Der Haushaltsplan für dieses Jahr hat den Montabaurer Stadtrat nur mit knapper Mehrheit passiert: 14 Ja- standen 11 Neinstimmen gegenüber, bei drei Enthaltungen. Das lag nur teilweise an der ambitionierten Investitionsplanung, die Kämmerer Michael Hainze gemäß den Vorgaben der städtischen Gremien in ein Zahlenwerk gefasst hat. Doch auch an dieser Planung äußerten einige Ratsmitglieder Zweifel – die sie gern vor der Beschlussfassung ausgeräumt hätten.
Der zweite Grund, weshalb sich 11 von 28 stimmberechtigten Ratsmitgliedern gegen den Etat aussprachen, muss als Nachwehe der (abgesagten) Bewerbung um die Landesgartenschau verbucht werden: Um Kosten für Konzeption und weitere Planung der Veranstaltung im Haushaltsplan abbilden zu können, wäre noch Zeit benötigt worden, vermutlich deswegen wurde die Offenlage des Zahlenwerks im Amtsblatt erst für den 20. Februar angekündigt.
Bürger können ab 20. Februar Einsicht nehmen
Dass dadurch Bürger erst vom 20. Februar an die Möglichkeit haben, sich mit dem Haushaltsplan zu befassen und eventuell Anmerkungen oder Änderungswünsche einzureichen, darauf wies zunächst Susanne Görg (CDU) hin. Sie äußerte Zweifel, ob der Rat den Plan schon beschließen dürfe, ohne dass Bürger überhaupt Einwände hätten einreichen können.
Der Kämmerer, der der Sitzung zu Beratungszwecken beiwohnte, erklärte, der Haushaltsplan könne bereits beschlossen werden – eventuell eingehende Einwände könnten im Nachhinein gewürdigt und gegebenenfalls über Nachträge eingearbeitet werden. Es gebe indes auch die Möglichkeit, den Plan an diesem Abend zunächst nur zu beraten und in einer der kommenden Sitzungen zu beschließen. Daraufhin stieg der Stadtrat in die Beratung ein.
„Dies bedeutet, dass bei planmäßigem Verlauf Ende 2026 faktisch keine Reserven mehr vorhanden sind.“
Das sagte Stadtbürgermeisterin Melanie Leicher (FWG) mit Blick auf bevorstehende große Investitionen.
Dabei zeigte sich, dass einige Ratsmitglieder grundlegenden Diskussionsbedarf sehen. Schon Stadtbürgermeisterin Melanie Leicher (FWG) wies in ihrer Stellungnahme zum Zahlenwerk darauf hin, dass wegen mehrerer geplanter Großprojekte – insbesondere nannte sie den mehrere Jahre beanspruchenden Umbau des historischen Rathauses zur Stadtbibliothek und Mediathek sowie Sitz der Stadtverwaltung, dessen Gesamtkosten gemäß Information in einer Ausschusssitzung mit annähernd 8 Millionen Euro kalkuliert sind – mit der damit verbundenen Entnahme liquider Mittel „bei planmäßigem Verlauf Ende 2026 keine Reserven mehr vorhanden“ sein würden.
Daher erklärte Leicher ihr Ansinnen, den Haushaltsplan zu beschließen, sich aber alsbald mit dem Ältestenrat zusammenzusetzen, um einzelne Projekte auf den Prüfstand zu stellen: „Dies alles veranlasst mich dazu, zeitnah eine Ältestenratssitzung einzuberufen, in der wir alle im Haushaltsplan eingestellten Investitionen und Vorhaben der Stadt Montabaur auf deren Notwendigkeit beleuchten und priorisieren.“ Eckdaten: Ein Fehlbetrag von mehr als 5,5 Millionen Euro im Ergebnishaushalt wird aus Eigenkapital gedeckt. Die liquiden Mittel werden zur Finanzierung aller Ausnahmen in Höhe von gut 33 Millionen Euro beansprucht.
