Platz für Vereine und Gruppen im Erdgeschoss, betreute Wohngruppen junger Geflüchteter im ersten Stock und asylsuchende Erwachsene sowie Familien im zweiten Obergeschoss: Die frühere Westerwald-Jugendherberge oberhalb des Gelbachtals bietet künftig vielen Menschen Unterkunft und Geborgenheit. Noch Anfang Juni können nach Umbauarbeiten die ersten unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA) einziehen.
Ihre neue Unterkunft hat jüngst verschiedenen Zwecken gedient, ist aber in den vergangenen Monaten für die Unterbringung Geflüchteter in verschiedenen Konstellationen hergerichtet worden. Die Stadt Montabaur stellt dafür knapp 400.000 Euro bereit. Drei Wohngruppen mit Küchen und Bädern bieten minderjährigen Flüchtlingen ein sicheres Umfeld, um anzukommen. Sie lernen, für sich selbst zu sorgen – vom Einkauf bis zur Wäsche. Sie erhalten Deutschunterricht, einige besuchen eine Schule oder absolvieren eine Ausbildung.

Im „Haus Roßberg“, so der neue Name der Einrichtung, sind sie tagsüber betreut, finden Unterstützung und Ansprache, müssen aber lernen, sich selbst zu versorgen. Dafür sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamts der Kreisverwaltung in der Einrichtung zu den üblichen Arbeitszeiten im Einsatz. Den Rest des Tages und insbesondere die Nacht deckt ein Sicherheitsdienst ab, der hauptsächlich darauf zu achten hat, dass die Jugendlichen sich nicht selbst in Gefahr bringen, und das Jugendschutzgesetz eingehalten wird.
Die Montabaurer Stadtbürgermeisterin Melanie Leicher fasste sich kurz mit der Begrüßung der künftigen Mitarbeiter im Haus Roßberg und einem Dutzend interessierter Gäste, ehe sie an die Hausleitung übergab. Johanna Schubert-Ergün führte die Besucher durch das Gebäude und erläuterte das Nutzungskonzept. Im Erdgeschoss befinden sich neben ihrem eigenen und dem Büro von Hausmeister Ulrick Smith sowie der (vorerst noch nicht genutzten) Großküche vier große Räume, die Vereinen, Gruppen, Initiativen, aber beispielsweise auch der Volkshochschule sowie der katholischen Familienbildungsstätte zur Verfügung gestellt werden.

Gleich kamen die ersten konkreten Fragen von Besucherinnen, welche Zeiten zur Verfügung stehen und was die Nutzung kosten soll. Schubert-Ergün sagte, sie nehme Anfragen gern entgegen und sammle diese, um dann ein Raumkonzept zu entwickeln, das möglichst allen Interessenten gerecht wird. Leicher ergänzte, Bürgerverein und Kirmesgesellschaft hätten sich auch schon gemeldet. So werde einer Belebung des Erdgeschosses und dem Kontakt zu den Bewohnern des Hauses sowie gemeinsamen Projekten nichts im Wege stehen.
Die Hausleiterin fügte an, dass mit dem Außengelände viel Platz und Spielmöglichkeiten bereitstehen, die nach Absprache genutzt werden könnten: „Wir sind da offen für Ideen“, betonte die 34-Jährige. Die Frage nach Kosten für die Raummiete könne sie noch nicht beantworten. Leicher sprang ein und sagte, in diesem Jahr würden noch keine Mieten von Vereinen, Einrichtungen und Gruppen erhoben.

Burkhard Fluck vom Jugendamt der Kreisverwaltung beantwortete Fragen zu den Wohngruppen für UMAs im ersten Stock. Dort könnten Jugendliche auch über den 18. Geburtstag hinaus wohnen, wenn sie noch Schule oder Ausbildung absolvieren oder noch nicht in der Lage seien, selbstständig allein zu leben. Durchschnittlich blieben Jugendliche mindestens zwei Jahre in den Wohngruppen.
In der Regel kämen die Geflüchteten aus dem Auffanglager Trier, sie stammten aus Syrien, Afghanistan, aber auch immer häufiger aus afrikanischen Staaten, erklärte Fluck. Sie seien selbst verantwortlich, ihre Unterkunft sauber und ordentlich zu halten, Essen einzukaufen und zuzubereiten und ihre Wäsche zu waschen: „Das ist hier keine Komfortzone“, machte Fluck deutlich. In den Wohngemeinschaften werden bis zu 16 Geflüchtete aufgenommen, in den Familien- und Einzelunterkünften im zweiten Stock bis zu 20 Personen, außerdem kann eine bis zu zehnköpfige Familie in der ehemaligen Wohnung der Herbergseltern Platz finden.
Das Anwesen hat eine wechselvolle Geschichte: Gebaut Mitte der 60er-Jahre als Jugendherberge, waren dort Ende der 80er-Jahre Aussiedler aus Osteuropa und Übersiedler aus der DDR einquartiert. Nachdem das Jugendherbergswerk das Haus vor gut fünf Jahren im ersten Corona-Jahr aufgab, fand sich zunächst kein Käufer – die Stadt hatte eine Übernahme abgelehnt. Zwischendurch nutzte ein Unternehmen für taktische Einsatzschulung das Anwesen als Trainingszentrum, ehe die Stadt es dann doch kaufte – bereits mit dem Ziel, es verschiedenen sozialen Nutzungen zuzuführen.
Anlieger froh über Information
Neben Interessenten an den Vereinsräumen waren auch Anlieger zu der Führung ins Haus Roßberg gekommen. Ihre Vorbehalte, die noch aus der Zeit der Nutzung als Jugendherberge herrührten, seien durch die Informationen deutlich kleiner geworden, sagt der Familienvater und fügt an: „Wir sind erst mal gelassener.“ Dazu trage auch bei, dass sie nun wüssten, dass „immer ein Ansprechpartner anwesend ist, falls was wäre“.