Bei den Unterlagen, so Jungbluth, handelt es um klassische Stücke fürs Stadtarchiv. Konkret geht es nach Auskunft von Friedhoff um fünf Bücher, darunter ein Hypothekenverzeichnis der Stadt, ein Brandkataster der ehemals eigenständigen Gemeinde Altstadt in Original und Kopie sowie zwei Stockbücher, die als Vorläufer der heutigen Grundbücher dienten. Alle Bücher befinden sich in einem sehr guten Zustand ohne Feuchtigkeitsschäden oder Papierfraß, die Einbände sind aus hochwertigem Fadengewebe.
Während das Museum zwar weiterhin Eigentümerin der Dokumente bleibt, übernimmt das Stadtarchiv ab sofort die konservatorische Aufgabe beziehungsweise die öffentliche sichere Verwahrung. Moritz Jungbluth ist sich sicher, dass Menschen, die zur Heimat- und Regionalgeschichte in solchen Unterlagen recherchieren möchten, dafür eher im Stadtarchiv anfragen als im Museum. Jens Friedhoff nennt die Kooperation der beiden Einrichtungen eine „gewinnbringende Situation“. Wie und auf welchem Wege die Bücher überhaupt ins Museum gekommen sind, ist nicht bekannt.
Die nun übergebenen Stockbücher und Hypothekenverzeichnisse bieten, so Jungbluth und Friedhoff, viele gute Ansätze zur Erforschung der Hachenburger und Altstädter Besitzgeschichte im Hinblick auf Immobilien, Grundstücke und sonstige wirtschaftliche Verhältnisse, aber auch zur Familienforschung.
Die Brandkataster wiederum sind interessant für die Hausforschung und die Sozialgeschichte Hachenburgs und Altstadts in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, denn anhand der notierten Brandversicherungen können Schätzwerte für bestimmte Häuser ermittelt werden.
„Wer hoch versichert war, hatte wohl auch ordentlich Besitz und musste dafür entsprechend zahlen“, erklärt der Leiter des Landschaftsmuseums. Allerdings ist die Zuordnung zu möglicherweise heute noch existierenden (privaten) Gebäuden gar nicht so einfach, da es in der Entstehungszeit der Dokumente noch nicht die Straßenbezeichnungen im heutigen Sinne gab.
Auch zur Entstehung von Hypothekenverzeichnissen kann Friedhoff etwas mitteilen
Stattdessen können möglicherweise überlieferte Hausnamen bei der Sortierung helfen. Etwas einfacher verhält es sich häufig bei öffentlichen Objekten wie zum Beispiel alten Schulen.
Zur Entstehung von Hypothekenverzeichnissen und Stockbüchern teilt Friedhoff Folgendes mit: „Im Zuge der zunehmenden Formalisierung des Zivilrechts im 19. Jahrhundert wurden in zahlreichen Ländern Gesetze zur Einrichtung öffentlicher Register von Grundstücken und der darauf lastenden Hypotheken erlassen. In Preußen existierten bereits 1722 eine Hypotheken- und Konkursordnung. Im Fürstentum Nassau-Usingen lässt sich für 1774 eine Kontrakten- und Hypothekenordnung nachweisen, die am 4. Juni 1816 auf das gesamte Herzogtum Nassau – und somit auch auf Teile des Westerwaldes – übertragen wurde. Gemäß landesherrlicher Verfügung waren in jeder Kommune Lager- und Stockbücher zu führen, in denen Verkäufe oder Belastungen von Grund und Boden eingetragen werden mussten.“
Die Verwaltung der Register oblag dem Stadtarchivar zufolge den sogenannten Feldgerichten, denen der jeweilige Schultheiß (Bürgermeister) vorstand. Nach dem Anschluss des Herzogtums Nassau an Preußen 1866 seien die Stockbücher weiter in Gebrauch geblieben.
„Gemäß Verordnung vom 11. Dezember 1899 wurden die Stockbücher in Nassau durch die neu anzulegenden Grundbücher ersetzt. Mit dem Reichsjustizgesetz von 1879 war die Führung der Stockbücher bereits auf die Amtsgerichte übergegangen.“ Noch heute, so berichtet Friedhoff weiter, werden Stockbücher bei Prozessen über langwierige Grundstücksstreitigkeiten herangezogen.
Dokumente müssen erst noch bewertet werden
Die im Landschaftsmuseum wiederentdeckten und nun dem Hachenburger Stadtarchiv übergebenen Dokumente sollen der Öffentlichkeit für Recherchen zugänglich gemacht werden. Bis jedoch beispielsweise Heimatforscher die Bücher nutzen können, wird es allerdings noch ein bisschen dauern, denn Stadtarchivar Dr. Jens Friedhoff muss die Leihgaben zunächst bewerten, richtig in den Bestand des Archivs einsortieren und Inhaltsangaben zur besseren Handhabung verfassen. nh