„Unter diesen Umständen und ohne Vorberatung werde ich diesem Haushalt nicht zustimmen!“
CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Hülshörster
Mehrere Ratsmitglieder äußerten sich indes kritisch zum Ansinnen, den Haushaltsplan in der vorliegenden Form und vor der Bürgerbeteiligung zu verabschieden, allen voran Susanne Görg, die ihre Kritik mehrfach vorbrachte. Görg sprach auch konkret ein Projekt an: Für die Übernahme der Brüderkirche seien unter dem Posten „Erwerb von Gebäuden (vorsorglich)“ 60.000 Euro eingestellt. „Das sollten wir direkt streichen, was sollen wir damit?“, fragte sie.
Als Leicher erneut auf die geplante Zusammenkunft des Ältestenrats zur Prüfung und Priorisierung hinwies, protestierte Görg: Es könne nicht sein, dass es keine Vorberatung im Haupt- und Finanzausschuss gegeben habe und nun auch Fragen im Stadtrat „einfach abgebügelt“ würden. Während Christof Frensch (FWG) forderte, sich „jetzt nicht in Details“ zu ergehen, sprang CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Hülshörster Görg zur Seite und machte deutlich: „Unter diesen Umständen und ohne Vorberatung werde ich diesem Haushalt nicht zustimmen!“
„Ich fürchte, wir werden öfter Nein sagen müssen.“
Sven Schun (FDP) wünscht sich mehr Varianten statt „Ganz oder gar nicht“-Entscheidungen.
Sven Schun (FDP) sagte zum Zahlenwerk: „Das sieht alles nicht so gut aus. Ich fürchte, wir werden öfter Nein sagen müssen.“ Bislang habe der Stadtrat an vielen Punkten „hopp oder topp“ entscheiden müssen: „Wir hatten nur die Wahl zwischen ganz oder gar nicht, so waren schon die Vorlagen formuliert.“ Deswegen fände er es sinnvoll, wenn künftig mehr über Varianten gesprochen würde, über „Low-Budget-Versionen“, über Leasing statt Kauf beispielsweise.
Der Stadtrat solle sich häufiger die Frage stellen: „Geht′s vielleicht ′ne Nummer kleiner, dafür günstiger?“, schloss Schun. Die Stadtchefin erklärte, dass die Verwaltung solche Alternativen ohnehin abwäge. „Aber es stimmt, wir sollten hier eher darüber sprechen, was schon berücksichtigt wurde.“ Der erste Beigeordnete Andreas Wechsung pflichtete ihm bei und ergänzte: Wir müssen auch auf Folgekosten achten.“ Florian Neuroth (FWG) schlug vor, jede Fraktion solle die Projekte im Haushaltsplan nochmals prüfen und dem Ältestenrat dann Empfehlungen mitgeben.
„Es spricht nichts dagegen, über das, was auf der Tagesordnung steht, beschließen zu lassen.“
SPD-Fraktionsvorsitzender Harald Birr
Annika Schüller (Grüne) wies darauf hin, dass eine Verschiebung des Haushaltsbeschlusses auf die nächste Sitzung am 20. Februar keinen Ausweg aus der verspäteten Bürgerbeteiligung bieten würde, denn diese beginne erst am Datum der Sitzung. Daraus ergab sich, dass unter Berücksichtigung der Bürgereingaben erst in der dann folgenden Stadtratssitzung im April über den Haushalt entschieden werden könnte – was laut Kämmerer Hainze keine unmittelbaren negativen Auswirkungen hätte. „Der Haushalt muss nur vor dem 1. Juli veröffentlicht werden“, so Hainze.
Dazu meldete sich Harald Birr (SPD-Fraktionsvorsitzender) zu Wort und wandte sich direkt an die Stadtchefin: „Ich bin ja nicht dein Unternehmensberater, aber es spricht nichts dagegen, über das, was auf der Tagesordnung steht, beschließen zu lassen.“ Auch Carsten Irrgang (FWG) plädierte für eine Beschlussfassung. Leicher ließ zunächst abstimmen, wer mit einer unverzüglichen Beschlussfassung über den Haushaltsplan – einschließlich der Ergänzung, dass rasch eine Ältestenratssitzung zur Priorisierung einberufen werden soll – einverstanden sei. Dafür stimmten 14 Ratsmitglieder, dagegen elf, drei enthielten sich. Dasselbe Ergebnis brachte die folgende Abstimmung über den Haushaltsplan, der so mit einem historisch knappen Ergebnis verabschiedet wurde.