Baum bei der Bruchhäuser Mühle erinnert an geschichtsträchtige Ereignisse und soll nun wieder freigeschnitten werden
Heimatkundler berichtet: Beroder Pius-Eiche wurde vor 150 Jahren gepflanzt
Die Pius-Eiche soll eine professionelle Pflege erhalten und rundherum so freigeschnitten werden, dass sich der Baum wieder gut entwickeln kann. Foto: Collin Schmidt
Collin Schmidt

Berod. Eine schlichte, alte Eiche bei der Bruchhäuser Mühle in Berod erinnert bis zum heutigen Tag an große geschichtsträchtige Ereignisse, die die Welt geprägt und verändert haben. Zugewachsen und von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, steht der altehrwürdige Baum seit nun genau 150 Jahren auf einer kleinen Anhöhe. Der Volksmund hat überliefert, dass es eine Pius-Eiche sei und man in früheren Zeiten den Kindern verboten habe, auf den „Heiligen Baum“ zu klettern. Doch was steckt hinter der Überlieferung? Dazu hat Heimatkundler Volker Lemke (Berod) Folgendes zusammengetragen:

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„Dass es sich tatsächlich um eine Pius-Eiche handelt, ist sogar sehr wahrscheinlich, da sowohl die Beroder Pfarr- wie auch die Schulchronik ausführlich über die Geschehnisse in Berod im Sommer 1871 berichten. Es liegt nahe, dass damals zur Erinnerung an künftige Generationen diese Eiche gepflanzt worden ist. Anlass war das 25-jährige Pontifikat von Papst Pius IX am 15. Juni 1871. Berod hat an diesem Tag das wohl größte Fest seit Menschengedenken gefeiert. Es wurden drei Böller angeschafft. Kirche, Häuser und Straßen waren feierlich geschmückt. Abends zuvor gab es einen Fackelzug durch das Dorf bis zur Kirche, wo der Gesangverein die Pius-Hymne vortrug. Der Festtag selbst begann mit Böllerschüssen, vom Kirchturm aus trug der Gesangverein Lieder vor, und es gab einen feierlichen Festgottesdienst.

Nachmittags zog die gesamte Pfarrei Berod zusammen mit den Pfarreien Hundsangen und Salz auf den Eichberg bei Molsberg. Da damit auch die einzelnen Kirchorte dieser drei Pfarreien gemeint sind, waren sicher mehr als 30 Dörfer beteiligt. Auf dem Molsberger Eichberg hatte Graf Walderdorff eine kleine Waldkapelle errichten lassen, wo sich rund 5000 Menschen zu einer feierlichen Andacht trafen. Eine beeindruckende Kulisse muss dies ergeben haben. Diese Waldkapelle, die im Volksmund „Lusthäuschen“ genannt wird, lädt bis heute Wanderer zum Verweilen ein, um den Blick ins Limburger Becken und zum Dom zu genießen.

Dass man Papst Pius IX ein solch großes Fest in Berod schenkte, hatte einen besonderen Hintergrund. Wenige Monate zuvor hatten italienische Truppen den Kirchenstaat erobert, und der Papst fühlte sich in seinen eigenen Wänden im Vatikan als Gefangener. Bis 1870 war nämlich der Papst auch weltlicher Herrscher über ein Gebiet, das etwa die Hälfte Italiens umfasste. Diese Veränderungen für den Papst und die katholische Kirche führten dann auch zu dieser beeindruckenden Solidaritätsbekundung.

Fast 60 Jahre später, im Jahre 1929 hat man dem Papst einen kleinen Teil seines ehemaligen Kirchenstaates wieder offiziell zurückgegeben. Bis heute herrscht der Papst in Rom über einen Staat, der gerade einmal einen halben Quadratkilometer umfasst: den Vatikanstaat, das kleinste Land der Erde.“

Wie Ortsbürgermeister Collin Schmidt dazu anmerkt, hat er bereits mit dem zuständigen Förster gesprochen. Die Eiche soll professionell gepflegt und rundherum so freigeschnitten werden, dass sie sich wieder gut entwickeln kann. „Gegebenenfalls könnten ein kleiner Fußpfad und eine Ruhebank dafür sorgen, dass die Eiche wieder öfter aufgesucht wird. Ein schattiges Plätzchen als ruhige Rast während eines Spaziergangs wird ja immer gerne angenommen“, weiß der Ortschef.

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