Petition gestartet
Gibt es bald eine Berufsfachschule für Keramiker?
Klaus Lehnhäuser, ehemaliger Leiter der Fachschule, und Keramikerin Nicole Thoss wollen eine dreijährige Berufsfachschulausbildung als Keramiker im Handwerk in Höhr-Grenzhausen etablieren. Erfreut sehen sie, dass bereits mehr als 1200 Personen ihre Online-Petition mit einer Unterschrift unterstützen.
Camilla Härtewig

Wer im Kannenbäckerland eine Ausbildung zum Keramiker machen will, hat schlechte Karten. Es gibt keine Ausbildungsbetriebe mehr. Klaus Lehnhäuser wagt deshalb einen Vorstoß beim Bildungsministerium und der ADD. Er will eine Berufsfachschule gründen.

Die Liebe zur Keramik lässt Klaus Lehnhäuser auch im Ruhestand nicht los. Der ehemalige Leiter der Fachschule Keramik in Höhr-Grenzhausen, der dort immer noch mit einer Viertelstelle beschäftigt ist und die kommissarische Schulleitung unterstützt, will an seiner alten Lehranstalt eine dreijährige Berufsfachschule installieren. Junge Menschen sollen dort eine Ausbildung zum Keramiker im Handwerk machen können.

Denn: „Die Nachfrage und der Bedarf sind da. Es gibt aber keine Ausbildungsbetriebe mehr“, bedauert Lehnhäuser. Derzeit hat der Westerwald nur eine Auszubildende: Emma Menne, die bei Susanne Schmidt in der ehemaligen Merkelbach-Manufaktur in Höhr-Grenzhausen lernt. „Seit Jahren schon müssen wir alle Interessierten abweisen und an die Keramikschule Landshut verweisen. Ich habe aber genug davon, den gesamten potenziellen Nachwuchs nach Bayern zu schicken“, sagt Lehnhäuser kämpferisch. Seine Idee: Synergieeffekte nutzen und Personal und Räumlichkeiten der Fachschule für die neue Berufsfachschule einsetzen. Innung und Handwerkskammer haben ihre Unterstützung schon zugesagt.

Aufbruchstimmung in Höhr-Grenzhausen

Der Vorstoß passt ins Bild. In Höhr-Grenzhausen herrscht seit zwei Jahren Aufbruchstimmung. Jüngst haben sich zahlreiche Keramiker im Verein „Glut und Gerne“ zusammengeschlossen. Mit Unterstützung der Stadt wird es nun in der ehemaligen Töpferei Girmscheid günstige Werkstattplätze für Töpfer gegeben. Und seit einiger Zeit gibt es einen regelmäßigen Keramikerstammtisch, bei dem Lehnhäuser für sein Projekt warb. Die Resonanz war überwältigend.

Die Teilnehmer haben sich sofort bereit erklärt, dass die künftigen Schüler ihre sechswöchigen Berufspraktika bei ihnen machen können. Die Keramikerinnen Nicole Thoss und Daniela Polz haben im Namen der Keramikschaffenden in Höhr-Grenzhausen jetzt eine Online-Petition für die dreijährige Berufsfachschule gestartet. Stand Mittwoch, 5. März, hatten schon 1200 Unterstützer unterschrieben. „Keramik ist hip und angesagt bei den jungen Leuten. Es muss sich aber etwas tun, wenn wir Höhr-Grenzhausen als lebendige Keramikstadt erhalten wollen. Ja, es gibt hier eine gut vernetzte und große Künstlerszene. Aber fast alle Keramiker sind zwischen Mitte 40 und Mitte 60 Jahre alt. Wir brauchen Nachwuchs, der auch hier bleiben will.“ Mit Fachschule, Hochschule, Institut für Künstlerische Keramik und Glas sowie dem Bildungs- und Forschungszentrum Keramik gibt es viele Weiterbildungsmöglichkeiten für die künftigen Gesellen.

Können Interessierte künftig an einer neuen dreijährigen Berufsfachschule die Ausbildung zum Keramiker im Handwerk machen und das Drehen auf der Töpferscheibe lernen? Diese Idee reift derzeit in Höhr-Grenzhausen.
Patrick Pleul. picture alliance / dpa

Die Werkstätten sind aber zu klein und ihr Portfolio zu künstlerisch, zu frei und zu individuell, um auszubilden, bedauert Thoss. „Es gibt einfach keine Töpferei mehr, die Gebrauchskeramik in Masse produziert und sich einen Lehrling leisten kann. Dafür gibt es keine Käufer mehr.“ Es gelte, ein jahrhundertealtes Handwerk aufrechtzuerhalten, betonen die beiden beim Gespräch mit unserer Zeitung. Durch die großen Tonvorkommen habe sich seit etwa 1600 im Kannenbäckerland eine einzigartige Keramikkultur entwickelt: vom Töpferhandwerk, das von der Unesco als immaterielles Kulturerbe anerkannt ist, bis zur industriellen Produktion, von der Künstlerszene bis zur keramischen Hightech-Forschung.

Es gibt aber einen Haken: Um Lehnhäusers Pläne umsetzen zu können, muss das Land das rheinland-pfälzische Schulgesetz ändern. Denn laut Paragraf 83 darf das Land nur Träger von unter anderem Aufbaugymnasien, Kollegs und Fachschulen sein. Dreijährige Berufsfachschulen zählen (noch) nicht dazu. „Das kann man aber rasch anpassen“, so Lehnhäuser. Seine Anträge liegen dem Bildungsministerium und der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Koblenz vor.

Im Sommer 2026 könnte es losgehen

Nun liegt der Ball in Mainz. „Wenn wir grünes Licht bekommen, können wir sofort darangehen, Lehrpläne zu erstellen und Werbung zu machen.“ Man merkt: Klaus Lehnhäuser kann es kaum erwarten loszulegen. Im Sommer 2026 möchte er mit der neuen Berufsfachschule starten.

Hier der Link zur Petition: https://innn.it/erhalt-und-zukunftssicherung-des-traditionellen-keramikhandwerks-2

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