Das Evangelische Dekanat Westerwald und das Diakonische Werk Westerwald arbeiten seit Jahren eng in der Flüchtlingshilfe zusammen und möchten diese Initiativen unterstützen.
Nadine Bongard, Referentin für Gesellschaftliche Verantwortung im Dekanat, und Alexander Böhler, Leiter des Fachbereichs Migration beim Diakonischen Werk, übernehmen die Koordinierung der Hilfsprojekte auf kirchlicher Ebene und beraten Gemeinden, Gruppen und Privatpersonen, die helfen wollen.
Wie ist die jetzige Situation?
Alexander Böhler: Die Situation, die wir im Moment erleben, erinnert an 2015. Auch damals kamen innerhalb kurzer Zeit viele Schutzsuchende in unser Land und erlebten eine große Hilfsbereitschaft. Der Unterschied ist, dass die Geflüchteten diesmal aus einem europäischen Land zu uns kommen und sehr selbstständig sind. Vieles ist ihnen aus ihrer Heimat bekannt, und sie haben oft ukrainische Verwandte und Bekannte, die hier leben. Das muss aber nicht so bleiben: Ich rechne damit, dass noch viel mehr Flüchtlinge vor dem Krieg in der Ukraine fliehen werden – auch solche, die eben kein eigenes Auto und keine Bekannten in Deutschland haben. Diese Menschen sind dann besonders auf unsere Hilfe angewiesen. Ob und wann sie kommen, hängt davon ab, wie es mit dem Krieg weitergeht.
An wen wenden sich Menschen, die helfen wollen?
Nadine Bongard: Im Westerwald gibt es bereits erfahrene Gruppen, die sich seit Jahren in der Flüchtlingsarbeit engagieren: in den Verbandsgemeinden, der Diakonie, der Caritas oder den Kirchengemeinden. Dazu gehören zum Beispiel der Arbeitskreis „Integration und Asyl“ der evangelischen Kirchengemeinde Altstadt, das Netzwerk „Migration im Westerwaldkreis“ der Diakonie und der Arbeitskreis „Asyl im Westerwaldkreis“ der Caritas. Privatpersonen können sich solchen bestehenden Netzwerken anschließen und diese dadurch entlasten. Eine Übersicht über solche Gruppen gibt es unter www.evangelischim westerwald.de. Zudem besteht die Möglichkeit, sich an das Diakonische Werk, die Caritas oder die jeweilige Verbandsgemeinde zu wenden.
Welche weiteren Möglichkeiten gibt es für Privatpersonen, sich zu engagieren?
Alexander Böhler: Wir suchen Männer und Frauen, die Russisch, Ukrainisch oder Englisch sprechen und als Dolmetscher aushelfen. Patenschaften helfen ebenfalls sehr: Menschen, die Geflüchtete bei den alltäglichen Dingen des Lebens unterstützen, ihnen zur Seite stehen, mit ihnen einkaufen und Zeit mit ihnen verbringen, können sich gern an das Dekanat, das Diakonische Werk, die Caritas oder die Verbandsgemeinden wenden. Wir als Diakonisches Werk unterstützen diese Helfer: Sie sind bei uns versichert, werden geschult und begleitet, bekommen Räumlichkeiten für Treffen mit den Flüchtlingen zur Verfügung gestellt und können uns bei Fragen oder Problemen jederzeit ansprechen.
Wer helfen will
Wer sich in der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit engagieren möchte, kann sich unter Telefon 02602/106 87 15 und E-Mail alexander.boehler@ diakonie-westerwald.de an das Diakonische Werk wenden. Die Koordinierung für die evangelischen Kirchengemeinden liegt bei Nadine Bongard, Telefon 02663/968 228, E-Mail nadine.bongard@ekhn.de. Das Diakonische Werk unterstützt die Flüchtlinge aus der Ukraine mit Spenden, die unter folgender Bankverbindung möglich sind: Sparkasse Westerwald-Sieg, IBAN: DE78 5735 1030 0002 1197 74, BIC: MALADE51AKI, Spendenzweck: Ukraine-Hilfe.
Wie können Kirchengemeinden den Flüchtlingen konkret helfen?
Nadine Bongard: Wohnraum wird immer benötigt. Einige Kirchengemeinden richten gerade leer stehende Pfarrhäuser für die Geflüchteten her, und zurzeit entstehen viele Hilfsinitiativen kirchlich engagierter Menschen. Kirchengemeinden, die Fragen haben und aktiv werden möchten, können sich gern an die eben genannten Einrichtungen wenden. Als Kirche möchten wir unserem Auftrag nachkommen und, wo es möglich ist, die Kommunen entlasten. Was immer gebraucht wird, ist Geld.
Die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hat jüngst ein Hilfspaket über eine Million Euro für Geflüchtete aus der Ukraine beschlossen, und es werden dringend weitere Spenden benötigt. Problematisch sind selbst organisierte Fahrten, um Geflüchtete aus der Ukraine abzuholen: Solche Initiativen sind zwar bewundernswert, sollten aber vorher mit der zuständigen Kommune oder den Einrichtungen abgesprochen werden. Das hilft bei der Koordination vor Ort und vermeidet Komplikationen. So ist es möglich, die durch den Krieg vertriebenen Menschen angemessen aufzunehmen und zu betreuen.
Was ist beim Anbieten von Wohnraum zu beachten?
Alexander Böhler: Privatpersonen, die Wohnraum zur Verfügung stellen, sollten sich gut überlegen, was leistbar ist. Denn jede und jeder Geflüchtete bringt sein eigenes Schicksal mit, und niemand weiß, wie lange diese Menschen bleiben werden. Am sinnvollsten ist es, ihnen langfristig eine Wohnung zur Verfügung zu stellen, die räumlich von der eigenen getrennt ist. Dadurch sind die Geflüchteten unabhängig und haben die nötige Privatsphäre.
Wenn man einen dauerhaften Wohnsitz zur Verfügung stellt, muss man einen ordentlichen Mietvertrag mit den Geflüchteten abschließen und diesen beim Sozialamt vorlegen. Falls das nicht möglich ist und man nur vorübergehend Wohnraum anbieten kann, müssen die Geflüchteten trotzdem beim Sozialamt gemeldet werden. So werden sie ordentlich registriert, und das Sozialamt kümmert sich um einen dauerhaften Wohnraum für sie. Es ist wichtig, dass sich alle, die sich engagieren möchten, bei einer der genannten Einrichtungen melden, statt auf eigene Faust zu handeln. Denn die Erfahrung von 2015 zeigt, dass solche Alleingänge Ehrenamtliche schnell überfordern können.
Welche Angebote gibt es seitens des Diakonischen Werks für die Flüchtlinge?
Alexander Böhler: Wir haben erfahrene Mitarbeiter, die sich um Geflüchtete kümmern – auch wenn diese traumatisiert sind. Außerdem beraten das Diakonische Werk und auch die Caritas Ehrenamtliche rund um alle Fragen der Flüchtlingsarbeit: Es gibt Fortbildungen und die Möglichkeit zu Einzelgesprächen. Darüber hinaus können Flüchtlinge aus der Ukraine das Angebot der Tafel, des „Anziehpunkts“ und des Sozialkaufhauses in Montabaur sowie des Kleiderladens in Bad Marienberg in Anspruch nehmen. Alles, was sie dafür brauchen, ist ihr ukrainischer Pass.