Geschichts-Werkstatt Hachenburg präsentiert neues Buch und Ausstellung zu Holocaustopfer
Hanuš Hachenburg: Naziopfer aus der Löwenstadt durfte nur 15 Jahre alt werden
Gruppenbild
Das Buch „Hanuš Hachenburg“ präsentierten (von links): Bruno M. Struif, Sabine Herrmann, Gabriele Greis, Verena Kauschka, Regina Klinkhammer, Gisela-Renate Carageorge (geborene Hachenburg), Beata Weiler und Tim Elias Abrahiem.
Röder-Moldenhauer

Vor Kurzem fanden im Hachenburger Vogtshof die Vorstellung des neuen Buches „Hanuš Hachenburg – Poet, Holocaustopfer, Spross einer weitverbreiteten Familie“ der Geschichts-Werkstatt Hachenburg (GWH) und die Eröffnung der dazu gehörenden Ausstellung statt. Vor allem die Lesung einiger Gedichte des Holocaustopfers Hanuš Hachenburg berührte die Besucher.

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Das Buch „Hanuš Hachenburg“ präsentierten (von links): Bruno M. Struif, Sabine Herrmann, Gabriele Greis, Verena Kauschka, Regina Klinkhammer, Gisela-Renate Carageorge (geborene Hachenburg), Beata Weiler und Tim Elias Abrahiem.
Röder-Moldenhauer

Bruno M. Struif, Vorsitzender der Geschichts-Werkstatt Hachenburg, begrüßte – auch im Namen seiner Vorstandskolleginnen Regina Klinkhammer, Sabine Herrmann und Verena Kauschka – die Besucher im voll besetzten Löwensaal des Vogtshofs. Wie aus einem Bericht der Geschichts-Werkstatt hervorgeht, befanden sich unter den zahlreichen Zuhörern auch VG-Bürgermeisterin Gabriele Greis, Pfarrer Yannik Steffens, der Erste VG-Beigeordnete Marco Dörner, die Beigeordnete Eva Ehrlich-Lingens der VG Bad Marienberg sowie als Ehrengäste Gisela-Renate Carageorge (geborene Hachenburg) und ihr Ehemann Werner Kath.

Familiensaga erzählt von Handwerk, Krieg, Liebschaften und Ghetto

Zu Beginn erzählte Struif die Geschichte der Familie namens Hachenburg, deren erster Namensträger Seligmann Baruch Löw Hachenburg (1769 bis 1836) war. Dessen Mutter war Sarah, eine bildhübsche Tochter des Hachenburger jüdischen Seifensieders Baruch Löw. Nach der Familiensaga und der Überlieferung in Hachenburg soll sie ein Verhältnis mit Burggraf Johann August (1714 bis 1799), dem letzten Regent der Grafschaft Sayn-Hachenburg, gehabt haben. Seligmann wuchs in Prag auf und wurde der Stammvater einer weitverzweigten Familie. Einer seiner Söhne war Moritz Hachenburg, der Oberarzt in der kaiserlich und königlichen Armee wurde.

Ein Urenkel von Moritz war Hanuš Hachenburg, der 1929 in Prag geboren wurde. Seine Eltern Jiri und Eliska Hachenburg hatten sich getrennt, und Hanuš kam 1938 in das Prager Waisenhaus für jüdische Kinder. 1942 wurde er ins Ghetto Theresienstadt, 60 Kilometer nördlich von Prag, deportiert. Dieses Ghetto war kein Vernichtungslager, sondern diente den Nazis dazu, der Welt die wahren Absichten bei der „Lösung der Judenfrage“ zu verschleiern.

