Aus gesundheitlichen Gründen hatte sich der erfahrene Landarzt Dr. Volker Kuch Ende November vergangenen Jahres Knall auf Fall aus dem Berufsleben zurückgezogen. „Es ist ihm nicht leicht gefallen, die Praxis aufzugeben und seine Patienten zurückzulassen. Auch für uns war das ein großer Schock“, sagt der Nauorter Ortsbürgermeister Dietmar Quernes im Gespräch mit unserer Zeitung.
Zwar gibt es in der 2200 Einwohner zählenden Gemeinde noch zwei weitere Arztpraxen mit insgesamt drei Arztsitzen, nämlich die Praxis von Ute Ritzenhöfer und Dr. Manfred Fischer sowie die Praxis von Dr. Paul Lieser. Doch das Einzugsgebiet der Praxen ist nicht nur groß, die drei Allgemeinmediziner sind ebenfalls Ende 60, Anfang 70 und gehen damit, obschon „voller Tatendrang“, wie Quernes betont, geradewegs auf das Rentenalter zu.
Die Gemeinde Nauort zögerte deshalb nicht lange und kaufte dem Ehepaar Kuch kurzerhand das zweistöckige Wohnhaus mit Praxis und zwei Mietwohnungen in der Nauorter Schulstraße ab. Bereits wenige Wochen nach dem Rückzug des Landarztes hatte der Ortsgemeinderat am 27. Dezember 2020 beschlossen, die Immobilie für einen mittleren sechsstelligen Betrag zu erwerben.
Im März wurde der Kaufvertrag notariell abgeschlossen und das Gebäude übergeben. Seitdem ist Nauort im Besitz einer eigenen zeitgemäßen Arztpraxis, die sofort einsatzfähig wäre. Denn die Gemeinde hat das gesamte Mobiliar und die technische Ausstattung mitgekauft.
So sind die beiden Behandlungsräume und die beiden Arzt-Sprechzimmer sowie der Therapieraum mit drei Patientenkabinen in der rund 120 Quadratmeter großen Praxis vollständig eingerichtet. Zudem gibt es einen einladenden Empfangsbereich, ein helles, geräumiges Wartezimmer, ein eigenes Labor und einen Personalraum. Im Kühlschrank sind sogar noch Medikamente aufbewahrt, auf dem Schreibtisch liegen Stethoskope, und im Regal stehen medizinische Fachbücher – so als wäre Landarzt Kuch gar nicht im Ruhestand.
„Der neue Arzt kann eine voll ausgestattete Praxis übernehmen und sofort loslegen“, sagt Quernes stolz. In der Tat ist alles da: EKG, Ultraschallgeräte, Sonographiegerät, Vitalograph, Defibrillator, Vakuumanlage, Infusionsspender, Spritzenspender, Spritzen, Kanülen, Stethoskope, Otoskope und vieles mehr – die Inventarliste ist lang.
Der Hausärztemangel auf dem Land wird mit der zunehmenden Überalterung der praktizierenden Ärzteschaft immer dramatischer. Aktuell sind landesweit 260 Hausarztsitze vakant, darunter auch in Nauort. Doch die kleine Gemeinde leistet wie einst die beiden Gallier Asterix und Obelix gegen die ...Kommentar zur Arztsuche in Nauort: Wer knackt den Jackpot?
Für den Nachfolger von Dr. Kuch dürfte die internistische-hausärztliche Praxis damit wie ein Sechser im Lotto sein. Gemeinsam mit den drei übrigen am Ort niedergelassenen Ärzten, die eng in die Suche nach einem neuen Landarzt eingebunden sind, wird er sich um ein Versorgungsgebiet von rund 8000 Einwohnern aus den Orten Nauort, Caan, Sessenbach, Alsbach, Wirscheid, Stromberg und Isenburg kümmern.
Bei der Suche nach einem Nachfolger für Dr. Kuch, der die größte Bestandspraxis am Ort hatte, kooperiert die Ortsgemeinde nicht nur mit den drei Nauorter Allgemeinmedizinern, sondern auch mit der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz. „Wir sind im Dauerkontakt. Einmal im Monat haben wir eine gemeinsame Videoschalte und besprechen die nächsten Schritte“, erklärt Ortschef Quernes.
Dabei hat der neue Arzt viele Optionen: Er kann die komplett eingerichtete hausärztliche Praxis übernehmen und das Gebäude ganz oder nur die Praxisräume zu einem moderaten Mietzins von der Ortsgemeinde mieten. Der „Neue“ könnte die Immobilie auch ganz erwerben und gemeinsam mit weiteren Facharztkollegen ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) oder eine Gemeinschaftspraxis einrichten, führt der Ortschef aus.
Auf dem Areal gebe es noch genügend Platz, um einen Aufzug anzubauen und die Praxis auf zwei Etagen damit barrierefrei zu gestalten. Handelt es sich noch um einen jungen Mediziner, ist auch eine Anstellung in der Praxis Dr. Fischer/Ritzenhof, die über eine Weiterbildungsermächtigung verfügt, möglich. „Dann könnte sich der Nachfolger vor Ort zum Facharzt weiterbilden“, erklärt Quernes.
Viele Modelle seien denkbar. In jedem Fall bieten die Praxen vor Ort dem neuen Kollegen ihre Unterstützung an. „Uns ist sehr daran gelegen, in Nauort und dem Umland eine gute medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten“, bekräftigt er.
Um die Praxis zu erhalten und dem neuen Allgemeinarzt an Nauort zu binden, will das Dorf den neuen Mediziner auch bei der Bauplatzsuche unterstützen. Ein ortsansässiges Autohaus hat sich zudem bereit erklärt, ein Auto für ein Jahr kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Um die Werbetrommel für Nauort zu rühren, hat die Gemeinde nicht nur einen Flyer erstellt, aktuell dreht der Montabaurer Fotograf Olaf Nitz auch einen pfiffigen Werbefilm für die Gemeinde. „Wir tun alles für einen neuen Arzt und würden ihn rundum unterstützen“, macht Quernes deutlich.