Um der sich stets weiter zuspitzenden Situation der ambulanten medizinischen Versorgung in der Region entgegenzuwirken, deren Folgen die Hausärzte Dennis Ferdinand und Thomas Urbach in ihrem Hausarztzentrum WällerLand Westerburg tagtäglich erleben, verfolgen sie mit der Verbandsgemeinde Westerburg zusammen seit Ende 2021 die Idee eines Gesundheitszentrums. Das Grundstück ist gefunden, rund 7000 Quadratmeter groß und zentral in Westerburg gelegen. Gelder für den Ankauf stehen im Haushalt der Verbandsgemeinde Westerburg bereit. Zudem ist das schier Unmögliche gelungen, eine ganze Reihe von Fachärzten für das Projekt zu begeistern. Sie halten nun bereits seit drei Jahren an ihrer Interessensbekundung fest. So könnte es in dem Wäller Gesundheitszentrum einmal folgende Praxen geben: Kardiologie, Radiologie, Dermatologie, HNO, Allgemeinmediziner (Hausarzt), Gynäkologie, Orthopädie, Neurochirurgie, Gastroenterologie und Zahnmedizin. Hinzu kommen Dienstleister: Apotheke, Hebamme, Optik/Akustik, Orthopädietechnik und Zahntechnik. Außerdem soll es Büroräume für einen ambulanten Pflegedienst und für die Intensivpflege geben.
„Das alles sind bislang Interessensbekundungen. Keiner hat bislang einen Vertrag unterschrieben“, betont Ferdinand. Damit die Ärzte in Westerburg ansässig werden können, brauchen sie die Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Doch diese kann die „Sitze“ erst vergeben, wenn ein konkreter Zeitpunkt feststeht, wann die Praxis öffnet. Das ist allerdings noch nicht möglich, weil zuvor für das neue Gesundheitszentrum ein konkreter Bautermin feststehen muss.
„Die Ärzte halten seit drei Jahren zur Stange. Das ist das Wunder.“
Thomas Urbach
Darum kümmert sich ein Investor. Im Raum steht eine Investitionssumme von rund 15 Millionen Euro. Und das ist die Krux. Denn „trotz einer Bauplanung, welche unter den Marktpreisen für den Kubikmeter umbauten Raum liegt, trotz niedrig angesetzter Renditeerwartungen von Investoren und trotz möglicherweise niedriger Darlehenszinsen für unser Projekt, auf welche wir derzeit nur hoffen können, bleibt es bei kalkulierten Mietpreisen, welche weder von den Ärztinnen und Ärzten noch den medizinischen Dienstleistern mittelfristig getragen werden können. Ursächlich hierfür ist das Finanzierungsvolumen von 15 Millionen Euro aufgrund der massiv gestiegenen Baukosten“, führen Ferdinand und Urbach aus.
„Wir brauchen politische Unterstützung, um das Projekt verwirklichen zu können“, sagen Ferdinand und Urbach klipp und klar. Es müsse doch möglich sein, dass dieses für die Gesundheitsversorgung der Region einmalige Vorhaben nicht am Geld scheitert, es Fördermöglichkeiten gibt. Zumal sich die medizinische Versorgungslage in der Region dramatisch gestalte. „Wir erleben in unserer Hausarztpraxis tagtäglich die realen Konsequenzen des Wegbruchs der ambulanten medizinischen Versorgung“, verdeutlichen die beiden Mediziner. „Wir müssen jeden Tag Klimmzüge für unsere Patienten machen“, fügt Urbach hinzu.
„Wir versuchen seit drei Jahren, das Gesundheitszentrum zu realisieren und fragen uns: Wo wird ärztliche Arbeit wertgeschätzt?“
Dennis Ferdinand
Das wollen sie nicht hinnehmen und halten an ihrer Idee fest. In Folge dieser Situation haben sie sich bereits mithilfe der Bürgermeister der Verbandsgemeinden Bad Marienberg, Rennerod und Westerburg, welche sie gemeinschaftlich jederzeit unterstützen, an den Kreis Westerwald, das Land Rheinland-Pfalz, den Bund und an die Europäische Union gewandt. „Mal existiert keine Möglichkeit zur Förderung, mal fehlt jeder Wille zur Unterstützung“, bedauern sie. Zudem haben sie im September 2024 auch Ministerpräsident Alexander Schweitzer und Landtagspräsident Hendrik Hering um Unterstützung gebeten und dabei betont: „Wir sind kein von Investoren getriebenes MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum), sondern eine junge Gruppe von Fachkräften aus der Region mit dem Ziel, die Versorgung langfristig zu verbessern.“
Die Antwort war ernüchternd: „Leider können wir Ihnen seitens des Landes keine Projektförderung für den Bau oder Mietkostenzuschüsse in Aussicht stellen“, teilte Clemens Hoch für das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit im November mit. Auch sonstige Unterstützungen oder Hilfestellungen seien nicht angeboten worden.
„Wir sind dankbar für die Unterstützung der Verbandsgemeinden, aber brauchen weitere Unterstützung, sonst bleibt das Gesundheitszentrum ein Wunschtraum.“
Dennis Ferdinand zum Stand der Dinge
Den Stand der Dinge fassen Ferdinand und Urbach nüchtern zusammen: Alle sagen, das sei ein tolles Projekt, aber es passiert nichts. „Wir hätten viel mehr Unterstützung erwartet in einer Zeit, wo Kliniken bankrottgehen. Das Gesundheitszentrum WällerLand würde zur Entlastung in der Region beitragen.“ Das Projekt aufzugeben, sei also keine Option.
Im Januar gab es Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung, welche nun die konkreten Hilfestellungen zur Sitzvergabe ausarbeitet. Außerdem wurde im Austausch mit Landrat Achim Schickert die Möglichkeit einer Unterstützung diskutiert. „Wenn die Finanzierung steht, können wir morgen mit der Bauplanung loslegen“, sagt Ferdinand. Er und sein Kollege hoffen darauf, dass seitens der Politik diese einmalige Chance doch noch gesehen und unterstützt wird.