In Theresienstadt Gedichte geschrieben

Im Ghetto Theresienstadt schrieb Hanuš Hachenburg bewegende Gedichte, die inzwischen große Beachtung gefunden haben. Sie waren ein Beitrag zu dem heimlich von den inhaftierten Jungen wöchentlich herausgegebenem Vedem-Magazin (vedem = wir wissen). Die Vedem-Magazine blieben der SS verborgen und wurden in einer Metallkiste von einem der inhaftierten Jungen 1944 vergraben. Der Junge, Zdenek Taussig, überlebte den Holocaust, grub die Metallkiste nach dem Krieg wieder aus und übergab die Magazine einem tschechischen Archiv. Damit sind auch die beeindruckenden Gedichte von Hanuš erhalten geblieben.

Zuhörer sehr ergriffen

Drei dieser Gedichte trug bei der GWH-Veranstaltung Tim Elias Abrahiem vor, ein 14-jähriger deutscher Junge mit aramäischen Wurzeln, der in Hachenburg wohnt. Die Zuhörer waren sehr ergriffen, den Worten des damals 14-jährigen Hanuš zu lauschen – mit dem Wissen, dass dieser Junge nur 15 Jahre alt werden durfte.

Bruno M. Struif berichtete nicht nur über das Schicksal von Hanuš Hachenburg, der Ende 1943 nach Auschwitz deportiert und 1944 dort umgebracht wurde, sondern erzählte auch interessante Details anderer Mitglieder der Familie Hachenburg. Es wurde deutlich, wie sehr diese Familie unter dem Nazi-Regime gelitten hat, denn Hanuš war nicht das einzige Holocaust-Opfer der Familie Hachenburg.

Nachfahrin überreichte historische Objekte

Nach dem Vortrag richtete Gisela-Renate Carageorge (geborene Hachenburg) einige sehr persönliche Worte an die Zuhörer. Sie übergab zwei für das Hachenburger Stadtarchiv interessante Objekte aus dem Familienbesitz an Bürgermeisterin Gabriele Greis, die diese stellvertretend für den Stadtbürgermeister dankend entgegennahm. In ihrer Ansprache zeigte sich Gabriele Greis erfreut über das Buch und die Ausstellung zu Hanuš Hachenburg und lobte das Engagement der Geschichts-Werkstatt. Sie hob auch die Bedeutung der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit hervor und betonte, wie wichtig es sei, sich gerade in der jetzigen Zeit gegen antisemitische Tendenzen und Fremdenfeindlichkeit und für ein friedliches Miteinander einzusetzen.

Musik und Büffet zum Abschluss

Zum Abschluss des offiziellen Teils der Veranstaltung trug Tim Elias noch ein weiteres Hanuš-Gedicht vor. „Dann lauschten die Teilnehmer einem bewegenden Klezmer-Musikstück der Band von Irith Gabrieli, die oft als Queen of Klezmer bezeichnet wird“, heißt es in dem Nachbericht der Geschichts-Werkstatt. „Beim Genuss des sich anschließendem Büffets, wie immer hervorragend zubereitet von Verena Kauschka und Manuela Wiczinski, entwickelten sich sehr viele persönliche Gespräche. Auch den sonstigen Helferinnen und Helfern, insbesondere Achim Wiczinski, ist zu danken.“

Eckdaten zu Buch und Ausstellung

Das von Bruno M. Struif geschriebene 200-seitige Buch „Hanuš Hachenburg – Poet, Holocaustopfer, Spross einer weitverbreiteten Familie“ ist im Hachenburger Buchhandel und über die Geschichts-Werkstatt Hachenburg erhältlich. Man kann es auch in der Ausstellung kaufen. Die Ausstellung ist noch bis zum Sonntag, 12. November, im Hachenburger Vogtshof zu sehen. Sie ist wochentags von 13 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Am Sonntag, 5. November, Donnerstag, 9. Oktober, und Sonntag, 12. November, findet jeweils um 15 Uhr eine Lese- und Erzählrunde statt.

Mehr Infos gibt es unter Telefon 0175/612 46 79 und per E-Mail an info@geshichts
werkstatt-hachenburg.de

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