernunterricht kontrollieren“, sagt Liebe. Im Sdui-Fachgruppenchat können aber Leselisten aufgerufen werden. Der Lehrer weiß also, wer Sdui nutzt und wer nicht. Sanktionen sind erst nach der Quarantäne möglich. Lernstoff aus dem Fernunterricht darf im Übrigen – anders als beim Lockdown im Frühjahr – ohne Wiederholung in Tests und Arbeiten bewertet werden, macht Liebe deutlich.
Nach den Erfahrungen der Online-Zeit und den Vorgaben des Landesschulgesetzes, digitale Lernsysteme zu verwenden, wird die Realschule ab 2021 „Moodle“ als alleinige digitale Lernplattform für den Online-Unterricht nutzen. Dazu braucht es aber ausreichend digitale Endgeräte wie Laptops und Tablets sowie schnelles Internet und ein funktionierendes, sicheres WLAN-System, gibt Liebe zu bedenken.
Zudem müssen die Schüler damit umgehen können. „Mit der Unterstützung der Eltern ist oftmals nicht zu rechnen“, weiß er. Sein Fazit: „Wir können leider nicht mit der gewünschten Geschwindigkeit in die digitale Schule reisen.“